Wie Mädels Nachrichten von Jungs interpretieren
Nuff! Ich grüße das Volk.
Bei den heutigen Datingplattformen wird eine ältere Weisheit zumindest für ein jüngeres Publikum immer mehr bestätigt: Für Männer ist es wie ein Jobinterview, für Frauen wie Shopping. (Wenn man älter wird, ist es für Männer immer noch ein Jobinterview, für Frauen bewegt es sich allmählich auch in die Richtung.) Die meisten Frauen haben eine große Auswahl an möglichen Verehrern und können daher sehr wählerisch sein. Bei Männern wiederum sind die Erfolgschancen so gering, dass die meisten von ihnen es bei so vielen Frauen wie möglich versuchen, aber das geht natürlich effektiv nicht, wenn man jedes Anschreiben individuell und ausgiebig verfassen würde. Das führt wiederum dazu, dass die ersten Nachrichten der Männer von den Frauen eher abschätzig betrachtet werden, weil sie so lieblos hingeschissen wirken. Zwei Autorinnen vom Zoomer-Magazin ZEITjUNG haben sich mal rangesetzt und aufgeschrieben, was sich die holde Weiblichkeit denkt, wenn sie die Botschaften der Typen auf Tinder etc. oder auch später liest. Und wie sie selbst schon im Einleitungstext warnen: "Ihr armen Jungs, was ihr auch schreibt, es scheint nicht richtig zu sein."
1. „Hey“
Kommt da noch was?
Ich gebe zu, es ist nicht der Gipfel der Kreativität, aber auf der anderen Seite würde man im normalen Leben ja auch nicht jemanden zulabern, bevor derjenige nicht den Gruß erwidert hat.
2. „Heyy“
Ach komm‘ jetzt, wir sind keine 14 mehr.
Gibt aber ganz schön viele Frauen in den 20ern, die sich so benehmen. Einige davon werden in Fernsehtalkshows eingeladen oder sitzen im Bundestag und werden dann dafür als Musterfrauen gefeiert.
3. „Heyaa“
Zu viel Outcast gehört?
Immerhin, das Musikvideo ist ein Klassiker: Lauter Weiber bejubeln ekstatisch jemanden, der davon singt, dass er eigentlich nichts Ernstes will und seine Schnalle einfach nur vögeln möchte.
4. „Heeeey“
Heute sind wir aber euphorisch.
Für eine kurze Zeit, bis die Konfrontation mit der harten Realität den Lebensmut komplett schwinden lässt.
5. „Hey was geht“
Bin ich dir nicht mal ein Satzzeichen wert?
Mit so einer Laune? Nee.
6. „Hey was geht?“
Oh mein Gott, ich wurde gefriendzoned.
Frage an die mitlesenden Frauen: Versteht ihr eure Geschlechtsgenossinnen eigentlich selber immer? Wenn ja: Erklärt ihr mir bitte diesen Gedanken?
7. „Hey, wie geht’s Dir?“
Du Interpunktionsnerd.
Die Autorinnen haben nicht gelogen. Wenn man's richtig macht, ist es auch verkehrt.
8. „Was machst du?“Wenn ich dir auch schreiben soll, wenn ich geil bin, musst du halt vorher was bieten.
Schreibst du mir nur, wenn dir langweilig ist?
9. „Lass uns feiern gehen!“
Du willst mich also abschleppen.
Ja. Deswegen ist man auf einer Dating-Plattform.
10. „Lass uns ’nen Film schauen!“
Du willst mich also abschleppen.
Wenn du halt für nichts anderes zu gebrauchen bist?
11. „Hast du Lust, ins Kino zu gehen?“
Was Besseres ist dir echt nicht eingefallen?
Ficken. Aber man soll ja nicht mit der Tür ins Haus fallen.
12. „Hast du Lust auf Kaffee?“
Du gehst scheinbar gerne auf Nummer sicher.
Wer auf Nummer sicher gehen will, nimmt K.O.-Tropfen und keinen Kaffee.
13. „Liebe Grüße“
Wie alt bist du? 50?
So garstig wegen einer Höflichkeitsfloskel. Was für eine reizende Persönlichkeit, die will man doch gleich näher kennenlernen.
14. 🙂😉😊 in jedem Satz
Bist du Gefühlslegastheniker?
Voll ableistisch! Das sag ich dem Krauthausen, der überfährt dich mit seinem Rollstuhl!
15. Punkt-Punkt-Punkt in jedem Satz
Was…willst…du…mir…sagen?!
... ist S im Morse-Code. Der Schreiber zieht Nebenluft.
16. Punkt hinter jedem Satz
Okay. Hab’s verstanden. Du bringst es gerne auf den Punkt.
Man kann sich auch an jede Nebensächlichkeit klammern, wenn man jemanden runterputzen will, oder?
17. Ausrufezeichen hinter jedem Satz
Ja! Ist ja gut! Ich hör‘ dir zu! Versprochen!
Dass man immer erst laut werden muss, bis die zuhören. Tse.
18. Mehr als ein Ausrufezeichen in einem Satz
Schrei‘ mich nicht so an!!!
Wie soll man dich denn sonst dazu bringen, mich zu vergöttern?!
19. ALLES IN GROSSBUCHSTABEN
Du hast doch schon meine Aufmerksamkeit.
Das soll einen dezenten Hinweis auf die Penisgröße geben.
20. Direkte Antworten
Wow, wie versessen bist du?
Na gut, dann warte ich eine Stunde, bevor ich antworte.
21. Antworten nach einer Stunde
Was gab es in 60 Minuten Besseres zu tun?
Hey, die ganze Aktion war deine Idee!
22. Antwort nach mehreren Stunden
Alles klar, es gab wohl „Besseres zu tun“.
Unvorstellbar, dass man nicht die ganze Zeit am Handy hängen kann.
23. Antworten am nächsten Tag
Tsss… ich bin dir scheinbar nicht wichtig.
Wenn man zu schnell antwortet, denkt sie vielleicht, man wäre eine Schlampe.
24. Antworten Tage danach
Tschö mit Ö.
Und was, wenn man in der Zwischenzeit im Krankenhaus gelegen hat, weil man 20 Waisenkinder und 100 Tierbabys aus einem brennenden Haus gerettet hat? Kann eine Frau dann tatsächlich immer noch so grausam sein und ganz egoistisch den Zugang zu ihren Geschlechtsorganen verweigern?!
26. Die Nachricht kommt morgens
Bin ich das erste, an was du nach dem Aufwachen denkst?
Puh, ist das Weib wartungsintensiv.
27. Die Nachricht kommt nachmittags
Du hast scheinbar nichts zu tun.
Man stelle sich mal vor, man geht früh zur Arbeit, ackert acht Stunden ohne Pause, kommt nach Hause und möchte mit der Ische texten, die man kennengelernt hat, und die denkt nur: "Du hast scheinbar nichts zu tun." Dann doch lieber einen Hund, der freut sich immer, wenn man ihm Aufmerksamkeit gibt.
28. Die Nachricht kommt abends
Aha, du willst nicht alleine sein.
Na ja, fürs Wichsen muss ein Mann sich nicht bei einem Datingportal anmelden.
29. Die Nachricht kommt nachts um 2 Uhr
Bootycall?
Wäre das nicht ein bisschen zu spät dafür? Um 2 Uhr sollte man entweder schon bis zu den Eiern drinstecken oder in postkoitaler Entspannung schlummern.
Wir haben tatsächlich gelernt: Frauen kann man nichts recht machen. Und zumindest die Autorinnen können nicht zählen, Punkt 25 haben sie vergessen. Und ich wäre jetzt neugierig, was ihr davon haltet? Denkt ihr, der Artikel ist eine gekonnte Werbung für Gewalt gegen Frauen? Bei welchen Punkten hättet ihr dieselben Gedanken, und bei welchen kämt ihr nie darauf, so zu denken wie die Autorinnen? Und besonders für die Leserinnen: Welche Art typischer Nachrichten von Männern habt ihr in dem Text vermisst?
Kleiner Zwischenstand zu mir: Ich arbeite immer noch an ein paar neuen und relativ aufwendigen Sachen, die hoffentlich bald Früchte tragen werden. Nachrichten, Fotolovestories usw., aber etwas anders präsentiert. Dummerweise hat mich gerade wieder eine Erkältung niedergestreckt. Grmpf.
Ansonsten interessant: ASU hat wieder ein bisschen Arbeit in ihren Blog gesteckt. (Wer nicht weiß, wer das ist: Sie ist die Zeichnerin, die die Cover von "Mein Weg zur Weltherrschaft" und "Bob & Linda" gemacht hat, außerdem das Plakat von meiner letzten Lesung in Düsseldorf realisierte und ansonsten früher auch für Daedalic ("Deponia") und Goodgame arbeitete und nun als freiberufliche Illustratorin ihre Brötchen verdient.)
Wir lesen uns beim nächsten Mal. Bis dann!
Mitglied
Wenn ich die Statistiken übers Onlinedating richtig verstanden habe, dann ist es egal was Du schreibst, es zählt was Du bist. Siehst Du gut aus mit nem Topjob, dann kannst Du schrieben was Du willst, ist alles richtig. Onlinedating ist oberflächlich, aber das liegt in der Natur der Sache und gilt für beide Seiten. Du kannst ja nur beurteilen was Du siehst, also das Aussehen und das Profil. Wenn man sich live kennenlernt kann es ja auch z.B. die Stimme sein, die man anziehend findet, der Geruch und wenn man sich ne Weile unterhält ja auch der Rest des Menschen. Aber wenn ich dazu verdammt wäre, nur auf der Grundlage eines Bildes und einer kurzen Profilbeschreibung zu urteilen, wonach soll ich da gehen?
Ansonsten würde ich sagen, Frauen sind beim Onlinedating so ratlos wie Männer.