Twilight - Bis(s) zum Morgengrauen
Alle paar Jahre kommen Filme in die Kinos, die gemessen an den Reaktionen in der Damenwelt nur einen Zweck haben: Mädchen und Frauen nahezu jeden Alters ein feuchtes Höschen zu bescheren. So war es mit Titanic („Oh Jack! *schmacht*“), so war es mit Fluch der Karibik („Oh Jack! *schmacht*“), und so ist es auch mit Twilight („Oh Edward! *schmacht*“). Fluch der Karibik machte plötzlich Piraten wieder sexy, Twilight machte Vampire sexy, und Titanic… ich weiß nicht, vermutlich kalte Füße oder so. Bei Twilight kommt noch verschärfend hinzu, dass es sich um eine Literaturverfilmung handelt – Stephenie Meyers Buchreihe soll wohl eigentlich das Ziel haben, jungen Mädchen Keuschheit zu vermitteln und nebenbei die Autorin stinkreich zu machen. Angesichts der unzüchtigen Liebesbekundungen der Zielgruppe (eine Freundin erzählte mir, dass in ihrer Buchhandlung ein paar junge Mädels ein Twilight-Poster abgeknutscht haben) schätze ich, dass das Primärziel verfehlt worden ist.
Aber nichtsdestotrotz: Twilight ist ein riesiger kommerzieller Erfolg, sowohl gedruckt als auch verfilmt. Grund genug, mir den ersten Film mal genauer vorzunehmen. „Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen“ heißt das Werk, und ja, mich überkam tatsächlich beim ersten Gucken ein Grauen, das bis zum Morgen anhielt. Inzwischen erhielt ich allerdings einen freundlichen Drohbrief der Militanten Twilight-Guerilla (Regionalgruppe Vögelsen-Süd), der mich davon informierte, dass Twilight der absolute Höhepunkt filmischen Schaffens in der gesamten Kulturgeschichte der Menschheit ist und ich dies doch gebührend würdigen solle, wenn ich Wert darauf legte, den morgigen Tag zu erleben. Ich werde nun also darlegen, warum dieser absolut brillante Film von nun an bei jeder künftigen Oscarverleihung mindestens drei, besser noch vier Auszeichnungen bekommen sollte.
Der Film beginnt in einem Wald. Ein Bambi labt sich am Wasser eines kleinen Tümpels, und die Stimme der weiblichen Hauptfigur des Films informiert darüber, dass sie noch nie darüber nachgedacht hätte, wie sie sterben würde, aber es doch irgendwie voll knorke wäre, für jemand anderen sein Leben zu geben. Plötzlich knackt es im Unterholz, und der Paarhufer flieht erschreckt durch den Wald, um von jemandem angefallen zu werden. Schnitt.
Oh wie schön, die liebe Sonne. Sie sieht blau aus, weil der Kameramann vergessen hat, den Blaufilter vom Objektiv zu nehmen. Das kriegt er auch für den Rest des Films nicht gebacken, aber ausgewogene Farbbalance wird ja sowieso voll überschätzt. Die junge Bella (die weibliche Hauptfigur) informiert uns wieder in einem Off-Text, dass ihre Mutti und ihr neuer Ehemann eine Weile wegfahren und Bella deswegen die beschauliche Wüste Arizonas verlassen müsse, um bei ihrem Polizei-Papi im verregneten Bundesstaat Washington zu leben. Normalerweise würde ich ja sagen, dass zu viele Off-Kommentare, die die Handlung erzählen, ein Indiz für stinkfaule Drehbuchautoren sind, aber in diesem Fall schiebe ich es mal auf filmische Genialität und bezeichne es als eine Rebellion gegen die Normen des Drehbuchschreibens, weil ich an meinen Testikeln hänge, die mir die Twilight-Guerilla mit einem rostigen Messer entfernen will, wenn ich zu garstig zu dem Film bin.
Geklammert an einen winzigen Kaktus erreicht Bella schließlich ihr neues Zuhause, und ich muss die schauspielerische Leistung des gestachelten Freunds wirklich loben. Kristen Stewart merkt, dass sie Gefahr läuft, vom Kaktus an die Wand gespielt zu werden, und versucht daher gar nicht erst, dagegen anzukämpfen. Daher beschränkt sie sich auf eine ausdruckslose Mimik. Ist ja vielleicht gesund für die Gesichtsmuskeln, wenn man sie entspannt, und zudem kommt dabei eine Art Solidarität mit dem Zuschauer auf, der merkt, dass die Schauspielerin eigentlich auch keinen Bock auf den Film hatte… der natürlich trotzdem absolut fantastisch und genial und die Wucht in Tüten ist. *hüstel* Bella versucht sich an die neue Umgebung zu gewöhnen, während ihr Vater ein bisschen dumm herumstammelt, weil er eigentlich keine Ahnung davon hat, wie seine Leibesfrucht nach all der Zeit der Trennung tickt.
Die Szene ist aber zum Glück nur dreimal so lang und unangenehm wie sie sein sollte, und Bella darf die Nachbarn begrüßen: einen Indianer im Rollstuhl und seinen Sohn Jacob, der vermutlich die nächsten Wochen davon träumen wird, seinen kleinen Büffel in ihr Tipi stecken zu dürfen. Spoiler: Er darf nicht. Bella kriegt aber dafür was anderes, nämlich einen etwas versifften Pickup-Truck, der vermutlich selbst für die Abwrackprämie zu abgefuckt wäre. Genau das, was sich ein junges Mädchen wünscht, bevor sie bei MTV anruft und darum bittet, dass doch bitte ein Neger das Auto abholen soll, um es entweder aufzumotzen oder wenigstens nicht damit wiederzukommen.
Vor der Schule macht Bella mit ihrem Redneckhobel natürlich großen Eindruck, und schon tritt sie sich einen Quotenasiaten ein, der sie von der Seite anquatscht und sie gerne auf das Titelblatt der Schülerzeitung bringen möchte. Sie lässt ihn natürlich abblitzen, vermutlich weil sie sich an Pearl Harbor erinnert. Beim Volleyball wird sie dann von den nächsten Leuten angequasselt, wieder von einem Typen, dem ins Gesicht geschrieben steht, wie heiß er die Kleine findet, und von einem Mädchen namens Jessica. Sie bemerkt, dass Bella ganz schön blass für jemanden ist, der aus dem Wüstenstaat Arizona kommt, und Bella erwidert: „Vielleicht haben sie mich deswegen rausgeschmissen“, und ich finde diesen Witz so grandios, dass ich ihn hier unbedingt aufschreiben muss, weil mir gerade nichts anderes einfällt, um die Genialität des Films hervorzuheben. Ich arbeite so hart ich kann, okay? *schnief* Bitte tut mir nichts.
In der Kantine wird Bella von ihren Mitschülern umschwärmt, obwohl ihr es sichtlich unangenehm ist, mit Menschen zusammen zu sein, die ungekünstelt lächeln können. Doch da fällt ihr Blick auf eine Gruppe von Jugendlichen, die in Zeitlupe den Speisesaal betreten. Bellas neue Freunde erzählen ihr, dass dies die Cullens sind, eine Horde von Pflegekindern, die nur unter sich bleiben und aussehen wie aus einem C&A-Katalog entsprungen.
Als Nachzügler kommt Edward Cullen herein und wird als wahnsinnig gut aussehend beschrieben – eine Information, für die ich sehr dankbar bin, denn für mich sieht Edward nach einer geschminkten Heroinleiche aus. Anscheinend sind alle Weiber in ihn verschossen, aber keine ist gut genug für ihn. Das hindert Bella aber nicht, ihn ungeniert anzuglotzen. Uh, Bella interessiert sich plötzlich für eine andere Person. Das gibt bestimmt eine Zerrung, sie scheint das ja nicht gewöhnt zu sein. Während sie ihn anguckt und dabei ihre Lippen bewegt, als würde sie sich Schweinereien mit ihm ausmalen, glotzt er psychopathisch zurück.
Sie hat aber offenbar einen großen Eindruck auf ihn gemacht, denn als sie in den Biologieunterricht geht und sich auf den einzigen freien Platz setzt (neben Edward), sieht er so aus, als müsste er sich gleich übergeben. Schließlich rennt er pünktlich zum Pausenklingeln aus dem Klassenzimmer, und Bella ist tief verletzt. Ist nur meine Vermutung, ihr Gesicht sieht so aus wie immer. Sie trifft ihn dann wieder, als er seinen Naturwissenschaftskurs wechseln möchte, aber weil nirgendwo mehr Platz ist, muss er Bella weiter in Bio ertragen. Ich würde ihn einen Schlappschwanz nennen, aber ich darf nicht.
In der nächsten Szene isst sie einen Gemüseburger. Mehr passiert nicht. Dann telefoniert sie mit ihrer Mutter. Da passiert auch nichts. Das ist auch wunderbar an dem Film. Er lässt einem viel Zeit, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Großes Lob an die Macher! (Ich fühle mich so schmutzig.) Bella hat sich jetzt aber entschlossen, Edward zur Rede zu stellen. Allerdings kommt er nicht mehr zur Schule, also passiert irgendwie in der Hinsicht auch nichts, aber es konnte ja nicht angehen, den Film irgendwie kürzer als zwei Stunden werden zu lassen.