Professionelle Pressearbeit
Wir sind ja mittlerweile gewöhnt, dass deutsche Pressehäuser es mit dem Urheberrecht nicht so genau nehmen, zumindest wenn es um Inhalte aus dem Netz geht. Bild.de mopst gerne Videos von Youtube, und immer wenn ein Amoklauf oder schwerer Verkehrsunfall das Leben von Jugendlichen kostet, darf man drauf wetten, dass StudiVz und Facebook auf der Suche nach Fotos geplündert werden. (Eine ganz besondere Seuche sowohl in Zeitungen als auch im Fernsehen ist übrigens die Angabe: "Quelle: Internet" - als wenn das irgendwas aussagen würde.)
Aber wer es mal so richtig unverschämt haben will, der muss sich wohl bei der kleinen amerikanischen Gratiszeitung "Cooks Source" versuchen. Das Blättchen lebt von Werbeeinnahmen und veröffentlicht seine Artikel auch bei Facebook.
Einer der Artikel war von Bloggerin Monica Gaudio - und die Gute wusste gar nichts davon. Die Zeitung hatte ihren Text über Apfelkuchen einfach von ihrer Website gemopst; immerhin mit Namensangabe. Von einem Freund drauf angesprochen nahm sie also Kontakt zur Redaktion auf, forderte eine gedruckte Entschuldigung und eine auf Facebook, und 130 Dollar als Spende für eine Journalistenschule. Ab da wurde es lustig.
Chefredakteurin Judith Griggs fand die Forderung anscheinend unverschämt - schließlich hat sie 30 Jahre Erfahrung im Geschäft und lässt sich von so einer kleinen Bloggerin doch nicht in die Suppe spucken. Stattdessen informierte sie die Autorin darüber, dass Inhalte im Internet Public Domain wären (also nicht urheberrechtlich geschützt) und Monica sich glücklich schätzen könne, dass der Text nicht einfach übernommen wurde, ohne die Autorin zu nennen. Zudem wäre der Text von ziemlich schlechter Qualität gewesen und hätte stark redigiert werden müssen. Eigentlich müsste also die Zeitung noch Geld verlangen, schließlich wäre dank der Arbeit der Redaktion dieser Text nun ganz gut für das Portfolio der Bloggerin. Und überhaupt: Frau Griggs arbeitet schon lange mit jungen Autoren zusammen, und die arbeiten immer umsonst! Ja also echt, weiß gar nicht, worüber die Monica sich so aufregt.
Ich finde es besonders herrlich, dass die Redakteurin in ihrer Mail ein so grandioses Geständnis abgeliefert hat, dass die Zeitung ein juristisches Massaker zu erwarten hätte, falls die Sache vor Gericht ginge.
Ich krieg ja auch gelegentlich zu hören, dass es ja kein Urheberrecht für Texte im Internet gäbe. Aber das kommt immer von irgendwelchen Leuten, die meine Sachen für ihre Websites klauen, nicht von Verlagen. Aber wie wir gerade gelernt haben: Selbst nach 30 Jahren Erfahrung im Verlagsgeschäft kann man noch solche Böcke schießen, also bleibt mir noch die Hoffnung.
Gast
Gibt echt komische Vögel im Internet. o_O