Was ist an Wokeness so schlimm?
2. Es leugnet Eigenverantwortung
Schon die alten Römer wussten: Jeder ist seines Glückes Schmied. Oder wie ich es etwas pessimistischer ausdrücke: Jeder macht sich seine Hölle selber. Das ist beides nicht ganz korrekt. Natürlich hängt ein großer Teil des eigenen Schicksals von Dingen ab, die man selber nicht beeinflussen kann. Aber man ist nicht vollkommen fremdbestimmt. Umso fataler ist es, wenn man selbst davon überzeugt ist, nur fremdbestimmt zu sein, ohne etwas daran ändern zu können.
Lehrer an Schulen mit hohem Anteil von Schwarzen in den USA erzählen, dass viele Schüler ihre Schulbildung vernachlässigen und sogar aktiv Mitschüler entmutigen, sich im Unterricht zu engagieren, weil die „weiße“ Gesellschaft Schwarzen sowieso keine Chance geben würde. Ähnliches hört man hierzulande von Lehrern in Schulen mit hohem Anteil an Migranten mit türkischem und arabischem Migrationshintergrund, in denen Schüler der Meinung sind, sie würden ja sowieso immer benachteiligt. Mir haben ansonsten eigentlich zurechnungsfähig erscheinende Frauen persönlich gesagt, sie hätten keine Karriere in MINT-Fächern oder Handwerksberufen angestrebt, weil sie den Eindruck gehabt hätten, dass man sie sowieso nicht ernstgenommen hätte. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sich ihre Befürchtungen in Luft aufgelöst hätten, wenn sie es nur probiert hätten.
Und natürlich ist es nicht nur so, dass man womöglich Chancen verpasst, wenn man sich vorher ständig einredet, dass die halbe Welt einem sowieso keine Erfolge erlauben würde. Viele Leute verderben sich Chancen, weil sie sich mit ihrem Verhalten keine Freunde machen oder sich selbst ein Handicap schaffen.
Hengameh Yaghoobifarah zum Beispiel ist, wenn man nach ihren Kolumnen urteilt, eine sehr unangenehme Person, die ständig Deutsche beleidigt, und vielleicht sollte sie sich die Frage stellen, ob es wirklich an ihrem Migrationshintergrund oder dem Rassismus der Mehrheitsgesellschaft liegt, wenn die Leute sie nicht freundlich behandeln, und nicht vielmehr daran, dass andere sie einfach gut begründet für unausstehlich halten.
Abseits von berühmten oder berüchtigten Leuten können sich auch normale Menschen fragen, ob ihnen zum Beispiel Aufstiegschancen im Beruf tatsächlich wegen ihrer Herkunft oder ihres Geschlechts versagt bleiben, oder weil sie zum Beispiel mangels Sprachkenntnissen Schwierigkeiten haben zu kommunizieren, weniger bereit sind, Überstunden zu leisten, oder einfach seltener angebotene Fortbildungen besuchen.
Und natürlich sollte man hier unter Eigenverantwortung nicht nur die individuelle Verantwortung verstehen, sondern auch die der Gruppe. Selbstverständlich ist es unfair, wenn der Gruppe negative Eigenschaften oder Verhaltensweisen unterstellt werden, die nicht oder nur auf eine winzige Minderheit zutreffen. Aber oft muss man auch feststellen, dass bei Stereotypen oft mehr als nur ein kleiner wahrer Kern enthalten ist. Wenn sich etwa Großfamilien mit Migrationshintergrund zusammenrotten, um Streitigkeiten mit Drohgebärden, Gebrüll und auch körperlichen Angriffen auszutragen (was ich jetzt nicht nur aus den Nachrichten kenne, sondern direkt vor meiner Haustür sehen durfte, das würde ich also nicht als seltene Randerscheinung abtun), dann ist es auch nicht verwunderlich, wenn der Rest der Umgebung keine Lust auf mehr ethnische Vielfalt hat, auch wenn das für die Migranten aus den gleichen Kulturkreisen, die mit diesen Streitereien gar nichts zu tun haben, ungerecht ist. Da liegt die Schuld aber bei denen, die sich so störend verhalten, nicht bei denen, die darauf keinen Bock haben.
Natürlich machen sich Anhänger der Identitätspolitik auch selten die Mühe, auf der anderen Seite nach echter Verantwortung zu suchen. Wenn einem nicht einfällt, wieso Hans schuld sein soll, dass Mohammed die Schule nicht schafft, und deswegen gefälligst büßen muss, dann holt man einfach die simple Erzählung von „struktureller Diskriminierung“ hervor. Das muss man dann auch nicht erklären, das ist so, als wenn man bei Star Trek von Subraumfluktuationen im Graviton-Feld redet, um das Problem der Woche einzuführen.
3. Es verdeckt echte Probleme und verhindert ihre Lösung
Bevor ich zu den echten Problemen komme, die verdeckt werden, muss ich erwähnen, dass die Anhänger der Identitätspolitik mit ihrer Fixierung auf Ungleichheiten sehr oft falsche Probleme zu finden glauben. Nicht jede Ungleichheit ist ungerecht. Im Gegenteil: In vielen Fällen wäre Gleichheit zutiefst ungerecht.
Jeder von uns versucht in seinem Leben auf vielfältige Weise, Ungleichheit erst herzustellen. Wir imitieren gewisse Verhaltensweisen, um besser als andere zu wirken. Wir putzen uns heraus und ziehen uns schicke Klamotten an, um attraktiver für potenzielle Partner zu wirken als diejenigen, die sich diese Mühe nicht machen und in Schlabberklamotten und dem Mief der letzten Woche rumlaufen. Jede Berufsausbildung hat das Ziel, Ungleichheit zu vergrößern und den Absolventen bessere Chancen auf einen Beruf einzuräumen als denjenigen, die diese Ausbildung nicht gemacht haben.
Aber schauen wir uns Ungleichheiten an, die tatsächlich auf Probleme hindeuten, für die aber die „woke“ Identitätspolitik nur die falschen Lösungen liefern kann. In vielen Städten in den USA sind Schwarze in den Kriminalitätsstatistiken und in den Gefängnissen überrepräsentiert. In Kalifornien stufte man daraufhin einige Straftaten zu leichten Vergehen herab, etwa Ladendiebstahl im Warenwert bis zu einer Summe von 950 Dollar, was Haftstrafen zwar nicht ausschließt, aber unwahrscheinlicher macht. (Zudem können da nur maximal 6 Monate Haft im örtlichen Bezirksgefängnis verhängt werden, aber keine Haft in den großen Haftanstalten.) Zur gleichen Zeit wurden die Angestellten von großen Einzelhandelsketten angewiesen, sich Ladendieben nicht in den Weg zu stellen. Das sollte sie zwar auch davor schützen, sich in unnötige Gefahr zu bringen, aber viel mehr fürchtete man Rassismusvorwürfe.
Das Resultat: Die Zahl der Ladendiebstähle in Kalifornien stieg drastisch an, einige Standorte haben fünfmal höhere Verluste durch Diebstahl als im nationalen Durchschnitt, weil täglich Leute in die Märkte marschieren und jeweils Ware im Wert von 900 Dollar raustragen, ohne daran gehindert zu werden. Anzeigen gibt’s in den meisten Fällen auch nicht – hätte ja keinen Sinn, wenn man die Täter sowieso nicht festgehalten hat, um ihre Personalien festzustellen.
Was machen Läden aber, die nicht mehr profitabel sind, weil sie täglich geplündert werden? Dicht. Und das eben gerade in den Vierteln, in denen die weniger Begüterten leben, meist Schwarze. (Diebstähle und sonstige Kriminalität sind bei Weitem nicht der einzige Grund für Ladenschließungen, aber sie spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle.) Und was fällt San Francisco ein? Dass Lebensmittelläden nicht mehr schließen dürfen, ohne es sechs Monate vorher anzukündigen. Die EEOC (die amerikanische Bundesbehörde, die gegen Diskriminierung im Beruf vorgeht) hat im letzten Jahr übrigens Klage gegen die Tankstellenkette Sheetz eingereicht, weil die es wagten, Bewerber mit Vorstrafen abzulehnen, was im Endeffekt auch mehr Schwarze und Ureinwohner betraf.
Eine andere Idee mit dem Umgang mit Kriminalität war die Forderung nach Abbau der Polizei, weil die aus rassistischen Gründen besonders Minderheiten und dabei gerade Schwarze im Auge hätte. Der Höhepunkt war nach dem Tod von George Floyd erreicht, als Polizeibehörden in den USA überall auch an politischem Rückhalt verloren, angegriffen wurden und sich teilweise zurückziehen mussten. In Seattle wurde eine anarchistische Zone eingerichtet, die sich selbst verwaltete, aber schließlich wegen ausufernder Gewalt aufgelöst wurde.
Das war vermutlich für die meisten Schwarzen keine Überraschung. Denn der Ruf nach Abbau und Entmachtung der Polizei wird hauptsächlich von weißen Demokraten vertreten, aber die Mehrheit der Schwarzen in den USA wünscht sich Polizeipräsenz. Kein Wunder: Dass unbewaffnete Schwarze von der Polizei getötet werden, passiert (obwohl immer noch zu oft) recht selten. (Im Jahr 2019 waren es 14 unbewaffnete Schwarze, außerdem 25 unbewaffnete Weiße. 2023 wurden insgesamt 1163 Menschen von der amerikanischen Polizei erschossen, dabei stellen Weiße in absoluten Zahlen die größte Gruppe.) Schwarze töten jedes Jahr mehr andere Schwarze als der Ku-Klux-Klan in seiner gesamten Geschichte. Etwa 90 Prozent aller schwarzen Mordopfer werden durch andere Schwarze umgebracht. Und deswegen wollen die meisten Schwarzen gerade in den problematischen Gegenden, dass die Polizei dort wenigstens ein bisschen Sicherheit und Ordnung reinbringt.
Es ist nicht die Schuld der Weißen, dass unter den Schwarzen die Gangkultur so glorifiziert wird. Es ist auch nicht die Schuld der Weißen, dass inzwischen über die Hälfte aller schwarzen Kinder in den USA ohne Vater aufwächst, was antisoziales Verhalten begünstigt. Und während es durchaus sehr bemühte Versuche gab, die seit Beginn der Covid-Pandemie häufiger auftretenden Gewalttaten gegen Asiaten durch Schwarze mit einer verinnerlichten „weißen Vorherrschaft“ zu begründen, so ist es doch keineswegs im Interesse der Weißen, dass solche Angriffe passieren.
Mit besserer Schulbildung hätten Schwarze sicherlich auch bessere Perspektiven für ihre Zukunft. Zu leicht wird aber mit dem Finger auf die Schulen gezeigt, um zu begründen, wieso gerade so viele schwarze Schüler keine guten Abschlüsse schaffen. Dabei geben die USA pro Kopf gar nicht so wenig Geld für Schulen aus, aber wenn ein großer Teil des Schulbudgets für Wachdienste und die Beseitigung von Schäden draufgeht, bleibt natürlich die technische Ausstattung auf der Strecke. Allerdings sind auch die meisten Erwachsenen, aus denen was geworden ist, auf Schulen gegangen, die auch keine hochmodernen Computer oder ähnliche Spielereien hatten. Man braucht keine Tablets, Smartboards oder Internet, um ordentlich lesen, schreiben und rechnen zu lernen.
Beim Versuch, die schulischen Leistungen von vermeintlich benachteiligten Minderheiten zu verbessern, zeigen gerade diejenigen, die auch der Identitätspolitik nahestehen, einen bemerkenswerten Rassismus der niedrigen Erwartungen.
Plötzlich heißt es, man solle bei Schülern (nicht nur aus Minderheiten) keine „weißen“ Maßstäbe ansetzen, keine korrekte Sprache erwarten oder für Objektivität eintreten. „Affirmative Action“ sorgte bis vor Kurzem in den USA dafür, dass Schwarze und Latinos deutlich geringere Anforderungen für die Zulassung an Universitäten erfüllen mussten als Weiße oder Asiaten, um ihren Anteil an den Studenten zu erhöhen. Das wurde (unter großem Gejammer) nach Jahrzehnten vom Supreme Court als verfassungswidrig eingestuft.
Dass ich Asiaten erwähne, deutet schon etwas an, was die Erzählung von der Dominanz der Weißen untergräbt: Die weißen Amerikaner sind als Gruppe schon lange nicht mehr die erfolgreichsten Mitglieder der amerikanischen Gesellschaft. Das mittlere Einkommen weißer Haushalte in den USA ist niedriger als das von pakistanischen Amerikanern, weiter oben sind unter anderem chinesische, malaysische, japanische und philippinische Amerikaner. An der Spitze stehen Amerikaner mit indischem Migrationshintergrund. Ich glaube, keiner kann ernsthaft behaupten, weiße Amerikaner, die mit ihren „rassistischen“ Erwartungen angeblich die Schwarzen unterdrücken und daran hindern, ihr Potenzial auszuschöpfen, wären andererseits so großzügig, sich bewusst und freiwillig Pakistanis und Filipinos unterzuordnen. Und selbst wenn man nur die Schwarzen betrachtet, so sind schwarze Einwanderer aus Nigeria und Ghana in den USA schnell beim mittleren Einkommen nahe am weißen Niveau, weit über dem mittleren Einkommen der schwarzen Amerikaner generell. Dabei sind sie genauso schwarz und sollten eigentlich den gleichen Rassismus erleben.
Die Bildung der schlecht gebildeten schwarzen Kinder und Jugendlichen in den USA oder der arabischen hier zu verbessern, wird nicht dadurch gelingen, dass man Schülern generell weniger erwartet oder sie gegenüber der vermeintlichen Mehrheitsgesellschaft bevorzugt, denn das ist nicht ihr Problem. Ihr Problem ist eine Umgebung, in der nicht genug auf Bildung Wert gelegt wird, in der die Menschen wenig Respekt gegenüber den Lehrern und der Schule zeigen, in der Eltern ihnen abends nicht vor dem Schlafengehen aus Büchern vorlesen, in der ihre natürliche Neugier nicht bestärkt und gelenkt wird. Das muss aber aus den Familien und dem Umfeld selbst kommen. Die Identitätspolitik, die den vermeintlichen Opfern keinerlei Verantwortung für ihre Situation zugesteht und die Schuld immer nur bei denen sucht, die sie als Unterdrücker identifiziert, kann hier nur falsche Lösungen und Strategien liefern. Den Preis dafür zahlt die ganze Gesellschaft, aber am meisten büßen diejenigen, denen mit diesen falschen Ideen eigentlich geholfen werden soll.
Natürlich wird man mit besserer Bildung und Erziehung nicht alle Schwierigkeiten vermeiden können. Es gibt immer noch Rassismus und Sexismus und es gibt immer noch genug andere Umstände, die es sehr erschweren können, aus dem Leben das Beste herauszuholen. Aber mit Grips und Selbstbeherrschung verbessern sich die Chancen, und das kann man für sich und seine Liebsten aus eigener Kraft erreichen. Man muss sich nicht in der Opferrolle einrichten, denn es gibt garantiert jede Menge Leute, die die gleichen Hintergründe und die gleichen Probleme haben, aber dennoch nicht kriminell wurden und die sogar was aus sich gemacht haben, worauf andere neidisch sein könnten.
4. Es gefährdet die Gesundheit
Das wäre eigentlich eine schöne Warnung bei allen Reden, Pamphleten und Videos, die die Identitätspolitik als fortschrittliche Geisteshaltung anpreisen und zum Standard des zwischenmenschlichen Zusammenseins erheben wollen. „Wokeness gefährdet die Gesundheit.“
Das stimmt gleich auf mehrere Arten. Die drastischste Demonstration der jüngsten Zeit zeigte sich wie schon erwähnt im Nachgang der George-Floyd-Proteste, bei denen die Polizei in vielen amerikanischen Städten an Rückhalt verlor und ihre Aktivitäten einschränken musste. Leute sind von Kriminellen erschossen worden, weil die Polizei nicht effektiv handeln konnte und unter Generalverdacht stand, sobald sie gegen Angehörige von Minderheiten vorging. Demonstranten haben bei ihren Veranstaltungen Feuer gelegt. Auch das ist natürlich gefährlich, aber Medien haben diese Vorfälle heruntergespielt, denn die Demonstranten waren ja Mitglieder oder Unterstützer einer vermeintlich unterdrückten Gruppe.
Auch die Angriffe auf Asiaten während der Corona-Pandemie habe ich bereits erwähnt (wobei es die natürlich auch in Deutschland durch Weiße gab), und aktuell sehen wir deutlich vermehrt Angriffe auf Juden durch Leute, die behaupten, damit gegen angeblichen Kolonialismus und Völkermord zu kämpfen; bejubelt oder verharmlost durch andere Leute, die die gleichen Ziele zu verfolgen glauben. Diese Gewalt ist ein natürliches Resultat, wenn man Leute entmenschlicht, weil man sie einer Unterdrückerkategorie zuordnet, bei der es als moralisch geboten gilt, sie zu verabscheuen, und als Zeichen der Gerechtigkeit, wenn sie sich den vermeintlich Unterdrückten unterwerfen und büßen müssen.
Es gibt aber noch schlimmere Beispiele, für die ich stellvertretend den Missbrauchsskandal von Rotherham heranziehen möchte. Zwischen 1997 und 2013 wurden unzählige (zumeist weiße) Kinder und Jugendliche im britischen Rotherham durch pakistanisch-stämmige Banden systematisch sexuell missbraucht und versklavt. Später schätzte man die Opferzahlen auf mindestens 1400 Menschen. Polizei und andere Behörden hatten das widerliche Treiben trotz Hinweisen sehr lange ignoriert, weil sie Angst hatten, bei entsprechenden Ermittlungen als Rassisten zu gelten. Nur in einer Gesellschaft, die Gruppenzugehörigkeit höher wertet als individuelle Verantwortung, ist so ein flächendeckendes Verschleiern aufgrund der Zugehörigkeit der Täter zu einer vermeintlich marginalisierten Gruppe überhaupt erst möglich. Schließlich kam heraus, dass es ähnliche Fälle des Verschleierns von systematischen Massenvergewaltigungen durch Migrantengangs in Telford, Rochdale, Oxford und weiteren britischen Städten gab.
Die nächste Gesundheitsgefährdung ist im Vergleich nicht so unmittelbar offensichtlich, aber dennoch ein Ergebnis der niedrigen Erwartungen im Bildungsbereich. Man mag der Meinung sein, dass Mathematik und andere Wissenschaften ganz böse weiß sind und Eingeborenenweisheiten mindestens den gleichen Stellenwert in der Bildung haben sollten. Man mag glauben, dass es sowieso keine objektiven Wahrheiten gebe und alles, was man als richtig betrachtet, nur ein Resultat der Prägung durch heteronormative Erwartungen einer rassistischen Kultur europäischer Herkunft sei. Aber wenn ich in einem Haus lebe oder über eine Brücke fahre, möchte ich schon, dass die Statik nach böser weißer Physik unter Anwendung böser weißer Mathematik berechnet wurde, und zwar von jemandem, der ordentlich gelernt hat, die Bauvorschriften auch zu lesen.
Derzeit gibt es erschreckende Meldungen der medizinischen Fakultät der UCLA, dass Angehörige von Minderheiten trotz mangelnder Vorleistungen fürs Medizinstudium zugelassen wurden und nun deutliche Defizite beim Verständnis des Studienstoffs zeigen. Man mag mich für anspruchsvoll halten, aber wenn ich operiert oder anderweitig medizinisch behandelt werden muss, bin ich für eine kompromisslose Meritokratie und möchte sicher sein, dass die Person, die mich behandelt, auch tatsächlich den ganzen medizinischen Kram drauf hat und nicht als Quotendiverse durchs Studium geschleift wurde. Hautfarbe, Geschlecht und Herkunft sind mir da vollkommen schnuppe, ich möchte, dass die Person ordentlich die Prüfungen bestanden hat.
Noch viel unmittelbarer ist aber, dass es mit dem geistigen Wohlbefinden der Anhänger der Identitätspolitik überhaupt nicht gut bestellt ist. Wer woke ist, ist häufiger depressiv, leidet eher unter Angststörungen und ist weniger glücklich als der Bevölkerungsdurchschnitt. Jetzt ist natürlich die Frage, ob Depressive und Ängstliche eher zur Identitätspolitik neigen oder ob es die woke Einstellung ist, die diese Depressionen und Ängste erst hervorruft. Aber selbst wenn es „nur“ die erste Erklärung ist: Es ist wohl selbsterklärend, dass es für die mentale Gesundheit nicht förderlich ist, sich ständig als Opfer zu sehen oder sich dafür zu geißeln, zu welcher Bevölkerungsgruppe man gehört, weil man denkt, die wäre mit Erbsünde besudelt. Und natürlich ist es auch nicht gesund, sich ständig einzureden, dass die Gesellschaft, in der man lebt, die allerschlimmste ist, auch wenn objektiv gesehen der Lebensstandard selbst für die wenig Begüterten besser ist als in großen Teilen der Erde.
Es gibt aber auch noch eine andere Seite: Leute, die sich besonders häufig als Opfer sehen oder darstellen, zeigen überdurchschnittlich häufig ein hohes Maß an Psychopathie, Narzissmus und Machiavellismus, was als „dunkle Triade“ in der Psychologie bekannt ist. Sie sind manipulativ und missbrauchen die Empathie anderer, um persönliche Vorteile daraus zu ziehen und das eigene Selbstwertgefühl zu steigern. Wenn jemand also seine Fresse ständig durch sämtliche Medien schleift und laut beklagt, wie entsetzlich er darunter leiden würde, dass die Gesellschaft furchtbar rassistisch, sexistisch oder anderweitig eklig zu ihm wäre, obwohl er selbst persönlich zum obersten Prozent der Bevölkerung gehört oder für das Leid anderer verantwortlich ist, sollte man vielleicht nicht gleich anfangen, ihn mit Mitleid, Geld oder Aufmerksamkeit zu überschütten, sondern sich die Frage stellen, ob da nicht jemand versucht, Kapital aus der Gutherzigkeit und Einfalt anderer Menschen zu schlagen.