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Die koreanische Teilung

Die Koreaner in Japan

Während der japanischen Besatzungszeit kamen viele Koreaner nach Japan, viele freiwillig auf der Suche nach Arbeit, andere wurden zur Arbeit in Japan gezwungen. Sie hatten durch die Kolonialzeit auch die japanische Staatsbürgerschaft erhalten. Im Jahr 1946 lebten noch etwa 650.000 Koreaner in Japan und scheuten aufgrund der politischen Situation die Rückkehr nach Korea. 1947 wurde den Koreanern die japanische Staatsbürgerschaft entzogen. Stattdessen wurden sie als Bürger von Korea/Joseon (Chōsen) registriert, obwohl das Land nicht mehr existiert. Faktisch waren diese Menschen mit dem offiziellen Status „Chōsen-seki“ also staatenlos, behielten aber das Recht, weiterhin in Japan zu leben. Der japanische Begriff Zainichi bezeichnet eigentlich generell Ausländer, die in Japan leben, werden aber im engeren Sinn auf die Zainichi Korean angewendet, also die Koreaner (bzw. deren Nachkommen), die ihre Anwesenheit der japanischen Kolonialzeit verdanken. (Koreaner, die später oder viel früher eingewandert sind, zählt man im Sprachgebrauch nicht zu den Zainichi.)

Park Chung-hees Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Japan im Jahr 1965 ermöglichte es den Zainichi, sich offiziell als Staatsbürger von Südkorea zu registrieren. Da Japan Nordkorea nicht anerkennt, ist es nicht möglich, sich als Nordkoreaner zu registrieren. Aktuell haben noch etwa 28.000 Menschen in Japan den Status Chōsen-seki. Da dieser Status mittlerweile mit Nordkorea assoziiert wird (warum sollte man den sonst behalten und sich nicht als Südkoreaner registrieren), erfahren diese Menschen noch mehr Diskriminierung in der japanischen Gesellschaft als Südkoreaner.

Die Teilung Koreas spaltete nicht nur in Staatsbürgerschaftsfragen die Koreaner in Japan. Es bildeten sich zwei Organisationen. Die Organisation, die Südkorea nahesteht, heißt Mindan, die für Nordkorea Ch‘ongryŏn. Beide Organisationen bieten Beratung und Hilfe für ihre Mitglieder an, betrieben (bzw. betreiben im Fall von Ch‘ongryŏn bis heute) internationale Schulen und andere Bildungseinrichtungen und setzen sich mit assoziierten Vereinen für die Belange ihrer Mitglieder ein. Allerdings unterscheiden sich die Vorstellungen der Organisationen, was die Rolle der Koreaner in der japanischen Gesellschaft angeht. Mindan befürwortet eine Teilhabe, bei der die Koreaner etwa in regionalen Wahlen abstimmen und auch politische Ämter übernehmen können. Ch‘ongryŏn wiederum sieht das als eine Verwässerung koreanischer Identität und als ein Anbiedern an die japanischen Unterdrücker von einst. Während beide Organisationen Vorbehalte gegen eine Einbürgerung in Japan haben (was mit einer Aufgabe anderer Staatsbürgerschaften einhergeht), so ist die Ablehnung in der Ch‘ongryŏn weitaus stärker; auch Ehen mit Japanern werden dort strikt abgelehnt.

Nach dem Koreakrieg war Japan sehr daran interessiert, möglichst viele der Koreaner im Land zu repatriieren, da man ihnen nicht traute und sie für schlecht integrierbar hielt. Südkorea weigerte sich allerdings, in großem Stil diese Leute aufzunehmen, weil man befürchtete, sich damit jede Menge Kommunisten ins Land zu holen. Nordkorea finanzierte ab 1959 ein Programm für Heimkehrer, für das die Ch‘ongryŏn in Japan warb – mit Unterstützung der japanischen Regierung.

Nordkorea war zur damaligen Zeit für viele Zainichi sehr attraktiv, da es wirtschaftlich erfolgreich war (mehr als der Süden) und nach außen einen antikapitalistischen Humanismus vertrat, in dem der gewöhnliche Arbeiter wertgeschätzt wird. Dieser Aspekt wurde auch durch japanische Kommunisten hervorgehoben. Zusätzlich war Nordkorea mit der traditionellen Schutzmacht China verbündet und nicht mit den Amerikanern, die das Land so furchtbar bombardiert hatten. Über 90.000 Zainichi Koreans siedelten bis 1984 nach Nordkorea über, obwohl die Mehrzahl der Koreaner in Japan ursprünglich aus dem Süden stammte. Etwa 6.000 Japaner begleiteten die Heimkehrer als Ehepartner. Für sie wurde es zumeist eine Reise ohne Wiederkehr. Leuten, denen die Flucht gelang, berichteten später, dass viele der Zurückgekehrten schnell enttäuscht wurden vom real existierenden Sozialismus koreanischer Prägung und wieder zurück nach Japan wollten. Stattdessen wurden sie in Lager gesperrt oder umgebracht.

Ch‘ongryŏn übernimmt in Japan faktisch die Rolle einer nordkoreanischen Botschaft und stellt Pässe und Visa für Koreaner aus, die die Volksrepublik besuchen wollen. In den Schulen der Ch‘ongryŏn hängen wie in Nordkorea Bilder der beiden älteren Kims, die Lehrinhalte orientieren sich an denen nordkoreanischer Schulen. Im letzten Oberschuljahr werden Klassenfahrten nach Nordkorea unternommen. Japanischen Unis ist freigestellt, ob sie die Bildungsabschlüsse der Ch‘ongryŏn-Schulen anerkennen; obwohl die meisten dies tun, hat diese Unsicherheit zu einem starken Rückgang der Schülerzahlen an diesen Schulen geführt. Daher sind die meisten der Ch‘ongryŏn-Schulen chronisch unterfinanziert und leben nur noch von den Subventionen des japanischen Staats. Ch‘ongryŏn betreibt auch selbst eine Universität und mehrere Kindergärten.

Die Organisation war außerdem eine der wichtigsten Devisenquellen für Nordkorea. Ihr gehören viele Pachinko-Spielhallen und Medienunternehmen, zusätzlich besitzt Ch‘ongryŏn mehrere Banken in Japan. Zwischen 1971 und 2006 betrieb die Organisation zudem eine Fähre, die ein paar Mal im Monat zwischen Japan und Nordkorea fuhr. Solange die Fährverbindung bestand, gab es auch immer den Verdacht, dass die Fähre für illegale Zwecke benutzt wurde, so etwa für den Transport der in Japan entführten Menschen oder zum Schmuggel von Drogen nach Japan und Raketenteilen nach Nordkorea. Diese Vermutungen wurden im Nachhinein durch Überläufer bestätigt, ehemalige Ch‘ongryŏn-Beschäftigte gaben auch zu, für Nordkorea spioniert zu haben. 2006 verbot Japan den Aufenthalt nordkoreanischer Schiffe in seinen Gewässern und die Fährverbindung wurde eingestellt.

Nicht nur ständige Ermittlungen gegen Ch‘ongryŏn wegen Spionage und Embargoverstößen erschüttern mittlerweile die Organisation, sondern auch große Geldprobleme, zumal Ch‘ongryŏn wegen diverser Straftaten Nordkoreas von japanischen Gerichten als inoffizielle Vertretung des Landes zu immensen Schadensersatzzahlungen verurteilt wurde. Einige der Ch‘ongryŏn-Banken haben die Finanzkrisen der letzten Jahrzehnte nicht überlebt, die Pachinko-Hallen erlitten schon vor der Corona-Pandemie einen stetigen Besucherschwund und dürften nun durch die wiederkehrenden Corona-Lockdowns in Japan endgültig zum Verlustgeschäft geworden sein. Mittlerweile war Ch‘ongryŏn sogar gezwungen, sein Hauptquartier in Tokio zu verkaufen und dort nun nur noch zur Miete zu residieren.

Die „Zweigstelle“ in Japan ist somit kein verlässlicher Devisenbeschaffer für Nordkorea mehr. Auch in anderen Ländern ist dank der UN-Sanktionen gegen die Volksrepublik die Luft für wirtschaftliche Aktivitäten dünn geworden. In Berlin hatte die nordkoreanische Botschaft jahrelang ein Gebäude auf ihrem Gelände an einen Hostel-Betreiber vermietet, auch dies ist nun untersagt. Ebenso dürften die Aktivitäten der internationalen Restaurantkette Pyongyang, die mutmaßlich von einer nordkoreanischen Spezialabteilung namens Büro 39 betrieben wird, durch die Corona-Pandemie mittlerweile wenig profitabel sein. Es wird sich zeigen, ob sich Kim Jong-un angesichts versiegender Quellen im Ausland in Zukunft gezwungen sieht, sein Säbelrasseln zu verstärken, um so mehr Hilfslieferungen zu erpressen.

Ein Ende des Kim-Regimes in Nordkorea ist trotz allem nicht in Sicht.

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