Ich missbrauche deine Fragenseite ja ungern als Diskussionsportal, aber dazu muss ich einfach nochmal was sagen:
Es gibt einen ganz wichtigen Unterschied zwischen griechischen Sagen (bzw selbst dem AT) und dem Koran:
Erstere sind (in ihrer Urform) mündlich überlieferte und metaphorisch zu verstehende "Fabeln", während die Suren Mohammeds historisch belegt von ihm stammen, und die dort geschilderten Taten ebenso historisch belegt sind.
Das ist doch eine ganz andere Qualität:
Niemand glaubt heutzutage, dass Zeus wirklich als Stier eine Frau vergewaltigt hat, während die Kinderhochzeit Mohammeds (und auch all seine anderen Gräueltaten) historisch belegt sind, und im Bezug auf Mohammeds Eigenschaft als perfektes Rollenbild für Muslime ja auch irgendwie verbindlich sein sollten.
Wie verblendet muss man sein, um sowas vergleichen zu können?
Es geht doch dabei gar nicht um irgendwelche Verrückten IS-Spinner, aber worüber soll man sich denn sonst ein Urteil über eine Religion fällen, wenn nicht über die Taten ihres Stifters, vor allem, wenn diese so kompromisslos als moralisch richtig herausgestellt werden?
Interessant übrigens, dass auch noch das Stichwort der Hunnenrede fällt, die ja nun absolut nichts mit Religion zu tun hat. Würde ich jetzt gerne nutzen, um einen Bogen dahin zuschlagen, dass der Islam viel eher politische Ideologie als Religion ist, aber das würde zu weit führen.
Darüber komme ich jetzt doch nochmal zu einer Alibifrage:
Warum haben heutzutage so viele Menschen dieses dringende Bedürfnis, den Islam zu verteidigen und alle in seinem Namen begangenen Gräueltaten zu relativieren?
Die historische Brutalität von Mohammed und seinen Nachfolgern kann man heute ja bloß nehmen, um zu belegen, dass eine oft behauptete grundsätzliche Friedfertigkeit im Islam ebenso wenig gegeben ist wie im Judentum. (Von den biblischen Schriften des NT her wäre eine gewisse Friedfertigkeit im Christentum noch am ehesten angelegt, aber das haben die Christen ja auch ganz schön lange Zeit vergessen.)
Was mich aber eben auch erstaunt, ist diese Relativierung, was die neueren Gräueltaten angeht, die im Namen des Islam vollbracht werden. Das ist insofern bemerkenswert, als dass in den islamischen Ländern selbst durchaus immer mehr Würdenträger die Frage stellen, was mit dem heutigen Islam so verkehrt läuft, dass sich so viele Terroristen auf ihn berufen, und da ist der Islam tatsächlich in einer herausragenden Stellung; es gibt viel weniger Terroristen im Namen des Christentums, obwohl das Christentum über eine halbe Milliarde mehr Mitglieder hat.
Und gerade im arabischen Raum fällt eben auch sehr auf, dass die dogmatischen Richtungen des Islams sehr mächtig sind. Muslimbrüder, Wahabiten, Salafisten, das sind ja in Nordafrika und der Levante keine Randgruppen, teilweise sind sie sogar bestimmend. In anderen Regionen (Sub-Sahara und in Südasien) sieht's nicht besser aus. Und die Terroristen von IS und Al-Qaida sind in bestimmten Fragen oft ideologisch von diesen Strömungen nur im Grad der Radikalität zu unterscheiden. In Nordafrika und im Nahen Osten sind grob über die Hälfte der Leute der Meinung, dass das Entsagen vom Islam mit dem Tode bestraft werden soll. In Südasien sind es sogar gut drei Viertel. In Ägypten sind über die Hälfte der Moslems der Meinung, die Scharia sollte für alle Einwohner gelten. In fast allen islamisch geprägten Ländern sind deutliche Mehrheiten der Meinung, Atheisten könnten nicht moralisch handeln und dass Homosexualität illegal sein sollte. Im arabischen Raum sagen über 85 Prozent der Muslime, dass die Frau ihrem Mann bedingungslos zu gehorchen hat. Das sind also weit verbreitete Überzeugungen, und so zu tun, als würden die Islamisten, die Anschläge verüben, quasi im Vakuum agieren oder den Islam komplett falsch verstehen, ist angesichts dieser Erkenntnisse gar nicht zu halten.
Dass sich in den letzten 150 Jahren gerade dieser dogmatische, "traditionelle", engstirnige Islam so entfaltet hat und seinen Einfluss unter den Moslems so ausgebaut hat, ist sicherlich auch eine Reaktion gewesen auf den fortschreitenden Machtverlust in der Welt, eingeleitet durch den Niedergang des Osmanischen Kalifats. Da wird sich natürlich bei vielen Gläubigen der Eindruck gebildet haben, dass dies ein Resultat von zu viel Offenheit und der Abkehr von den traditionellen Werten des Islam gewesen sei.