Report: Das Leiden des Christian S.
Wenn man ihn nicht kennt, könnte man meinen, er wäre ein ganz normaler junger Mann. Vielleicht überdurchschnittlich attraktiv, aber ansonsten käme wohl niemand auf den Gedanken, dass Christian S. ein dunkles Geheimnis mit sich herumträgt. Er ist nervös. In einem Berliner Café sitzt er angespannt am Tisch vor einem Glas Cola, immer wieder blickt er sich peinlich berührt um. Leise und stockend fängt er an, über sein Leben zu reden, über sein Geheimnis, immer darauf bedacht, dass die anderen Gäste nicht zu viel mitbekommen. Christian S. lebt im falschen Körper: Er ist transmonetär. Sein Körper ist arm, seine Seele jedoch die eines Millionärs.
„Ich habe schon früh festgestellt, dass ich eigentlich viel zu arm bin. Schon in der DDR als kleiner Junge: Meine Mitmenschen träumten von einem Trabant, ich wollte einen Rolls Royce. Aber natürlich konnte man das nicht offen zeigen: Offiziell existierten solche Menschen wie ich in der DDR nicht.“ Lange muss Christian S. ein Versteckspiel spielen, kann sich niemandem anvertrauen. Auch nach der Wende wurde es nicht besser.
„Ich hatte gehofft, dass man mir mit der westlichen Medizin helfen könnte. Aber es ist immer noch ein Tabuthema; manchmal hat man gar den Eindruck, dass die Politik nichts lieber täte, als Menschen wie mich umzuerziehen, damit wir uns in unseren armen Körpern wohlfühlen.“ Anklagend klingen die Worte, viel zu groß ist die Enttäuschung über die Ignoranz in der Gesellschaft. Oft flüchtet er sich in die Welt der Fantasie, liest Comics mit Dagobert Duck und zählt versonnen Monopoly-Geld.
Nach langer Recherche hat Christian S. Therapiemöglichkeiten gefunden, die gelegentlich im Ausland mit großem Erfolg angewendet wurden: „Der Hauptteil besteht in einer massiven Geldtransplantation direkt aufs Konto. In der Nachbehandlung kann die Verschreibung weiterer finanzieller Mittel nötig sein, aber die Menschen leben danach oft ein glückliches, erfülltes Leben in ihrem neuen, reichen Körper. Es gibt gewisse Risiken, etwa ein Parasitenbefall im Anschluss an die Therapie, aber diese Gefahr ist für mich nebensächlich, wenn es darum geht, meinen Seelenfrieden zu finden.“
Sehnsucht schwingt in seinen Worten mit. Fachärzte für Menschen wie ihn gibt es nicht in Deutschland, seine Krankenkasse verweigert die Kostenübernahme für die Behandlung. Nur manchmal kann sich Christian S. erlauben, dem Drang in seinem Herzen nachzugeben. „Ich spare gelegentlich etwas Geld, lasse es mir in bar auszahlen. Ich gehe dann damit durch die Stadt. Nicht um es auszugeben, einfach nur so. Ich laufe an Geschäften vorbei, umklammere mein Portemonnaie und denke mir zufrieden: Ich könnte jetzt hier einkaufen, wenn ich wollte. Dann lächle ich und kriege eine Erektion. Am Abend kuschle ich mich an die Geldscheine.“ Er lächelt bei diesen Worten. Ein kleiner, viel zu kurzer Moment des Glücks für diesen sympathischen Mann, dem die Natur so einen grausamen Streich gespielt hat.
Und nach diesem albernen Text die Info, auf die alle gewartet haben: Es gibt ein Update! Kolumne 1, Kolumne 2, Lästerei 1, Lästerei 2. Viel Spaß!
Gast
Danke für das Update, freue mich riesig und werde sogleich mit dem Lesen beginnen!
Und ein wirklich genialer Text auch in diesem Blogpost!(: