Earthstorm - Wenn der Mond auf die Erde stürzt
Wenn etwas erfolgreich ist, gibt es immer einen ganzen Rattenschwanz an Nachahmern, die auch ein Stück vom Kuchen abhaben wollen. Nach jedem iPod gibt es Dutzende Klone aus China, nach jedem Eurovision Song Contest gibt es beim nächsten Mal Kopien des Vorjahressiegers, und nach dem Dschungelcamp gab es die Alm. Auch bei Hollywoodfilmen gibt es dieses Phänomen – und das nicht nur, was Pornoversionen angeht. Ein Musterbeispiel ist der Film „Earthstorm“ (in Deutschland auch bekannt unter dem schnittigen Titel „Wenn der Mond auf die Erde stürzt“), welcher eindeutig mit der Zielvorgabe „Wie Armageddon, nur für Zweifuffzig und ein Brötchen“ gedreht wurde. Vermutlich noch mit dem Nachsatz: „Sieh mal zu, dass du in der Schlange vorm Arbeitsamt auch noch ein paar halbwegs bekannte Gesichter aufgabelst.“
Unser stiller Erdtrabant zieht friedlich seine Runden um unseren Planeten, als plötzlich ein dicker Brocken aus mittelprächtiger Computergrafik auf ihm einschlägt. Ein Anschlag intergalaktischer Islamisten? Eher unwahrscheinlich. Der Aufprall sorgt aber dafür, dass jede Menge Dreck und Klump um den Mond herum und auf die Erde zu fliegt. In Fachkreisen ist das offenbar ein „Phänomen“, wie die Reporterin eines kleinen Fernsehsenders hilfreich erläutert, als sie erzählt, dass die Astronomen auf der ganzen Welt jetzt herauszufinden versuchen, warum das da so komisch um den Mond herum aussieht, weil natürlich keiner von den Nasen hingeguckt hat, als der terroristische Asteroid seinen tückischen Angriff durchführte.
Die Reporterin interviewt auch die Astrophysikerin Lana Gale, die nicht nur zu berichten weiß, dass niemand damit rechnen konnte, dass im Weltall auch mal irgendwas aufeinanderprallt (sicher, dass die Schnalle das studiert hat?). Sie ruft auch vorerst zur Ruhe auf, weil man ja noch nicht weiß, was da eigentlich noch passieren wird und man für Panik nachher immer noch Zeit hat. Am wichtigsten ist aber ein Zitat ihres Papas: „Das Universum hält noch viele Überraschungen für uns bereit.“ Wow, was für ein Philosoph. Das hat vor ihm bestimmt noch niemand gesagt.
Als die tolle Wissenschaftlerin aber wieder im Büro ist und ihren schwer verschossenen Kollegen losgeworden ist, weil der zur Feier für dieses Emmy-verdächtige Interview erst einmal ein Festmahl besorgen will, macht sie sich aber doch ganz schöne Sorgen. Ihr verstorbener Papa hat nämlich mal genau über das geschrieben, was da oben gerade passiert, und ein kurzes Blättern in seinem Aufsatz sorgt bei ihr für eine gerunzelte Stirn. Sollte sie nicht tun. Gibt Falten.
Jetzt ist aber endlich mal Zeit für einen echten Kerl. Einen, der was zerstört. Einer wie John Redding zum Beispiel. Er sprengt Häuser, soll aber sonst ganz cool sein. Als echter Mann scheint er aber auch ein echtes Spielkind zu sein, wenn ich mir seine Sprengausrüstung angucke. Ohne Computer läuft da nichts, und die Software scheint von den gleichen Leuten zu stammen, die für „Das Netz“ die tolle 3D-Benutzeroberfläche für den Feueralarm programmiert haben.
Nur doof, wenn eine Sprengladung vorzeitig hochgeht und die Sprengung abgebrochen werden müsste. Wo ein normaler Sprengmeister dann einfach die Kabel vom Auslöser abziehen würde, muss das Team von John erst einmal den inneren Neo beschwören und wie wild auf der Tastatur herumhacken, weil anscheinend jede Sprengladung ihren eigenen eingebauten Countdown hat. Aber wir wissen ja, wie das so läuft mit Computern: Nichts funktioniert, und am Ende muss der echte Kerl das in die Hand nehmen. Heißt: John schnappt sich eine Ersatzsprengladung und rennt heldenhaft in das Haus.
Die Software ist auch noch total verlogen und behauptet zwischendurch, dass der Countdown gestoppt wäre, obwohl er es nicht ist. Typisch Betaversion. (Was bringt das eigentlich für die Dramatik der Szene? Absolut nichts.) Der vorzeitige Sprengerguss vorhin war übrigens das Werk von einem Penner, der in dem Haus lebt und es gar nicht toll findet, dass da irgendwer an die Pfeiler diese roten Stangen geklebt hat. Da er bei der Auslösung der Sprengung unter einem Trümmerstück festgeklemmt worden war, braucht er aber doch die Hilfe von John. Nach seiner Befreiung will er ihn aber trotzdem verhauen, weil es ja sein Haus ist und so. John wäre aber kein Held, wenn er ihn nicht binnen weniger Sekunden davon überzeugen könnte, dass er sich lieber verpissen sollte.
Aber es scheint zu spät zu sein. Entsetzt muss Johns Team ansehen, wie der Countdown zu Ende geht und das Haus mit einem großen Bums und viel schlechter Computeranimation in sich zusammensackt. Tja, das war es dann wohl mit dem Helden.
Von all dem weiß man beim American Space Institute in Texas nichts. Vergesst die NASA, das ist vermutlich bloß eine Tarnorganisation, die richtigen Weltraumexperten sitzen hier. Und da ist man ganz schön verdutzt über die Brocken, die vom Mond kommen und auf der Erde einschlagen, anstatt zu verglühen. Zum Glück hat man ja die Handynummer der tollen Wissenschaftlerin, die hilfreich erklärt, dass die Meteoriten offenbar viel dichter sind als gedacht. Tja, scheiß Budgetkürzungen, sonst könnte man sich beim ASI auch eigene Physiker leisten. Die Umlaufbahn des Mondes ändert sich auch, aber Garth (Lanas Gesprächspartner beim ASI) meint, das könnte sich noch korrigieren. Ja genau. Umlaufbahnen sind schließlich wie Rillen im All, und irgendwann fällt der Mond bestimmt wieder in seine richtige Rille rein. Konnten die sich nicht wenigstens jemanden leisten, der nicht im Physikunterricht in der Schule gepennt hat? Vielleicht treibt ihn auch nur die Hoffnung an, denn der Erde droht mindestens eine Klimakatastrophe, wenn nicht alles besser wird. Garth lädt Lana dann auch in das Institut ein, denn er selbst ist ja zu blöd, um die Situation zu erklären.
Roter Knopf: Start. Weißer Knopf: Landung.
Woanders hat man Grund zu feiern: John lebt! Ich hatte nämlich glatt das Filmgesetz vergessen, wonach eine Gebäudesprengung absolut ungefährlich ist, sobald man auch nur einen Meter aus dem Gebäude draußen ist. Und er ist schon wieder bereit für den nächsten Auftrag, dieser Teufelskerl! Seine Kollegin Bryna ist aber weniger begeistert und meint, dass er lieber mal Urlaub machen sollte. Er vergräbt sich schließlich bloß in seiner Arbeit, weil er den Tod seiner Frau vor drei Jahren noch nicht verkraftet hat. (Vielleicht hat er aber auch einfach nur festgestellt, dass Gebäude sprengen noch besser ist als ficken? Schon mal daran gedacht, Frau Oberschlau?)
Das ASI hat inzwischen einen Satelliten zum Mond geschickt und – mangels Physiker, der ihnen was von Lichtgeschwindigkeit, Abstand zum Mond und der daraus resultierenden Zeitverzögerung erzählen könnte – versucht vergeblich, ihn durch ein Trümmerfeld zu manövrieren, um endlich mal Bilder vom Mond zu kriegen. Der Satellit crasht, es sind wieder hundert Millionen Dollar Steuergelder im Anus und man muss auf den zweiten Satelliten hoffen, den sie (vermutlich dank einer „Buy 1 Get 1 Free“-Aktion) ebenfalls da oben haben. Angesichts ihrer eher lockeren Einstellung zum Thema Naturgesetze ist meine Zuversicht allerdings nicht sehr hoch.
Lana packt natürlich sofort die Sachen und legt noch den wissenschaftlichen Aufsatz ihres Vaters hinzu, der die ganze Chose schon vorhergesehen hatte und auf Betreiben von einem hohen Tier beim ASI von der ganzen Wissenschaftlergemeinde gedisst wurde, wie ihr Kollege hilfreich für alle ausführt, die die Hintergrundgeschichte nicht kennen (also im Wesentlichen für die Zuschauer). Lana ist das aber egal, denn schließlich geht es ja um das Überleben der Menschheit.
Wie zur Warnung kommt ein Bruchstück des Mondes in Baltimore runter und macht ein bisschen was kaputt. Ein echter Meteorit in der Größe würde einen riesigen Krater hinterlassen, aber hier sind es nur ein paar beschädigte Gebäude und ein Loch in der Straße. Moment, beschädigte Gebäude? Klingt ganz nach einem Job für unseren Sprengspezi John! Und der packt dann auch schon mal seinen Kram zusammen und macht sich auf den Weg.