Carrie
Carrie Fisher ist tot. Sie ist im Mondlicht ertrunken, stranguliert von ihrem eigenen BH.
Das ist nicht die ganze Wahrheit, aber sie wünschte sich das als Nachruf, egal wie sie wirklich sterben würde. Leider war es dann doch an den Folgen eines Herzinfarkts. Carrie Fisher ist natürlich jedem bekannt als die Darstellerin von Prinzessin Leia aus Star Wars. Das war ehrlicherweise auch der Hauptgrund, weswegen ich mich vor fünf Jahren für ihr Buch "Prinzessin Leia schlägt zurück - Mein verrücktes Leben zwischen Kokain, Elektroschocktherapie und einem schwulen Ehemann" interessierte. (Im Zuge des Erscheinens von Star Wars Episode VII wurde das Buch inzwischen neu als "Vom Erwachen der Nacht - Mein verrücktes Leben zwischen Drogen, Depressionen und einem schwulen Ehemann" aufgelegt, was auch wieder einiges über das Verlagswesen aussagt. )
Aber in dem Buch lernt man viel über den Menschen Carrie Fisher, eher weniger über ihre Star-Wars-Erlebnisse (darüber schrieb sie auch ein Buch, aber das gibt es noch nicht auf Deutsch). Sie war die Tochter von Hollywoodstar Debbie Reynolds (bekannt aus "Singin' in the Rain" mit Gene Kelly) und dem Schnulzensänger Eddie Fisher, der mehr dafür bekannt war, durch fremde Betten zu turnen. Sie erlebte eine komplett unnormale Kindheit in Luxusvillen und Filmsets, umgeben von den schönen und den unschönen Seiten der Traumfabrik. Sie liebte Bücher und schrieb Gedichte, aber ihr eigener Eintritt ins Showbiz verhinderte, dass sie je einen Schulabschluss machte.
Ihre bipolare Störung führte sie dazu, dass sie sich Alkohol, Drogen und verschreibungspflichtigen Medikamenten hingab (was wiederum ihre Teilnahme am Star Wars Holiday Special erklärt ), und es dauerte lange, bis sie ihr Leben wieder in Griff bekam, inklusive einiger Rückschläge. Ihre Depressionen ließ sie schließlich mit Elektroschocks behandeln - eine Behandlungsmethode, die in Filmen immer ziemlich barbarisch dargestellt wird, aber in ihrem Buch stellt sie klar, dass diese Therapie für sie die Rettung war, um ihren Kopf wieder klarzukriegen, auch wenn das zu einigen Gedächtnislücken führte. Ihr offener Umgang mit ihren psychischen Erkrankungen und ihrer Drogen- und Alkoholsucht machte es hoffentlich vielen Menschen leichter, sich Hilfe zu suchen.
Was mich an ihrem Buch (welches auf einer One-Man-Show basierte, mit der sie auftrat) auch besonders beeindruckte, war der Humor, mit dem sie sich, ihr in vielen Dingen ganz schön verzwicktes Leben und all die bizarren Begebenheiten darin sah. Ein Freund, der bei der Übernachtung in ihrem Haus stirbt? Ein Ehemann, der sie für einen Mann verlässt? Ein Vater, den sie mehr im Fernsehen als im realen Leben sah? Sie schaffte es, in allem irgendwie eine Prise Humor zu sehen. Ihre Tochter verkündete, sie würde gerne Komikerin werden. Wenn der Apfel nicht weit vom Pferd fällt, hat sie gute Voraussetzungen.
Nicht im Buch behandelt wird die andere Karriere von Carrie Fisher. Manche mögen sie als eher gescheiterte Schauspielerin betrachtet haben, die ihren Karriere-Höhepunkt mit 19 Jahren hatte, aber sie war auch Schriftstellerin, Drehbuchautorin und gefragter Script-Doctor, polierte und verbesserte also Drehbücher, ohne dafür im Abspann genannt zu werden. "Hook", "Lethal Weapon 3", die Episoden 1-3 von Star Wars (wer weiß, wie beschissen die Filme sonst erst gewesen wären) und "Mr. & Mrs. Smith" sind nur ein paar Beispiele für Filme, bei denen sie Hand anlegte.
Mit ihr ist ein Original verstorben, eine wirklich interessante Frau und ein Mensch, der sich - vermutlich ziemlich untypisch für Hollywood - nie selbst allzu ernst nahm. Stephen Fry tweetete vorhin die letzten drei Geschenke, die Carrie Fisher ihm gab. Und sie hat mir damit wohl einen letzten großen Lacher verschafft. Danke.
Mitglied
Ich bin normalerweise eiskalt und emotionslos bei Todesfällen, aber dein Nachruf hat mich wirklich berührt, Klopfer. Und nebenbei ist er auch noch sehr informativ.
Ich glaube ich verzichte dann Mal auf die Nachrufe der "Profis" in den üblichen Portalen..