Twilight 4: Breaking Dawn 1 - Bis(s) zum Ende der Nacht
In der Psychologie gibt es das Phänomen, dass entführte Personen sich zu ihren Entführern hingezogen fühlen, das sogenannte Stockholm-Syndrom. Nun, zum Kinostart von Teil 5 der Twilight-Reihe, widme ich mich dem vierten Film und muss langsam befürchten, dass mich eine gewisse Abart davon befällt, denn erstaunlicherweise bringt mich dieser Streifen weniger zum Kotzen als die früheren. Ich weiß nicht, ob er tatsächlich besser ist oder ob ich langsam irre werde, allerdings beruhigt mich die Tatsache, dass immer noch genug übrig bleibt, um diesen Film scheußlich zu finden. Bella, Edward und Jacob zum Beispiel. „Breaking Dawn – Teil 1“ ist ein weiteres Beispiel für die inzwischen in Filmkreisen übliche Praxis, den letzten Band einer Romanreihe in mehreren Teilen zu verfilmen, weil die Autoren aus unerfindlichen Gründen glauben, tot umfallen zu müssen, wenn der nächste Roman nicht 200 Seiten mehr als der Vorgänger hat. Den Fans wird’s gefallen, schließlich dürfen sie so mehr Geld in die Kinokassen spülen und dürfen ihre pubertären Fantasien noch länger auf die Schauspieler projizieren, die in diesem Fall allerdings unheimlich glücklich darüber sind, dass der Krampf nach Teil 5 (vorerst) beendet ist.
Zur Erinnerung: Edward ist dabei gescheitert, Bella durch ein erzwungenes Eheversprechen in die Flucht zu schlagen, außerdem ist die italienische Mafia unter Dakota Fanning ein bisschen ungehalten, dass Bella immer noch lebt bzw. kein Vampir ist. Der Wolf schmollt wie üblich, weil er bei Bella keinen wegstecken kann, und Ödberts Gefühle werden gleich ganz ignoriert. Allerdings tröstet er sich ja inzwischen mit Jessica, die sogar eine Mimik hat. Die Black-Eyed-Peas-Coverband, die in den letzten drei Filmen als Hauptgegner fungieren durfte, ist endgültig ausgelöscht, nachdem im letzten Film Victoria mitsamt ihrer Vampirarmee umgelegt wurde. So, jetzt sind wir alle auf dem gleichen Stand, wir können mit dem Film beginnen.
Kein Twilight-Film darf beginnen, ohne dass Bella irgendeinen Spruch aus dem Poesiealbum eines Emos aufsagt. Irgendwas sagt sie über die Kindheit, aber ich gebe zu, dass mich der wahnsinnig faszinierende Regen auf dem Dach von Jacobs Hütte total abgelenkt hat.
Der Teilzeithund stürmt wütend (und mit T-Shirt, ich bin positiv überrascht) aus seinem Haus, denn er hat gerade die Einladung zur Vermählung von Isabella Marie Swan und Edward Anthony Masen Cullen bekommen und ist davon eher minderbegeistert. Also reißt er sich das T-Shirt vom Leib (*hrmpf*) und rennt als Wolf wütend in den Wald, während sein Papa im Rollstuhl ohnmächtig zusehen muss. Liebe Twilight-Fanmädels: Ich weiß genau, ihr geifert wie blöd Taylor Lautners Oberkörper an. Ist ja okay. Aber denkt dann bitte auch daran, wenn ihr das nächste Mal einen Mann dafür verurteilt, dass er sich gerne Titten anguckt.
Auch Bellas Eltern haben die freudige Botschaft bekommen. Charlie guckt ein wenig verkniffen, keine Ahnung wieso, schließlich dürfte er mitgekriegt haben, wie diese Einladungskärtchen entworfen wurden. Bella wohnt immerhin noch bei ihm. Bellas Mutti ist hingegen total begeistert.
Am Cullen-Anwesen wird derzeit die Zeremonie vorbereitet. Die Jungs schleppen Bänke und Baumstämme hin und her, während Bella unter der Anleitung von Alice versucht, auf unheimlich hohen Absätzen zu laufen. (Jeder, der „Iron Sky“ gesehen hat, weiß, wie gefährlich diese Dinger sind.) Sie scheitert dabei, aber Alice ist fest entschlossen, die Hochzeit nach ihrem Geschmack durchzuziehen, und wenn Bella sich dabei die Stelzen bricht, verdammt. Ich glaube, ich habe während der „New Moon“-Lästerei mal am Rande erwähnt, dass ich Alice mag. Ich mag sie immer noch. Alice schickt Bella dann nach Hause für einen langen Schönheitsschlaf. Ein bisschen hinterfotzig ist sie ja, das muss man ihr lassen.
Anstatt zu schlafen, packt Bella allerdings Sachen in ihrem Zimmer zusammen. Gerade als sie Jacobs Traumfänger nachdenklich befingert, kommt Edward durchs Fenster. Er hat offenbar noch Hoffnung, aus der Sache herauszukommen, und fragt Bella, ob sie vielleicht kalte Füße bekommen hat. Dummerweise sind sie mollig warm, aber Bella ist natürlich ein wenig misstrauisch, dass ihr Bräutigam diese Sachen am Abend vor der Hochzeit fragt. Aber nein, Edward hat doch keine Zweifel, ach was! Er hat schließlich ein Jahrhundert auf Bella gewartet! In der Zeit hätte er in der DDR sicher sechs Trabis bekommen, will ich nur mal so sagen. Auch eine lange Wartezeit sagt nichts darüber aus, ob man am Ende nicht doch enttäuscht ist.
Edwards Problem liegt darin, dass er Bella bisher eine Episode aus seiner Vergangenheit verschwiegen hat. Irgendwann rebellierte er nämlich gegen seinen Adoptivpapa Carlisle und fing an, Menschen zu jagen. Oh Gott, dieses Monster! Aber er jagte dann sowieso bloß Mörder, um die es nicht schade war. Oh Gott, was für ein Monster. Jedenfalls hat Edward deswegen immer noch Schuldgefühle und macht sich Gedanken darüber, ob Bella tatsächlich gut überlegt hat, was aus ihr werden könnte, sobald sie ein Vampir ist. Aber sie ist achtzehn Jahre alt, da hat sie natürlich schon den absoluten Durchblick und kann zweifelsfrei sagen, dass sie es schon schaffen wird, sich im Zaum zu halten. Alles wird gut, ihnen fliegen Schmetterlinge aus dem Po und sie werden sich immer ähnlicher, wenn ich Bella richtig verstehe: „Wenn ich in den Spiegel gucken werde, werde ich jemanden sehen wie dich.“ Bäh. Das Gesülze kann Edward kaum mehr ertragen, also knutscht er mit Bella, bis ihn seine Brüder zum Junggesellenabschied abholen.
Im Traum schreitet Bella auf Rosenblättern zur Trauung, vorbei an allen Verwandten und Freunden, die ebenfalls in weißem Zwirn gewandet sind, zu Edward. Alle lächeln sie an, auch Edward scheint begeistert zu sein. Doch dann stehen vor dem Paar drei der Volturi, und als sich Bella wieder umdreht, sind alle ihre Liebsten tot und blutig aufgeschichtet. Ganz schrecklich. Allerdings möchte ich mal zu bedenken geben: Wenn sich Rosen diesen Film angucken würden, hätten sie das Gefühl schon bei der Einstellung, als Bella noch grinseglücklich über die separierten Teile ihrer Artgenossen latscht.