Für Germania
Vor ein paar Tagen hatte ich neben dem üblichen Werbekram auch eine Zeitung von Pro Deutschland im Briefkasten. Wer es nicht weiß: Pro Deutschland ist eine rechtsextremistische Kleinpartei, die vor kurzem auch die Bombenidee hatte, diesen bescheuerten Mohammed-Film zu zeigen, um noch ein bisschen Öl ins Feuer der Moslems zu kippen.
Wie man sieht, ist es schon die zweite Ausgabe. Vielleicht sollte ich froh sein, dass ich die erste nicht bekommen habe, andererseits sind wohl die noch besser dran, die bisher noch gar nicht von diesem Pamphlet belästigt wurden. (Als ich bei Twitter fragte, meldete sich jedenfalls niemand, der das Blatt auch im Briefkasten hatte.) Und was ist nun die große Nummer auf Seite 1 und 2 der Zeitung?
Mag sein. Aber ich schätze, die Hartz-IV-Quote dürfte bei dem ländlichen Fußvolk der Neonaziszene ähnlich hoch ausfallen, sonst müssten die ja nicht flennen, dass ihnen die Ausländer die Arbeitsplätze wegnehmen würden (auch wenn in 50 Kilometern Umkreis um ihr Kaff kein einziger Ausländer lebt). Rein individuell gesehen sollte für die Pro-Deutschland-Fraktion ja ein arbeitsloser Deutscher ebenso ein unannehmbarer Kostenfaktor sein wie ein arbeitsloser Ausländer. Aber okay, was haben wir auf Seite 3?
Die Bekloppten hatten Wandertag in Berlin, und hier gibt's Fotos davon. Und wer nicht mitmarschiert, der ist nicht für Deutschland und steht vermutlich auf der Seite der "radikalen Islamisten" in ihren "Extremisten-Moscheen" oder der "grundgesetzfeindlichen" "Linksextremisten". Wie traurig es um unser schönes Vaterland bestimmt ist, sieht man aber daran, dass sich an besagtem Wochenende bloß "jeweils 50 bis 100 politisch engagierte Menschen" aufraffen konnten, für Deutschland Flagge zu zeigen, und dabei "weder Mühe noch Entbehrungen scheuten". ... Was für Entbehrungen!? Die mussten nicht vierzig Jahre durch eine Wüste laufen, um bei so einer Demo mitzumachen, sondern sich einfach bloß in eine S-Bahn setzen.
Auf Seite 4 wird gebettelt und dabei eine Frage gestellt, deren Antwort zumindest in meinem Fall wenig schmeichelhaft ausfallen dürfte. Die Zeitung ist mir nichts wert. Das Papier ist zu rau und dünn und die Druckerschwärze färbt ab. Das Blatt also für die rektale Reinigung nach dem Verrichten des großen Geschäfts nicht geeignet.
"Alle schimpfen - aber nur wenige bewegen sich und tun was dagegen." Ich hoffe, der Herr Seitenscheitel klopft sich da nicht allzu sehr auf die Schulter. Unter "etwas tun" verstehe ich schon etwas anderes, als ein Schmierblatt drucken und verteilen zu lassen. Was haben die denn noch so? Etwas, was nicht auf Ausländer einprügelt, aber trotzdem an die Befindlichkeiten des Normalbürgers appelliert?
Ach klar, die Gentechnik. Ist als Aufhänger fast so gut wie Kernkraft oder Kinderpornografie. Zu doof, dass man für all die Infos keine Quellen angibt und bei den angeblich katastrophalen Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen mit Zahlen geizt. Dazu kommen solche Perlen:
Kein Wunder. Sobald eine staatliche Uni Genforschung betreiben will (und erst recht, wenn sie dafür ein Versuchsfeld anlegen möchte), gehen Leute wie die Napfsülzen hier auf die Barrikaden und machen so lange Terz, bis sich da niemand mehr herantraut, der von öffentlichen Geldern abhängig ist. Sich dann noch darüber zu beschweren, dass die Forschung dann komplett von privaten Unternehmen übernommen wird, ist ungefähr so, als würde man seiner Freundin den Mund zunähen und sich dann beschweren, dass sie einem keinen mehr bläst.
Hm, schon komisch, dass die Leute und Tiere hier nicht reihenweise umfallen, wenn das so verbreitet ist und tatsächlich solche Schäden verursacht, wie sie in dem Artikel geschildert werden. Am Ende des Textes wird übrigens für Greenpeace geworben. Bin mir nicht so sicher, ob die tatsächlich mit dieser Partei in Verbindung gebracht werden wollen.
Auf der nächsten Seite ist (neben einem Mitgliedsformular) abgebildet, was es denn bedeutet, bei Pro Deutschland zu sein. Der letzte Punkt:
Da entstehen Freundschaften, ob man will oder nicht! Und Freunde helfen bestimmt auch einander, zum Beispiel, wenn jemand Schmiere stehen muss. Und wo es hier ja immerhin um eine Gemeinschaft geht, die im direkten Zusammenhang mit einer Partei entsteht: Was hält Pro Deutschland eigentlich von politischen Kungeleien unter alten Kameraden, wie sie ja häufiger bei den etablierten Parteien vorkommen?
Hey, wir sind fast durch, noch zwei Seiten. Und auf der vorletzten Seite muss noch etwas kommen, was viele anspricht. Spritpreise zum Beispiel. Und was mögen die Leute auch nicht? Den Euro! Da muss man doch was draus machen können.
Oh, der Euro, dieser böse Schuft! Ich bin sicher, die können das durch harte Daten untermauern.
Potztausend, das ist natürlich überzeugend. Ist ja nicht so, als wenn da außer der Euroeinführung sonst irgendwas passiert wäre in der Welt seit 1998, was Einfluss auf die Erdölpreise gehabt haben könnte. Ich meine, Ölquellen versiegen ja nicht, es gab keine terroristischen Anschläge mit globalen Konsequenzen (inklusive Kriegen), keine Revolutionen, keine Rohstoffspekulanten, keinen höheren Bedarf an Öl durch die industrielle Entwicklung von Schwellenländern wie China - einzig und allein der Euro trägt die Schuld an dem Elend, jetzt ist es raus!
Da sieht man mal die ganze Niederträchtigkeit des Euros: Noch bevor es ihn gab, sorgte er retroaktiv dafür, dass wir für unsere stahlharte Deutschmark nicht mehr so viel Energie kaufen konnten wie vorher. Der Euro ist so eine Sau, ey. Und es versteht sich ja wohl von selbst, dass die D-Mark im vergangenen Jahrzehnt selbstverfreilich allen Währungsschwankungen getrotzt hätte wie eine alte deutsche Eiche jedem Sturm.
Ja, und das gab es vor dem Euro auch nicht, dass die Regierung einfach die Abgaben erhöht, ne!? Erst der Euro hat der Regierung den Mut gegeben, einfach mal Steuern zu erhöhen oder neu einzuführen. Also echt, bei all dem Unglück, das uns allein der Euro gebracht hat, sollte man sich echt überlegen, ob der Friedensnobelpreis für die EU tatsächlich gerechtfertigt ist.
Schön fand ich auch den kleinen Werbekasten auf der Seite:
Genau! Mit allen Winkelzügen Steuern zu sparen, auch so zeigt sich Patriotismus! Wer pro Deutschland ist, der hat quasi die Pflicht, dem Fiskus Geld vorzuenthalten. Da können die Griechen ein Lied von singen, wie gut das ihrem Vaterland getan hat.
Ich traue mich kaum zu sagen, was die letzte Seite bietet, und wenn ich das Geheimnis lüfte, sollte man immer daran denken, dass dies die Zeitung einer Partei ist (auch wenn sie sich selbst als Bürgerbewegung bezeichnet und nicht als eine Partei): Seite 8 ist eine Witzeseite. Und es sind ausnahmslos doofe Politikerwitze bzw. uralte Witze, bei denen man halbherzig die Namen von aktuellen Politikern eingesetzt hat.
Was für ein köstlicher Ulk. Der Angie widmet man gleich fast die Hälfte der Seite:
Bin ja nun echt kein Freund von Angela Merkel, aber von einer Vereinigung, die gerne für meine politischen Ansichten in den entsprechenden Volksvertretungen einstehen möchte (wie aussichtslos es auch ist, tatsächlich meine Sympathie zu erringen), erwarte ich echt etwas Substanzvolleres als solche albernen Tiefschläge in einer offiziellen Parteiveröffentlichung. Wenn man mit blöden Kalauern tatsächlich in großer Zahl Wählerstimmen sammeln könnte, wäre Fips Asmussen vermutlich schon seit dreißig Jahren Bundeskanzler.
Jetzt hoffe ich bloß, dass da nicht noch mehr Ausgaben dieser Gazette kommen. Wäre ja nicht nur schade um das schöne Altpapier - der Druck kostet schließlich dank des Euros teure Energie!
Gast
Wow, das ist ja... ungefähr so grauenvoll, wie man es von solch einem Blatt erwarten kann.
Aber immerhin hätte ich mir den Inhalt ohne zugehörige Klopfer-Kommentare wohl nie angetan.