Mein Beitrag zum Safer Internet Day
Anlässlich des heutigen Safer Internet Days, der sicher auch von den Klopfers-Web-Fans bei Jugendschutz.net besonders gefeiert wird, möchte ich einen kleinen Beitrag in Form der Betrachtung eines bestimmten Wortes leisten. Das Wort, von dem ich rede, ist natürlich Fotze. Die ausgiebigste Definition dieses Wortes findet man nicht etwa in vulgären Magazinen oder biologischen Abhandlungen aus jungtürkischer Feder, nein, die lieben Brüder Grimm räumen Fotze viel Raum in ihrem Deutschen Wörterbuch ein. "ein unhübsches, gemiedenes Wort, bei dem die Sprachforschung doch manches zu erwägen hat", so schamhaft beginnen die Brüder mit ihrem Eintrag, um doch eine Rechtfertigung für die ausgiebige Diskussion der Fotze parat zu haben.
Im weiteren Verlauf schreiben sie über vulgäre Bezeichnungen männlicher und weiblicher Geschlechtsteile: "den derben wörtern weicht die anständige rede aus, vom volk aber werden sie, wo es sein musz, nicht gescheut, von freien, ausgelassenen dichtern wissentlich gesucht". Und in diesem Zusammenhang muss man auch die Werke sehen, die die Grimms zu Rate ziehen, um das Auftreten des Fotzen-Vorgängers, der Fud (auch Fut, Fot oder Fod) zu belegen, hier ein Vater, der seine Tochter als Braut anpreist:
Geut, gee herfur und lasz dich schauen
du vergest dich im wol zu einer frauen
und kündst nit ebner sein sein fug.
fud, ars und tutten hastu ie gnug,
ich hab dich ie mit fleisz gezogen;
Ich verstehe zwar nicht jede Feinheit, aber der vorletzte Vers erschließt sich mir vollends. Auch den Ausruf "potz fut, ich ward gar zeitlich wund" finden die Grimms im literarischen Erbe des Volkes der Dichter und Denker, und bis heute hat diese Klage von seiner schmerzlichen Deutlichkeit nichts verloren. Insofern ist es auch wieder richtig niedlich, dass die Grimms der Fotze eine gewisse Unschuld attestieren: "fud, fotz sind unter dem volk ein unschuldiges, leichtes schimpfwort, ohne allen gedanken an das geschlechtliche, gerade wie wir hundsfott für einen schlechten kerl, hundsföttisch für schlecht und übel gebrauchend ihres ursprünglichen sinnes ganz uneingedenk sind." Potz Fut, wer hätte das gedacht?
Die beiden Sprachwissenschaftler sind gründlich genug, auch auf die verwirrende Situation im süddeutschen Raum aufmerksam zu machen, dass Fotze sowohl Haar als auch Maul bedeuten kann. Vielleicht hätte ich mir unter einem gefotzten Mantel ein warmes, feuchtes Kleidungsstück vorgestellt, jedoch ist damit nur ein zottiger Mantel gemeint. Interessanterweise ist Kotze auch ein altes Wort für Umhang, weswegen eine gefotzte Kotze nicht nur ein Zungenbrecher ist, sondern eigentlich auch ein gänzlich unverfängliches Kleidungsstück bezeichnen dürfte, und zwar trotz der für zarte Ohren deftigen Wortwahl. (Die Grimms gingen auf dieses Phänomen übrigens an dieser Stelle nicht ein.) Auch die Schneeflocke wird in diversen Gegenden offenbar als Schneefotza bezeichnet. Ich bin irgendwie froh, dass das kleine Eisbärmädchen Flocke nicht in diesen Regionen geboren wurde. Vermutlich mit leichtem Augenzwinkern weisen die Grimms auch darauf hin, dass Liselotte von der Pfalz die Marquise von Maintenon als "alte Zott", also als alte Fotze bezeichnet hat. Die Frau gefällt mir immer besser.
Ich möchte hier nicht weiter auf die Untersuchung der Fotze eingehen, aber dennoch muss ich auch auf die folgenden Einträge im Deutschen Wörterbuch verweisen. So erfahren wir daraus, dass Fotzenhut als "unschuldiger Spitzname" verwendet wurde, und auch heutzutage (zu Unrecht?) vollkommen ungebräuchliche Wörter werden zitiert: "das volk zu Paris ist närrisch, so fotzenthürlich, so futzspitzig, so wunderfutzig, so fürwitzig von natur." Wer könnte heute von sich noch behaupten, so fotzenthürlich und wunderfutzig zu sein? Deutsche Sprache, du bist so schön, ich hoffe, du wirst nie aussterben.