Gute Idee, schlechte Idee
Wenn etwas die Unendlichkeit menschlicher Kreativität ideal charakterisiert, dann ist es wohl die unvorstellbare Masse an dummen Ideen, die unser Geist Tag für Tag hervorbringt. Menschen haben die blöde Idee, Bauchnabelfussel zu sammeln, sich Kakerlaken in den Mund zu stopfen oder sich selbst zu heiraten (wobei man bedenken muss, dass man seine Schwiegermutter nicht durch Scheidung loswerden kann). Um aber mit seinen dussligen Geistesblitzen wirklich Schaden anzurichten, muss man auch Macht haben, also irgendwo in leitender Funktion sitzen und dafür sorgen, dass jeder Hirnfurz von den eigenen Lakaien wie das Wort Gottes verehrt und unverzüglich umgesetzt wird.
Bei der "North Country Gazette" aus dem US-Bundesstaat New York sitzt so jemand. Und wie viele andere seiner Kollegen aus der Zeitungsbranche muss er auf seine Auflagenzahlen und die eigene Webpräsenz geschaut haben, um sich schließlich zu denken: "Verdammt, das blöde Internet macht uns das Geschäft kaputt!" Andere haben dann die Idee, den Großteil ihrer Website hinter einer Bezahlschranke zu verstecken, um für jeden Blick auf die verborgenen Inhalte klingende Münze zu verlangen. Jedoch nicht so unser Geistesriese aus New York. Offenbar hat er gemerkt, dass sich die Zugriffszahlen bei solchen Bezahlschranken rasch in Richtung Erdkern entwickeln. Und eines Tages müssen die Neuronen seines Gehirns unkontrolliert gefeuert haben, um folgende grandiose Idee zu gebären und sie von den Schergen sogleich in die Tat umsetzen zu lassen:
Jeder darf auf der Website genau EINEN Artikel gratis lesen. Klickt der Besucher aber mehr Artikel an, ohne ein Online-Abo abzuschließen, so wird ihm zwar die Anzeige der Artikel zunächst nicht verwehrt, aber seine IP-Adresse wird eigens gespeichert, damit angeheuerte Juristen demnächst sämtliche Schnorrer und Schmarotzer zurückverfolgen und auf die Gebühren verklagen können, die der Zeitung gefälligst zustehen, jawoll!
Eine wundervoll dämliche Idee. Könnte glatt aus einem Dilbert-Comic stammen. Und da wundern sich die Menschen, warum man Zeitungsmachern heutzutage oft nicht mal mehr zutraut, auf dem Lokus vor der Verrichtung die Hose runterzuziehen.
(Ein Online-Abo abzuschließen, ist übrigens auch nicht einfach. Das entsprechende Banner muss man aus zweitausend anderen in der rechten Leiste heraussuchen...)
Nachtrag: Inzwischen hat mich jemand drauf aufmerksam gemacht, dass die "North Country Gazette" nicht einmal eine Zeitung ist, sondern tatsächlich nur als Website existiert. Sorry also an die Zeitungsmacher, die ich beleidigt habe. Ihr seid zwar trotzdem oft total dusslig, aber diesmal habt ihr damit nix zu tun.
Gast
"so wird ihm zwar die Anzeige der Artikel zunächst nicht verwehrt, aber seine IP-Adresse wird eigens gespeichert, damit angeheuerte Juristen demnächst sämtliche Schnorrer und Schmarotzer zurückverfolgen und auf die Gebühren verklagen können"
Das hatte ich mal in einem anderem Fall (ging um ein Programm die ich heruntergeladen habe und das dann angeblich kostenpflichtig war). Die haben mir ein paar Monate lang Schmierpapier zugeschickt und es dann aufgegeben als sie gemerkt haben dass ich nicht darauf hereinfalle.