Klopfer im Sex-Shop
Nachdenklich schaute Sabine auf ihre Fingernägel. Könnten mal wieder abgefeilt werden. Sie seufzte und hoffte, dass niemand ihrer Kommilitonen in den Laden kommen würde. Sie hatte diesen Job im „Blue Balls Erotic Store“ nur angenommen, weil ihre Eltern drauf bestanden, dass sie zumindest die Miete fürs WG-Zimmer alleine bezahlen würde. Und keine Fressbude im näheren Umkreis hatte Bedarf an der jungen Frau, die zu zart besaitet schien, um den hektischen Alltag in einer Küche zu bewältigen. Nun musste sie also Gummi-Mösen und Pornos verkaufen. Da gab es offenbar keine Bedenken, ob sie dafür zu zartbesaitet war. Sie ließ den Kopf auf die Ladentheke sinken.
„Brauchen Sie ne Minute?“, tönte eine Stimme. Sabine blickte hoch. Vor der Theke stand ein großer Hase, der sie skeptisch anguckte und einen großen Pappkarton auf die Tischplatte schob. Hektisch richtete sie sich auf und versuchte, möglichst professionell auszusehen.
„Sie, äh, wollen also den Penetrator 3000 gefühlsecht kaufen?“, fragte sie mit einem Seitenblick auf den bunt bedruckten Karton. Normalerweise hatte dieses Produkt eine etwas andere Zielgruppe. Bei näherer Überlegung zielte wohl keine der Waren in diesem Laden wirklich auf Hasen ab.
Der Hase schüttelte den Kopf: „Nein, aber ich wollte mit Ihrem Chef darüber reden. Ist er da?“
Sabine schaute sich verunsichert um: „N-n-nein, aber vielleicht kann ich Ihnen ja helfen, Herr…“ Eigentlich war es tabu, die Kunden dieses Ladens um Namen zu bitten, wenn es nicht wirklich nötig war, aber daran dachte sie gerade nicht. Es war einfach eine zu bizarre Situation.
„Klopfer“, räusperte sich der Hase. „Einfach nur Klopfer.“ Er holte aus seiner Umhängetasche einen Stapel Papier. „Ich will 250.000 Euro als Wiedergutmachung für das Unrecht, welches mir durch den Verkauf dieses Dildos widerfährt. Und 20 Prozent Gewinnbeteiligung für alle weiteren Verkäufe.“
„W-welches Unrecht?“, fragte Sabine verdutzt.
„Dies ist zweifellos eine genaue Kopie meines Gemächts! Präzise bis zu den Adern!“, rief Klopfer anklagend. „Dies ist eine geradezu unerhörte Verletzung meines Persönlichkeitsrechts und bestimmt auch meines Urheberrechts! Und Ihr Chef dachte, er käme damit durch, weil er meinen Namen nicht auf die Packung druckte! Aber so nicht! Und die Beleidigung verzeihe ich ihm auch nicht!“
„Was für eine Beleidigung denn?“
„Der ist verkleinert worden!“, empörte sich der Hase. Sabine schaute skeptisch auf den unterarmgroßen Dildo, der in dem Sichtfenster des bunten Kartons zu sehen war, und beugte sich dann leicht über die Theke, um den Unterleib des Hasen zu begutachten. Sie schüttelte zweifelnd den Kopf.
„Hey, es ist kalt hier!“, protestierte Klopfer. „Wenn Sie kosten wollen, können wir uns gerne später mal privat treffen, aber jetzt geht es ums Geschäft. Also, wo ist Ihr Chef?“
„Ich weiß nicht, er … Ah, da kommt er gerade!“, rief Sabine erleichtert, als sie den kahlen Kopf ihres Chefs erblickte, der gerade durch die Ladentür schritt.
„Herr Harten? Dieser Hase… Herr hat eine Beschwerde!“, informierte sie ihren Arbeitgeber.
Bevor dieser den ungewöhnlichen „Kunden“ begrüßen konnte, trafen ihn schon die bohrenden Nachfragen des Hasen, der dabei im Papierstapel in seinen Pfoten blätterte.
„Herr Harten, Sie sind also der Gründer und Chef der ‚Blue Balls Erotic Store‘-Kette, richtig?!“
Der Angesprochene nickte. „Äh, ja, Herr…“
„Klopfer. Sie kennen mich zweifellos, also lenken Sie nicht ab. Sie lassen auch den Penetrator 3000 gefühlsecht produzieren, ja?“
„Ja, der ist einer der Bestseller unserer Eigenmarke…“, erwiderte Harten, der immer noch keine Ahnung hatte, worum es ging, aber den starken Verdacht hatte, dass er es nicht mögen würde.
„Aha!“, rief Klopfer triumphierend. „Gut zu wissen, ich mach 500.000 Euro draus.“ Er kritzelte etwas auf einen der Zettel in seiner Pfote.
„Herr Klopfer sagt, der Penetrator wäre eine Abbildung seines … Geräts, und deswegen will er Geld“, fasste Sabine hilfreich zusammen.
Harten blinzelte verblüfft. „Das ist ein Scherz, oder?“
„Ich versichere Ihnen, mein Penis ist kein Scherz!“, bekräftigte Klopfer.
„Aber dieser Dildo ist doch …“, hob Harten an.
„Ein exaktes Abbild! Das Fräulein kann’s bestätigen. Morgen.“ Klopfer zwinkerte Sabine zu, die knallrot wurde und am liebsten im Erdboden versunken wäre.
„WAS? Sie wissen doch, dass Sie mit Kunden nicht anbandeln dürfen!“, empörte sich Harten.
„Aber ich …“, versuchte Sabine sich zu verteidigen, wurde jedoch von Klopfer unterbrochen.
„Wagen Sie es nicht, die Wahrheitsfindung zu beeinflussen, Herr Harten! Ich habe 12 Jahre Jura im Internet studiert, ich kenne meine Rechte, die Rechte der jungen Dame und Ihre Rechte. Und lassen Sie mich klarstellen: Sie haben keine!“ Klopfer hatte sich so in Ekstase geredet, dass er während seiner Rede auf die Theke geklettert war und am Ende eine triumphierende Pose einnahm, während seine Pfote anklagend auf den etwas verzweifelt wirkenden Herrn Harten zeigte.
„Aber Herr Klopfer, Ihr Gemächt ist doch niemals so groß!“, rief Harten.
„Ha! Haben Sie das gehört?“, sprach Klopfer ein Pärchen an, das gerade den Laden betrat. „Der Chef pöbelt einfach seine Kunden an und versucht, sie wegen ihrer Genitaliengröße zu beschämen! Ist das nicht unerhört!“
Die beiden schauten entsetzt auf den Chef. „Aber bitte, das ist ein Missverständnis!“, rief dieser.
„Und außerdem findet er Ihre Freundin potthässlich!“, fügte Klopfer hinzu.
„Das hab ich doch gar nicht gesagt!“
„Also wollen Sie selbst mit ihr schlafen und machen deswegen abfällige Bemerkungen über die Penisse anderer, um sich interessanter zu machen?! Sie widerlicher Mensch!“, schwang sich Klopfer zum Anwalt der Unterdrückten auf.
„Nein, natürlich nicht, ich würde nie mit dieser Frau schlafen!“, beteuerte Harten.
„Also finden Sie sie doch potthässlich!“, schlussfolgerte Klopfer. Er wandte sich dem Pärchen zu: „Es tut mir leid, was Ihnen dieser Mensch antut. Er ist ein Monster. Er hat mich jahrelang ausgebeutet, und nun geht er auf Sie los.“
Die beiden blickten zornig auf den Inhaber, bis die Frau schließlich den Arm ihres Liebhabers ergriff und sagte: „Komm, Schatz, wir gehen! In so einem Laden kaufen wir nicht ein!“ Wutschnaubend verließen sie das Geschäft, und die Glocke an der Tür vermochte nicht, das Gezeter der beiden zu übertönen.
Herr Harten schaute fassungslos hinterher.
„Ich werde dafür sorgen, dass das öffentlich gemacht wird!“, sprach Klopfer. „Vor Ihren Machenschaften muss die Gesellschaft gewarnt werden! Ich kenn da jemanden, der fürs Fernsehen arbeitet …“
„Das können Sie doch nicht tun! Mein Lebenswerk! Ich bitte Sie!“ Herrn Harten war zum Heulen zumute. „Das letzte Quartal war das erste seit fünf Jahren, in dem ich wieder schwarze Zahlen geschrieben habe! Die Bankkredite müssen bedient werden, meine Familie und meine Angestellten würden auf der Straße landen! Ich flehe Sie an! Bitte!“
Klopfer setzte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck auf, brummte kurz und sprach: „Nun gut. Ich bin ja ein Freund des Handwerks und seiner Zulieferer. Ich bin bereit, einen Kompromiss zu schließen.“
Herr Harten horchte auf. „Einen Kompromiss? Welchen?“
„Ich kriege für die nächsten 40 Jahre jede Woche bis zu zwei Kilo Schmuddelfilme und Ferkelhefte gratis. Und Ihre Angestellte kriegt für unsere Verabredung ein paar heiße Fummel aus Ihrem Sortiment umsonst!“ Klopfer gab sich Mühe, besonders großzügig zu klingen.
„Aber sie darf doch nicht…“, wandte Harten ein, wurde aber wieder von dem Langohr unterbrochen.
„Fassen Sie sich ein Herz, Mensch! Sehen Sie nicht, dass das Mädchen in glühender Liebe zu mir entbrannt ist? Schnuppern Sie nicht das Aroma ihrer zügellosen Erregung, die mit jedem meiner Worte stärker wird? Hören Sie nicht die Tropfen der Lust aus ihrer zarten Liebesblüte aufs kalte Laminat plätschern? Wollen Sie sich ihrem Glück so entgegenstellen?“, redete der Hase ihm ins Gewissen, während Sabine hinter der Theke wieder knallrot wurde, das Gesicht in ihren Händen vergrub und überlegte, ob sie die Miete für ihr WG-Zimmer nicht auch mit dem Austragen von Zeitungen verdienen könnte.
Hartens Blick wanderte zwischen den Regalen, dem großen Hasen vor ihm und der verlegenen jungen Frau hinter dem Tresen hin und her, und mit einem tiefen Seufzen rief er: „Na gut, Sie haben gewonnen! Suchen Sie sich was aus, ich kann nicht mehr!“
Klopfer nickte zufrieden und zog ein vorbereitetes Blatt Papier aus seiner Tasche, auf dem bereits alle Bedingungen – inklusive der Kleidung für die Verkäuferin – aufgedruckt waren. „Bitte unterschreiben Sie“, hielt Klopfer dem gebrochenen Ladenbesitzer einen Kugelschreiber hin. Als der Kuli über das Papier kratzte, konnte sich der Mann nicht des Eindrucks erwehren, dass er übers Ohr gehauen wurde.
Der Hase bummelte fröhlich pfeifend durch den Laden und packte hier und da etwas in seine Tasche, während Chef und Angestellte sichtlich bemüht waren, sich nicht in die Augen zu schauen. Schließlich war der Mümmelmann fertig und warf noch ein schwarzes Stretchkleid, Nylonstrümpfe und einen Ministring auf die Theke. Er schaute Sabine lächelnd in die Augen und reichte ihr eine Visitenkarte, wobei seine pelzige Pfote sanft über ihre Hand strich: „Bitte ruf mich an, wenn du Feierabend hast, ich hol dich dann ab. Zieh dich am besten vorher um.“
Er zwinkerte ihr noch zu, verabschiedete sich mit einer saloppen Handbewegung von den beiden Ladenhütern und verschwand fröhlich hoppelnd um die nächste Ecke. Sabine schaute nachdenklich auf die Visitenkarte in ihren Händen.
„Chef, kann ich heute etwas früher gehen? Ich hab eine Verabredung!“
Mitglied
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Ach ist das göttlich xD mehr davon, war echt geil zu lesen