Klopfers Nachrichten - Yellow-Fever-Edition
Nuff! Ich grüße das Volk.
Nachdem sich die letzte Nachrichtenschau auf den indischen Subkontinent konzentrierte, werfen wir heute unseren Blick nach Ostasien, um aus dem Elend anderer Leute ein wenig Unterhaltung zu schöpfen. Vielleicht erspart euch das ja auch die Lektüre eurer Morgenzeitung. Steht eh nur immer der gleiche Mist drin.
Die Olympischen Spiele in Tokio haben begonnen - leider wesentlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit, weil Japan die Corona-Pandemie einfach nicht in den Griff bekommt und deswegen nicht nur ausländische Besucher ausgeschlossen hat, sondern auch die einheimische Bevölkerung nicht direkt dabei sein kann. Manche werden vielleicht wissen, dass dies nicht die ersten Olympischen Spiele in Tokio sind: 1964 hielt die Stadt die Spiele schon einmal ab und nutzte die zu einem großen Investitionsprogramm, aus dem der berühmte Schnellzug Shinkansen hervorging, der zum Vorbild für alle anderen modernen Schnellzüge wurde. Aber natürlich wurden auch viele Sportstätten neu gebaut, wobei diverse Wohngebäude weichen mussten. Ein Mann namens Kohei Jinno erinnert sich besonders gut daran, denn er und seine Familie verloren damals ihre Wohnung. Inzwischen ist der Mann 87 und die Erinnerung wurde vor fünf Jahren kräftig aufgefrischt: Für den Neubau eines Stadiums wurde ihm wieder die Wohnung gekündigt, ebenso wie knapp 200 anderen Haushalten. Sie wurden in anderen Wohnhäusern untergebracht, aber bekamen nur umgerechnet jeweils etwa 1300 Euro Umzugshilfe - viel zu wenig für die tatsächlich anfallenden Umzugskosten in Japan. Für seine Frau war der Umzug nach immerhin 50 Jahren eine schwere Belastung, sie starb zwei Jahre später. Immerhin dürfte Herrn Jinno eine weitere Wiederholung erspart bleiben; bis die nächsten Olympischen Spiele wieder in Tokio stattfinden, dürften noch einige Jahrzehnte ins Land gehen.
Von alt zu jung: Reden wir über japanische Schulen. Die sind als Spiegel der japanischen Gesellschaft sehr auf Gleichförmigkeit bedacht, und in diesem Bestreben, den Nagel, der aus der Wand ragt, einzuschlagen, werden gelegentlich ein paar Regeln eingeführt, die für unseren Geschmack ein wenig zu weit gehen.
Ein Beispiel dafür ist die Regel, die den Schülern das Haarefärben verbietet, damit alle Schüler einförmig schwarze Frisuren haben. Das führt einerseits dazu, dass so einige japanische Schüler am Freitagnachmittag ihre Haare bunt oder blond färben und am Sonntagabend wieder schwarz, was für die Haare sicherlich nicht gesund ist. Andererseits führt das aber auch dazu, dass Schüler mit anderer Haarfarbe dem Verdacht ausgesetzt sind, sich dem Haarfärbeverbot zu widersetzen, denn dass Japaner zum Beispiel auch braune Haare haben könnten, ist für so manche Direktoren wohl unvorstellbar. Bei einem Mädchen aus der Präfektur Osaka wurde das Haarfärbeverbot zu einem Haarfärbegebot: Sie sollte ihre Haare gefälligst schwarz tönen, damit sie nicht mehr so heraussticht. Dabei spielte auch eine Rolle, dass die Lehrer selbst dachten, die braunen Haare des Mädchens kämen aus der Flasche. Am Ende wurde sie sogar von der Schule suspendiert, weil sie ihre Haare nicht färben wollte. Die ganze Sache kam vor Gericht - mit einem unbefriedigenden Ergebnis: Das Gericht war der Meinung, dass das Haarfärbeverbot pädagogisch gerechtfertigt wäre (wobei sich der Richter nicht einmal die Mühe gab, selbst zu schauen, ob die Haare der Schülerin naturbraun waren), aber die Schule das Mädchen nicht vom Unterricht hätte ausschließen dürfen.
Auch unterhalb des Halses hielt man sich in japanischen Schulen nicht zurück: 14 Mittel- und Oberschulen in der Präfektur Saga schrieben ihren Schülern vor, dass sie nur weiße Unterwäsche zu tragen hätten, wohl damit sie nicht unanständig durch die Kleidung scheint. Das wurde dann von Lehrern überprüft, die dann entweder die BH-Träger der Mädchen durch den Kragen zogen oder den Schülern gleich beim Umziehen vor oder nach dem Sport zuschauten. Inzwischen hat die Schulverwaltung der Präfektur allerdings dafür gesorgt, dass diese Regel gestrichen wird. Nebenbei wurden da auch andere absurde Regeln abgeschafft. So gab es in zwei Schulen ein Verbot, sich eine Decke über den Schoß zu legen (japanische Schulen sind oft im Winter nicht geheizt).
Weiße Unterwäsche in der Mittelschule könnte aber für manche Schüler immerhin eine Verbesserung im Vergleich zur Grundschule sein: In der Stadt Kawasaki wurde an einigen Grundschulen das Tragen von Unterwäsche im Sportunterricht verboten. Die Begründung für diese Regel (von der ich immer noch den Verdacht habe, dass sie von Paedobear und Shotacat eingeführt wurde): Die Kinder sollen nach dem Sport nicht die verschwitzte, feuchte Unterwäsche tragen müssen. Da nun aber aufgebrachte Eltern die Sinnhaftigkeit dieser Regeln infrage gestellt haben, hat sich der städtische Superintendent für Bildung dafür ausgesprochen, dass die betreffenden Schulen doch bitte genau prüfen mögen, ob es nun tatsächlich unbedingt nötig sei, dass all die Kinder nackig in ihre Sportkleidung steigen.
Auch in der Präfektur Mie hat man mal bei den Schulen nachgeguckt, was für absurde Regeln einige von denen eingeführt hatten. Von 54 befragten Schulen verboten 24 eine bestimmte Frisur, 17 verlangten von ihren Schülern Bescheinigungen zur Haarfarbe und -qualität, um gefärbte Haare auszuschließen, und 18 Schulen untersagten ihren Schülern romantische Beziehungen untereinander. Diese Regeln sind nun aber alle abgeschafft worden. Nicht, dass die Schüler jetzt bei all der neugewonnenen Freiheit komplett asozial werden!
Wenn einem die Schule dauernd mit seltsamen Regeln ankotzt, ist man sicher ganz froh, wenn man gepflegt mit Computer- und Videospielen den Frust vergessen kann. Eines der beliebtesten Multiplayerspiele in Japan ist "Apex Legends". Doch wie einige Japaner festgestellt haben, kann selbst das arglose Abknallen von Gegnern unvermittelt enden, wenn man sich überraschend eine Sperre wegen Hassrede eingefangen hat. Das Problem: Die KI, die dafür sorgt, dass man in einem Spiel, in dem man aufeinander schießt, verbal immer schön keusch bleibt, lässt sich von einem bestimmten Wort triggern: 逃げろ heißt "Renn!" oder "Lauf!" - und wird "nigero" ausgesprochen. Ihr seht das Problem. Ironischerweise ruft sogar ein Charakter des Spiels dieses Wort, wenn er eine Granate schmeißt.
Ähnliche Probleme plagen aber nicht nur Japaner: Im letzten Jahr wurde ein Twitch-Streamer gesperrt, weil er sich beim Spielen von World of Warcraft darüber freute, einen Naga erschossen zu haben. (Die Naga sind eine Rasse im Spiel.)
Wenn man nicht mehr spielen darf, hat man immerhin Zeit für eine Freundin - oder auch ein paar mehr. Im April wurde ein 39-jähriger Mann in Osaka verhaftet, der sich sogar mindestens 35 davon zugelegt haben und ihnen die Ehe versprochen haben soll. Das tat er aber nicht aus überschäumender Potenz, sondern aus materiellen Gründen: Er nannte jeder Frau ein anderes Geburtsdatum, um Geburtstagsgeschenke einzusacken. Mir scheint allerdings, dass er den Haken an der Sache noch nicht so ganz erkannt hat. 35 Freundinnen wollen auch an 35 Tagen im Jahr selbst Geburtstagsgeschenke haben, und dann geht all das flöten, was man durch deren Großzügigkeit vorher gewonnen hat. Offenbar ist der Mann also äußerst charmant, aber doch ein bisschen dämlich.
Wofür ist der Notruf da? Ganz offensichtlich nicht zur Geruchsberatung. Das musste eine 76-Jährige in Hiroshima lernen, die Ende Mai arglos bei den Helfern anrief und fragte, was sie gegen den Gestank machen kann, den die Leiche ihres Sohnes absonderte. Prompt wurden sowohl Feuerwehr als auch Polizei in die Wohnung der Frau geschickt, wo tatsächlich der 53-jährige Sohn im fortgeschrittenen Verwesungsstadium im Bett lag. Der Mann war offenbar ohne Fremdeinwirkung Mitte Mai verschieden, seine Mutter bekam trotzdem eine Anzeige, weil sie den Tod nicht gemeldet und somit die ordnungsgemäße Entsorgung des Leichnams verhindert hat.
Für die nächste Meldung (die Japan und China betrifft), muss ich etwas ausholen. Ich hatte mal erwähnt, dass ich Vtuber mag. Das sind Videostreamer, die statt ihrer echten Visage einen virtuellen Avatar benutzen, der ihre Mimik widerspiegelt, meist eine Animefigur. Eine der bekanntesten Vtuber-Agenturen in Japan ist Hololive, und eines ihrer Talente war Coco Kiryu. Die junge Frau ist (zumindest teilweise) japanischer Abstammung und lebt auch in Japan, aber ist in den USA geboren und aufgewachsen. Sie hat (dank ihrer Zweisprachigkeit) unheimlich viel getan, um Vtuber im Westen bekannt zu machen und Brücken zu bauen, und wird in der Szene hoch verehrt. Sie ist auch derzeit die absolute Spitzenreiterin in der Welt, was Superchats angeht. (Superchats sind bezahlte Chatmitteilungen auf Youtube, bei denen die Streamer dann einen Teil des Geldes abkriegen.) Ihren Nachnamen Kiryu wählte sie, weil sie ein Fan der Yakuza-Videospielreihe von Sega ist und dort der Hauptcharakter Kazuma Kiryu heißt.
Im Herbst letzten Jahres gab es eine heftige Kontroverse um Coco: Sie zeigte in ihrem Stream die Youtube-Analyse ihrer Besucher, wo auch zu sehen war, aus welchen Ländern ihre Zuschauer kommen. In der Liste: Taiwan. Diese bloße Erwähnung kam in der Volksrepublik China nicht gut an: Sie wurde gedoxxt, bedroht, ihre Chats wurden von wütenden Chinesen (und chinesischen Spambots) geflutet. Selbst Hololive-Kolleginnen, mit denen sie gemeinsame Streams machte, wurden dann Opfer dieser Spamattacken, was dazu führte, dass Coco lange Zeit gar keine Collabs machte, weil sie ihre Freundinnen nicht mit reinziehen wollte in diesen Schlamassel. Natürlich war das eine schwere psychische Belastung für die junge Frau. Die Agentur verordnete ihr zwar eine dreiwöchige Zwangspause, aber stellte sich ansonsten hinter sie: Entgegen der Forderungen der Chinesen wurde sie nicht gefeuert. In China wiederum wurde der Ton schärfer: Chinesische Firmen boykottierten Hololive, Spielehersteller zogen Genehmigungen für Spiele-Streams zurück. Der chinesische Zweig von Hololive wurde ganz eingestellt, nachdem sich herausstellte, dass die Mehrheit der sechs chinesischen Hololive-Streamer diese Angriffe auf Coco unterstützte. Man sieht also: ein riesiger Clusterfuck wegen einer Nichtigkeit.
Die Stärke der Angriffe der chinesischen Trolle nahm mit der Zeit ab, teilweise, weil sich viele der Chinesen zurückzogen oder von Pro-Hololive-Chinesen bei den Behörden verpetzt wurden (schließlich mussten die Angreifer die chinesische Firewall überwinden, um überhaupt auf Youtube zugreifen zu können), teilweise aber auch, weil Youtube aktiv die Trollangriffe auf Cocos Kanal benutzte, um ihre Spamabwehr zu testen und zu optimieren. Ganz hörte das aber nicht auf.
Anfang Juli hat Coco dann ihre Hololive-Karriere beendet. (Vermutlich teilweise wegen der Angriffe, aber auch, weil sie sich kreativ freier entfalten möchte.) Ihr Abschiedsstream war ein großes Ereignis, unter den Top 10 der meistgesehenen Livestreams in der Youtube-Geschichte. Zum Abschied tweetete Takaya Kuroda, der Sprecher des besagten Yakuza-Protagonisten Kazuma Kiryu, eine Dankesbotschaft an Coco.
Jetzt kommt's: Eine chinesische Raubkopierseite war von diesem Tweet so angepisst, dass sie angekündigt hat, die komplette Yakuza-Reihe nicht mehr zum Download anzubieten. Da haben sie es Sega und Coco aber so richtig gezeigt. Davon erholen die sich nie.
Auf etwas höherer Ebene sorgte eine andere Sache für Verstimmung zwischen Japan und China - und diesmal sind auch die US-Amerikaner betroffen. Das hat wieder etwas mit dem Coronavirus zu tun. Fleißige chinesische Forscher hatten nämlich herausgefunden, dass sich eine Covid-Erkrankung nicht nur durch Abstriche im Nasen- oder Rachenraum nachweisen lässt, sondern auch durch Abstriche an Ausgang A. Und die Ergebnisse sollten angeblich sogar zuverlässiger sein als die anderen. Also führte China derartige PCR-Tests für Einreisende an chinesischen Flughäfen ein. Komischerweise wurden nicht alle Ankömmlinge durch anale Abstriche getestet: Vornehmlich japanische Staatsbürger und Vertreter der amerikanischen Regierung wurden der Prozedur unterzogen, was den Verdacht aufkommen lässt, dass es hier nicht nur um den Wunsch nach möglichst präzisen Testergebnissen ging. (Bei der Einreise nach Japan muss man übrigens derzeit angeben, wo der Abstrich für den letzten Covid-Test abgenommen wurde. Es gibt kein Feld in dem Formular für die Poperze.) Die amerikanische und die japanische Regierung protestierten, woraufhin China versprach, seine Testprozeduren anzupassen. Aber ich stelle mir vor, dass man sich in Peking eins feixte, weil man immerhin für kurze Zeit damit durchgekommen war.
In Deutschland sind Kaffeefahrten etwas aus dem Bewusstsein geraten, auch wenn es vor Corona sicherlich immer noch vorkam, dass Rentner auf Busausflügen dazu gezwungen wurden, sich Verkaufsveranstaltungen anzutun und sich dabei Decken, Pillen oder allerlei Tand für Wucherpreise andrehen ließen. In China gibt es das Problem offenbar auch, allerdings noch eine Spur makabrer. Die Behörden in der Volksrepublik ermitteln gegen einen Reiseveranstalter, der versprach, die Senioren mit dem Bus zu einem schönen Ort mit fantastischer Aussicht zu bringen. Stattdessen endete die Reise auf einem Friedhof. Nicht wegen eines grausamen Unfalls: Die Reisegruppe wurde am Friedhof ausgeladen und "durfte" sich dann dort so eine zwielichtige Verkaufsveranstaltung anschauen. Leider berichtete die BBC nicht, was man den Damen und Herren da verkaufen wollte. Ich tippe mal auf Urnen und Grabsteine.
China hadert aber nicht nur mit dem Umgang mit alten Leuten, sondern auch mit jungen. Genauer: mit den jungen Männern, denn die brauchen Eier! Man ist in China besorgt, weil so viele junge Männer gar nicht mehr kernig und männlich sind, sondern als Vorbilder prominente Softies wählen, die in Boybands die Damenwelt verzücken. Nun kann man mit solchen Weicheiern keinen Krieg gewinnen, und so ganz will man ja nicht ausschließen, dass es irgendwann mal wieder knallt. Außerdem macht man sich Sorgen, dass man beim Fußball in internationalen Wettbewerben gar kein Bein mehr auf den Boden kriegt, wenn die ganzen Spieler wie Mädchen spielen. Das Bildungsministerium unterstützt also jetzt Anstrengungen, die Feminisierung der heranwachsenden Jungen Chinas zu verhindern. (Vielleicht sollte man da auch mal nachgucken, ob sich da Weichmacher in Plastikflaschen negativ auswirken. ) Die Öffentlichkeit ist allerdings nicht so begeistert und findet die Initiative sexistisch, zumal dank der Ein-Kind-Politik ein starker Männerüberschuss herrscht und so allein zahlenmäßig genug Männlichkeit vorhanden sein müsste. (Gut, das überzeugt mich jetzt nicht. Zwei Schluffis zusammen ergeben immer noch keinen Rambo. Und als jemand, der vergleichsweise wenig männlich ist, glaube ich auch nicht, dass ich dadurch irgendeinen Vorteil gehabt habe, ganz im Gegenteil. Würde ich also auch nicht weiterempfehlen.)
Wenn man heiraten will, ist man oft ein wenig nervös, wenn man seinen Eltern den zukünftigen Ehepartner vorstellen will. Bei einer Hochzeit in der chinesischen Jiangsu-Provinz hat ein Bräutigam diesen Moment anscheinend sehr lange hinausgeschoben, denn offenbar erblickte seine Mama die Braut vor der Trauung zum ersten Mal. Das ist nicht die ganze Wahrheit: Ein Muttermal auf der Hand der Schwiegertochter kam der Mutter bekannt vor - von ihrer eigenen Tochter, die sie über 20 Jahre zuvor ausgesetzt hatte. Tatsächlich war die Braut adoptiert worden und in Wirklichkeit die leibliche Tochter der Schwiegermutter, und das ist vermutlich das erste Mal, dass so ein Satz geschrieben wurde. Jetzt gab es nur noch einen Haken: Leibliche Geschwister sollten vielleicht besser nicht heiraten, wenn man nicht gerade in Ägypten Pyramiden bauen will. Doch die Mutter konnte ihre wiedergefundene Tochter beruhigen: Der Sohn war selbst auch adoptiert, weswegen keine Blutsverwandtschaft bestand und die Hochzeit wie geplant vonstattengehen konnte. Warum man ein leibliches Kind aussetzt und ein anderes adoptiert, dürfte wohl dennoch in Zukunft häufiger Gesprächsthema zwischen Mutter und Tochter sein.
Wenn Ehen geschlossen werden, können sie auch enden. Bislang war das in China relativ schnell möglich, wenn sich beide Partner einig waren. Nun allerdings hat China eine einmonatige "Abkühlzeit" eingeführt: Ein Paar, das sich einvernehmlich scheiden lassen will, muss die Auflösung der Ehe nach einem Monat erneut beantragen. (Ein einseitiger Wunsch nach Scheidung muss per Gerichtsentscheid herbeigeführt werden, aber das kann ein halbes Jahr bis zwei Jahre dauern.) Die neue Regelung ist ein Teil der Anstrengungen der chinesischen Regierung, wieder mehr stabile Ehen und Geburten zu fördern, weil nach der langen Zeit der Ein-Kind-Politik eine Vergreisung der Bevölkerung droht. Trotz Kritik war die Bedenkzeit in den ersten drei Monaten offenbar ein Erfolg: Die Zahl der Scheidungen ging im Vergleich zum letzten Quartal vor der Gesetzesänderung um 72 Prozent zurück und um knapp 50 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Vorjahr. Und ich überlege jetzt, wie viel mehr Scheidungen es in Deutschland geben würde, wenn es das Trennungsjahr nicht gäbe.
Chinesische Zoos haben aus gutem Grund einen schlechten Ruf. Oft werden miserable Haltungsbedingungen beklagt, mehrmals wurde berichtet, dass Hunde in diversen Zoos Löwen und Wölfe doubeln müssen, ein Zoo, der mit exotischen Tieren warb, präsentierte seinen Besuchern gar (neben Hähnen, Gänsen und einer Schildkröte) aufblasbare Pinguine. Ein Safari-Park in Hangzhou war besser ausgestattet: Er hatte tatsächlich drei Leoparden. Und dann hatte er sie plötzlich nicht mehr, denn die Raubkatzen waren ausgebüchst. Zwei konnten zwar wieder eingefangen werden, der dritte weigerte sich aber standhaft, wieder heimzukehren. Das ist natürlich eher suboptimal, aber der Safari-Park hatte eine fast todsichere Methode, um seinen Ruf zu schützen: Man sagte der Bevölkerung einfach nicht, dass ihre Nachbarschaft womöglich das neue Jagdrevier eines entflohenen Raubtiers ist. Erst als Anwohner die Miezekatze erblickten, konnte man den Vorfall nicht länger leugnen. Bisher scheint der Leopard aber noch keine Lust auf Chinesisch gehabt zu haben... oder es fällt in der Masse einfach nicht auf, wenn ein paar Leute fehlen.
Verlassen wir zum Abschluss die Volksrepublik und werfen einen Blick auf Taiwan. Und wieder müssen wir über Hochzeiten und Scheidungen reden, denn ein Bankangestellter in Taipei war im Frühjahr 2020 besonders eifrig: Er heiratete viermal dieselbe Frau und ließ sich direkt nach drei der Hochzeiten wieder scheiden. Das sollte man aber nicht als Unschlüssigkeit werten: Nach taiwanesischem Arbeitsrecht stehen einem Angestellten nach einer Hochzeit acht Tage bezahlter Urlaub zu. Da der Mann viermal heiratete, war er also der Meinung, dass ihm nun 32 Tage bezahlter Urlaub zustünden. Die Bank wollte aber nur die acht Tage für die erste Hochzeit bewilligen. Der Mann beschwerte sich bei der zuständigen Behörde wegen des Rechtsverstoßes. Zwei Gerichte entschieden (mit merkbarem Zähneknirschen), dass der Angestellte zwar unethisch, aber nicht rechtswidrig gehandelt habe und ihm tatsächlich dieser Urlaub in vollem Umfang zustehen würde. Die Bank musste eine Strafe zahlen. Vielleicht sollte also auch die Republik China wie die Volksrepublik eine Bedenkzeit für Scheidungen einführen...
Ich denke, damit ist dieser Eintrag lang genug und ihr umfassend darüber informiert, was in Ostasien in den letzten paar Monaten passiert ist.
Außerdem möchte ich euch darauf hinweisen, dass es immer noch zwei Mängelexemplare von "Bob & Linda" im Shop gibt (und natürlich auch noch jede Menge unversehrter Exemplare). Ich habe vor ein paar Tagen selbst wieder mal das Buch gelesen und fand es immer noch gut.
Ich bedanke mich für eure Aufmerksamkeit!
PS: Ich habe mir einen Gendersprachratgeber bestellt. Ich denke, ihr dürft euch auf eine Lästerei dazu freuen.
Premiummitglied
Danke @Klopfer für einen Einblick in das asiatische Kuriositätenkabinett.
Dass der selbe Mensch 2 Mal das "Glück" hatte für die olympischen Spiele umgesiedelt zu werden ist ja echt bitter und dürfte ähnlich wahrscheinlich wie ein 6er im Lotto sein.
Allerdings stellt sich die Frage: Wie wahrscheinlich ist dann erst die Geschichte mit der verstoßenen Tochter, die den adoptierten Sohn heiratet? Gerade in einem Land wie China?
Was die femininen Männer anbelangt: Vielleicht sollten die Chinesen die toxisch maskulinen Europäer importieren und die eigenen Softies exportieren. Dann wären doch alle glücklich. Inklusive der Feministinnen.
Das mit den PCB-Tests ist natürlich für den Arsch!
Die Kaffeefahrt ist auf den Friedhof ist jetzt auch mal eher makaber.
Das mit den Scheidungen wundert mich allerdings nicht wirklich. Wenn man keine Hürde hat, dann kann es natürlich bei einem heftigen Streit schon dazu kommen, dass beide sagen: "Verpiss dich! Ich lass mich scheiden!". Dann geht man zum Amt und zieht das durch. Wenn man einen Monat darüber nachdenken muss, kommt man doch oft zu einem anderen Ergebnis, nämlich, dass es halt ein böser Streit war, man den anderen aber vielleicht doch noch gern hat.
Ob es wie bei uns jetzt ein ganze Jahr sein muss? Das steht auf einem anderen Blatt. Das kann manchmal schon auch besondere Härten verursachen.
Der entlaufene Leopard arbeitet wahrscheinlich irgendwo inkognito im Krankenhaus als Arzt. Da sorgt er dafür, dass ab und an ein Patient stirb und schnappt ihn sich dann. So wird er ewig unerkannt weiterleben. :jawoll:
Und der Mann aus Taiwan ist halt clever. Wenn die Gesetze so sind, dann schreit das ja eigentlich nach so einer Aktion. Erstaunlich ist nur, dass die Frau da auch mitspielt. Immerhin muss die sich auch jedes Mal scheiden lassen und wenn der Mann irgendwann doch nicht mehr will?
@P.S. Ich habe Angst!