Frag den Hasen

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#40755
Das finde ich jetzt sehr arg pauschalisiert. Ich wäre auf einer Montessori-Schule vermutlich tausendmal glücklicher gewesen. Klar, nicht jedes Kind kann mit dieser Art des Lernens umgehen, aber es gibt durchaus Schüler, für die "normale" Schulen Gift sind. Ich hab irgendwann einfach nur noch das absolute Minimum an Leistung gebracht, weil man mir so ziemlich alles, was mir potentiell Spaß gemacht hätte, kaputt gemacht hat. Und ja, darunter sind auch Sachen wie Physik und Biologie, nicht bloß Bilder malen und Lieder singen. Eine Schule, an der ich zwar auch dieses Minimum leisten muss, an der ich aber dann die Möglichkeit bekomme, spezielle Interessen weiter zu verfolgen ohne dass mir die Lehrerschaft vermittelt, dass diese Interessen quasi wertlos sind, nur weil sie in keinem Lehrplan stehen, wäre meine Traumschule gewesen.
Meines Erachtens krankt das Schulsystem daran, dass es versucht, jeden einzelnen Schüler in dieselbe Form zu bringen; Montessori-Schulen sehen ein, dass das unmöglich ist, und nehmen die Grundlagen, um damit so gut wie möglich zu arbeiten - beziehunsgweise dem Kind beizubringen, wie es das Beste aus dem macht, was es ist.
Schule ist ja dafür da, den Schülern eine möglichst breite Basis zu geben, um ihnen alle Wege zu öffnen. Und als Kind weiß man doch noch gar nicht, was einem tatsächlich später etwas bringen wird und was nicht. Wenn du sagst, dass ein Kind dank Montessori das Beste aus dem machen würde, was es ist, wäre das der Ausdruck des deprimierenden Gedanken, dass das Kind schon ganz früh in seinen Talenten, Interessen und Fähigkeiten festgelegt wäre.
Es ist jetzt schon problematisch, dass so viele Leute keinen blassen Dunst von Dingen haben, für die sie sich nicht interessiert haben. Viele Leute, die eher musisch oder sportlich drauf waren, können nicht vernünftig rechnen. (Und das rächt sich später oft mit Geldproblemen.) Viele Leute, die in Physik oder Chemie Asse waren, können nicht vernünftig kommunizieren. Jede Menge Menschen sind kulturell offenbar so ausgetrocknet, dass jeder Humor oberhalb von Cindy aus Marzahn zu hoch für sie ist. Wenn man jetzt noch mehr danach ginge, ob sie Bock drauf haben, so etwas zu lernen, wäre das sicher nicht unbedingt eine Verbesserung.
Es fällt einem nie wieder so leicht wie zu Schulzeiten, etwas zu lernen. Deswegen ist es gut, wenn man in dieser Zeit möglichst viel lernt. Denn die Sachen, die einem schwer fallen, lernt man später nur mit umso mehr Mühe oder gar nicht.

Und was die spezielle Förderung der Interessen angeht: Wenn du dich für etwas interessierst, warum brauchst du dann die Schule, um diese Interessen zu verfolgen? Private Interessen verfolgt man doch dann am besten in der Freizeit, in Vereinen oder in AGs, da kann man auch viel besser auf das persönliche Lerntempo eingehen. Und ich weiß nicht, was du für garstige Lehrer hattest. Selbst die schlimmsten Lehrer, die ich hatte, haben nie ein böses Wort über die Interessen und Hobbys ihrer Schüler gesagt. (Im Gegenteil, im Allgemeinen sind Lehrer wirklich froh, wenn sich die Blagen mal richtig aus eigenem Antrieb für etwas engagieren.)
Ich weiß gar nicht, wo dieses Anspruchsdenken herkommt, dass eine Einrichtung wie eine Schule, die immerhin für Hunderte oder gar Tausende Schüler gedacht ist, die individuellen Interessen von jedem Schüler besonders berücksichtigen muss. Vielleicht ist es ja ein erster Schritt zum Erwachsenwerden, wenn man begreift, dass man sich selbst kümmern muss, wenn einem etwas wichtig ist.