Der Ernst des Lebens
"Das Leben ist ernst!", wird einem spätestens mit der Einschulung immer vorgebetet. "Das Leben ist ernst!", heißt es, wenn man mal keine Lust auf Hausaufgaben hat. "Das Leben ist ernst!", lautet die Begründung für alles, was Spaß verbietet.
Wer LIEST das!?
Ich halte das für Quatsch. Tatsächlich ist das Leben nur dann immer ernst, wenn man es zulässt, dass das Leben von diesem Spruch beherrscht wird. Wenn man sich den Spaß ständig versagt, ist es natürlich ernst, aber nicht mehr lebenswert. Allerdings leben wir in einer relativ spaßfeindlichen Gesellschaft. Klar, viele Menschen mögen Spiele, viele Menschen mögen Komik, viele Menschen mögen unterhaltsame Musik - aber sie haben ein schlechtes Gewissen dabei. Bei allem versucht man, sich zu rechtfertigen. Wer Helge Schneider mag*, der muss reflexartig immer erzählen, dass der ja auch ein toller Jazzmusiker ist. Wer gerne Counterstrike spielt*, der kommt anscheinend nicht drum herum, die positiven Auswirkungen auf die Teamfähigkeit und den Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu betonen. Wer den Playboy kauft, der macht das natürlich nur wegen der Artikel. Und gewisse Politiker beschrieben im letzten Jahrzehnt Deutschland als "Freizeitpark" und "Spaßgesellschaft", um Mängel in der Einstellung der Menschen anzuprangern.
Ich weiß natürlich, dass jeder von uns Dinge tun muss, die nicht unbedingt Spaß machen, ansonsten würde unsere Gesellschaft nicht funktionieren, die ja darauf basiert, dass jeder mit seiner Arbeits-, Wirtschafts- und Geisteskraft etwas zur Gesellschaft beiträgt. Kaum jemand mag sich mit Integralrechnung, der Steuererklärung, dem Kloputzen oder unangenehmen Berufen beschäftigen. Umso wichtiger ist es, einen Ausgleich zu haben, der verhindert, dass wir vor angestauter Frustration austicken, unsere Mitmenschen mit einem Löffel und einem Eierschneider umbringen und häuten und uns dann selbst richten. Das ist der Hauptgrund dafür, Spaß zu haben und unproduktiv zu sein. Dass man durch Unterhaltung am besten lernt und soziale Kontakte pflegt, ist zwar richtig, aber doch wieder übliches Rechtfertigungsgeschwätz.
Musterstudent...
Manche Menschen scheinen allerdings so gut wie nie Spaß zu gebrauchen. Diejenigen sind wahrscheinlich auch dafür verantwortlich, dass wir so eine spaßfeindliche Kultur geworden sind. Es mag sein, dass es zum Beispiel nach dem zweiten Weltkrieg einfach zu viel zu tun gab, um sich um sein Vergnügen zu kümmern. Allerdings sollte man auch dran denken, dass es nie zum Krieg gekommen wäre, wenn die Menschen faul genug gewesen wären.
Die Spaßfeindlichkeit geht Hand in Hand mit dem Märchen, dass der Schlüssel zu Reichtum und Erfolg harte Arbeit wäre (insbesondere harte Arbeit, die einem nicht gefällt). Ich halte es da eher mit den Italienern: "Wer viel arbeitet, hat nicht die Zeit, um reich zu werden." Tatsächlich haben die Reichen in erster Linie deswegen Geld, weil sie unheimlich viel Glück hatten, nicht weil sie die Zähne zusammengebissen und irgendwas getan hätten, was ihnen gegen den Strich geht. Bill Gates schrieb in seiner Biographie, dass er seine Studienzeit im Wesentlichen mit dem Pokern und dem Programmieren ausgefüllt hätte, seine Klausuren bestand er nur, weil er in den Tagen vor der Klausur büffelte. Er hat sein Jurastudium nie beendet, weil er schließlich Microsoft gründete und sein Hobby zum Beruf machte. Rudi Carrell stöhnte einmal, dass es doch ein so harter Job wäre, Menschen zum Lachen zu bringen, worauf Dieter Hallervorden erwiderte, dass Carrell ja mal zum Ausgleich im Bergwerk arbeiten könnte, um herauszufinden, was wirklich harte Arbeit ist. Paris Hilton und Verona Pooth kriegen Geld dafür, dass sie doof sind.
Ich jedenfalls denke nicht daran, mein Leben nur der Arbeit zu widmen (zumindest keiner Arbeit, die ich nur als solche empfinde). Ich spiele gerne, ich faulenze gerne, ich gehe spät schlafen und stehe spät auf. Und meinetwegen könnten im Playboy weniger Artikel und mehr Aktfotos sein. Ich bin eine Schande für die Fleißfraktion - und stolz darauf.
* Ich gehör nicht dazu.