X-Team - Forscher ohne Gnade
Erfolgreiche TV-Konzepte haben einen schweren Nachteil: Sie ziehen einen Rattenschwanz an schlechten Imitaten nach sich. In den letzten Jahren konnten kleinere Sender mit Serien wie "Mythbusters" und "Brainiac - Science Abuse" ihr Publikum vergrößern, welche dann auf größeren Sendern in "Galileo" und "Clever" leicht modifiziert nachgeahmt wurden.
Eine der dreisteren Kopien startete der Mythbusters-Sender RTL2 dann selbst: X-Team, so eine Art Sendung mit der Maus für zurückgebliebene Teenager.
Am Anfang der Sendung werden alle Mitglieder des X-Teams lang und breit vorgestellt. Derselbe Clip wird auch nach jeder Werbepause neu eingespielt, falls der Zuschauer inzwischen vergessen haben sollte, was er sich da eigentlich anguckt. Das Ganze erinnert an die Einleitung der Mythbusters, mit dem Unterschied, dass beim Original weniger Blödsinn geredet wird.
"Vince", der "Professor" mit dem Diplom in Physik, ist der Intellektuelle im Team. Das macht ihn allerdings nicht sympathischer als den Rest, wie man später sehen wird. Damit auch jeder sofort erkennt, dass unter der Langhaarglatze ein Intellenzbolzen über die Erde wandelt, rennt Vince mit einem Laborkittel rum.
Das "Powergirl Katjuschka" soll nicht etwa die russische Spionin aus der Kälte sein, sondern die einzige Frau im Team, die natürlich hart im Nehmen ist und vor nichts Angst hat. Außerdem sieht sie nicht scheiße aus. Das sind eigentlich auch ihre einzigen Qualifikationen für diese Sendung.
Thomas, der gelernte Pyrotechniker, wurde augenscheinlich ins Team geholt, damit man wie in den großen Vorbildern auch ein paar Explosionen bieten kann. In seinem Einspieler wirkt er jedoch eher so, als wenn er sich privat gerne mal Knallkörper in die Hose steckt.
Dieser Fleischbrocken ist ehemaliger Footballspieler und hat seinen echten Namen offenbar vergessen. "Dschambo" soll der beste Freund von Tom sein (das ist ja auch unheimlich kreativ, klein und dünn neben groß und breit zu stellen...) und wird schon im Vorgeplänkel eindeutig nicht als Kopfarbeiter charakterisiert. Er ist der Typ fürs Grobe.
Moment mal, kennen wir den nicht? Jepp, das ist Jo Zawadzki aus der ProSieben-Trashserie "Deine letzte Chance". Einst Anwalt (laut ProSieben-Bio), dann Beziehungsberater, jetzt anscheinend Sozialarbeiter für ein paar Entsprungene aus der geschlossenen Abteilung. Immerhin, manche würden das als Karrieresprung bezeichnen. Mal sehen, wie einfühlsam er ist.
Damit haben wir das X-Team zusammen. Streber, Quotenmöse, kurze Knalltüte, dicker Doof und ein ehemaliger Betroffenheitsschwätzer. Die Fragen, denen sich dieses Team stellen soll, sind angeblich von Zuschauern, obwohl dies hier die erste Folge ist und es noch gar keine Zuschauer gibt.
Die erste Frage, der das X-Team auf den Grund gehen soll, ist: "Kann man mit Silvesterraketen einen Menschen fliegen lassen?" Das ist die Gelegenheit für Klugscheißer Vince, mal sein geballtes Wissen auszupacken. "Wisst ihr denn, wie Raketen funktionieren?" Der Rest des Teams hat die undankbare Aufgabe, total bescheuert zu spielen, damit der "Professor" einen auf Erklärbär machen kann. Zum Glück werden wir von dem dummspielenden X-Team nicht mit Aussagen wie "Raketen werden von Engeln getragen, und damit den Astronauten nicht kalt ist, wird unten Feuer angemacht" gequält.
Anstatt dass Vince jetzt aber das Rückstoßproßprinzip erklärt, packt er ein Plastikröhrchen aus, füllt es mit Wasser und schmeißt eine Vitamintablette rein. Erwartungsgemäß geht das Ding in die Luft, und alle flippen dabei total aus. Vince übrigens am meisten.
Auch Jumbo kriegt nen Herzkasper - bis man die Szene von oben sieht.
Aus dieser Perspektive bewegt er weder die Hände, noch schaut er nach oben. Natürlich, schließlich haben sie sich den Megagag ausgedacht, dass das Ding ihm auf den Kopf fällt. Aber Regel Nummer 1 bei Quasi-Dokumentationen: Wenn's keine Überraschung mehr ist, dann verlangt auch nicht, dass die Leute so spielen, als wenn's eine wäre. Spart euch einfach den zweiten Take.
Nachdem jetzt alle auf den geistigen Stand von Sechsjährigen gebracht wurden, können der Professor und der Pyroman ja endlich an die Arbeit gehen. Zunächst wollen sie eine Barbie mit einer Silvesterrakete in die Luft sprengen. Um das noch irgendwie rechtfertigen zu können, wird die Plastikschlampe vorher noch gewogen. Vor dem Abschuss wird noch jede Menge Blödsinn gelabert, so erwähnt Tom zum Beispiel den "Eintrittswinkel in die Atmosphäre", damit der gesichtslose Kommentator noch erzählen kann, was die Atmosphäre eigentlich ist. Barbie selbst interessiert die Atmosphäre weniger, ihr Problem ist eher der Sprengstoff, der sie erwartungsgemäß nach einer Flugsekunde zerreißt.
Das scheint die Beiden indes doch überrascht zu haben, denn die infantile Freude über das grausame Dahinscheiden von Kens Ex ist dann doch etwas unverhältnismäßig. Damit dieser würdelose Anblick nicht zu lang ertragen werden muss, schaltet man vorerst zum nächsten Thema.