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NFT - Vom Pornostar aufs Kreuz gelegt

Wer auf Twitter unterwegs ist, hat sich schon daran gewöhnt, dass einem vom Twitter-Algorithmus unheimlicher Schwachsinn vor die Pupille gespült wird. Ein Schwachsinn, der in den letzten Monaten immer penetranter um Aufmerksamkeit heischte, lässt sich auf drei Buchstaben reduzieren, die vermutlich nicht nur in mir genervtes Augenrollen verursachen: NFT.

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Jetzt haben sicher viele Leute das Glück, bisher davon verschont geblieben zu sein, und fragen sich nun: Was zur Hölle sind NFTs? Deswegen möchte ich das erklären, aber vorher schicke ich euch zu meinem Bitcoin-Text, denn die Blockchain, die ich darin erläutere, ist für NFTs von fundamentaler Bedeutung. Also husch, Lesebefehl, falls ihr das noch nicht gemacht habt!

NFT steht für „Non-Fungible Token“. Ein Token kann man hier in diesem Zusammenhang als einen Datensatz verstehen, der in der Blockchain gespeichert wird. Um zu verstehen, was „non-fungible“ heißt, muss man erst mal verstehen, was mit fungibel gemeint ist. Ein fungibles Ding ist austausch- oder ersetzbar. Ein Euro ist nicht mehr und nicht weniger wert als ein anderer Euro und es spielt also beim Einkaufen keine Rolle, ob man mit diesem oder jenem Euro bezahlt. Auch bei Krypto-Währungen ist es so: Ein Bitcoin von Hans Wurst ist nicht mehr wert als ein Bitcoin von Benjamin Blümchen und unterscheidet sich in den wesentlichen Merkmalen nicht, beide sind also beliebig austauschbar. Ein nicht-fungibles Ding ist dagegen einzigartig, so wie etwa die Mona Lisa im Louvre.

Und wenn wir schon bei der Kunst sind, bleiben wir auch gleich da, denn NFTs werden insbesondere im Kunstbereich sehr beworben. Die Idee ist ungefähr diese: Man erzeugt zu einem Bild, einem Musikstück, einem Buch, einer Statue, einem Video oder einem anderen Kunstwerk ein NFT, hängt dieses an eine Zahlung mit der Ether-Kryptowährung (NFTs werden üblicherweise nicht in der Bitcoin-Blockchain, sondern oft in der Ethereum-Blockchain gespeichert; inzwischen gibt es aber eine ganze Reihe an spezialisierten Blockchains dafür), und derjenige, der das NFT kauft, kann somit seinen rechtmäßigen Erwerb zweifelsfrei belegen, und selbst nach vielen Weiterverkäufen kann somit nachvollzogen werden, wer wann dieses NFT besessen hat (und der ursprüngliche NFT-Ersteller kann bei jedem Verkauf sogar einen kleinen Teil des Verkaufspreises bekommen).

Wer gerade bei älteren Kunstwerken oft verzweifelt, weil es keinen lückenlosen Nachweis der Besitzkette zwischen Künstler und aktuellem Eigentümer gibt und somit die Echtheit oder die Legalität des Besitzes infrage gestellt wird, der kriegt jetzt vielleicht leuchtende Augen. Bei näherem Hinsehen bleibt allerdings von den Verheißungen nicht viel übrig.

Der erste Knackpunkt ist schon mal: Was erwirbt man mit einem NFT eigentlich? Die Galerie Belvedere in Wien verkaufte vor Kurzem NFTs von einem Foto des Gemäldes „Der Kuss“ von Gustav Klimt, welches dazu in 10.000 Abschnitte geteilt wurde. Die Käufer werden aber keine Miteigentümer des Gemäldes. Sie kaufen einen Ausschnitt des Fotos. Das ist einfach nur eine Bilddatei, die beliebig kopiert und angeschaut werden kann. Man braucht nicht das NFT, um die Datei zu öffnen. Man erwirbt mit einem NFT auch nicht automatisch Verwertungs- oder Nutzungsrechte. Es hindert auch niemand den Herausgeber daran, mehrere NFTs der gleichen Datei zu verkaufen.

Damit nicht genug: Es wird kaum kontrolliert, ob der Herausgeber eines NFTs überhaupt selbst irgendwelche Rechte an dem Werk hat. Viele Zeichner müssen derzeit feststellen, dass NFTs ihrer Bilder für große Summen verkauft werden, ohne dass sie um Erlaubnis gefragt oder in irgendeiner Form am Gewinn beteiligt werden. Selbst recht bekannte Unternehmen wie Hasbro oder Hololive müssen ständig auf der Hut sein, dass nicht irgendeine Kryptobude anfängt, NFTs ihrer Werke zu verscherbeln.

Auch das Versprechen, dass der Besitz dauerhaft und unveränderbar in der Blockchain der Wahl verzeichnet wäre, entpuppt sich als Luftnummer: Weil die Kapazität einer Transaktion begrenzt ist, wird nicht das Werk selbst in der Blockchain gespeichert. Es landen also bei einem NFT keine Bilder oder Sounddateien in der Blockchain, stattdessen wird nur eine Adresse zu einer Website abgespeichert, die beim Aufrufen dem Interessenten die entsprechenden Informationen (Bilder etc.) liefern soll. Wenn also zum Beispiel der Betreiber des jeweiligen Webservers pleitegeht oder einfach irgendwann den Stecker zieht und verduftet, führt der Link ins Leere. Im Endeffekt ist ein NFT ein Kassenbon, der belegt, dass man für den Kassenbon bezahlt hat, aber nicht konkret angibt, was man damit erworben haben will.

Der Vorteil von NFTs für Verkäufer ist ziemlich klar: Sie kriegen mit wenig Aufwand Geld, und das nicht zu knapp. Jimmie Wales, der Mitbegründer der Wikipedia, hat zum Beispiel ein NFT seines ersten Eintrags im Online-Lexikon für 750.000 Dollar versteigern lassen. Was der Kauf eines NFTs aber für den Käufer bringt, ist schleierhaft, wenn man nicht gerade ein Spekulant ist und darauf baut, dass man einen Trottel Interessenten findet, dem man sein NFT für noch mehr Geld verkaufen kann. William Shatner verglich NFTs mit Kunst und Sammlerstücken als Mittel zum Angeben, aber das bezweifle ich stark. Einen Picasso über dem Sofa hängen zu haben, ist als Statussymbol prima, man kann seine Bekannten und Nachbarn einladen und seinen Besitz bewundern lassen, bevor man fordert, dass sie einem die Füße küssen und das Recht der ersten Nacht für die älteste Tochter einräumen. Aber ein NFT ist an sich unsichtbar. Das eignet sich nicht zum Prahlen.

Dennoch gibt es viele NFT-Fans da draußen, und einige von denen haben utopische Vorstellungen, welche Dinge durch NFTs möglich wären. Man stelle sich nur vor, man kaufe als Gamer per NFT ein cooles 3D-Objekt (zum Beispiel eine Waffe oder eine Rüstung) oder ein Skin, und weil man ja den Erwerb zweifelsfrei belegen könne, könnte man dieses Objekt in vielen verschiedenen Spielen einsetzen, etwa an einem Tag in Apex Legends, am nächsten Tag in Minecraft, am dritten Tag womöglich in World of Warcraft. Das ist allerdings eine ganz schön doofe Argumentation für NFTs. Der Hauptgrund, dass man das nicht kann, ist der, dass es keinen guten Weg gibt, solche Objekte kompatibel zu jedem Spiel zu machen. Selbst wenn man sich auf ein gemeinsames Format für derartige Daten einigen würde: Wie soll ein Helm aussehen, der sowohl auf einen Warcraft-Orc-Schädel als auch auf den Minecraft-Klotzkopf passt? Und warum sollte etwa Microsoft sich die nötige Arbeit machen und Objekte in Minecraft ermöglichen, für die ein Apex-Spieler Geld an Electronic Arts gezahlt hat? Keines der Probleme, die spielübergreifende Objekte verhindern, kann mit NFTs gelöst werden. Es gibt gar keine Probleme für Spieler, bei denen NFTs eine Lösung wären. Das wissen auch die Entwickler selbst: Ubisoft, welches offen damit liebäugelt, NFTs zu verkaufen (aus purer Geldgier), findet unter seinen Angestellten kaum welche, die das für eine tolle Idee halten.

Der ganze Hype um NFTs lässt trotz offensichtlicher Ungereimtheiten derzeit noch nicht nach und treibt mitunter sehr seltsame Blüten.

Marisa Papen, ein (durchaus leckeres) Aktmodell, welches zum Beispiel in mehreren internationalen Playboy-Ausgaben zu sehen war, bietet eine Großaufnahme ihrer Vulva als NFT an. Das Bild selbst ist auf der Website zur Aktion zu sehen. Ohne also auch nur einen Cent zu zahlen, kann ich mir auf Marisa Papens Freudenspender einen schrubben, bis ich eine neue Bewusstseinsebene erreiche, aber vermutlich werde ich selbst dann noch nicht verstehen, wieso man 8 ETH (ca. 18.300 Euro nach aktuellem Kurs) für das NFT ausgeben sollte, wenn ich für das Geld eventuell realistische Chancen hätte, mal meinen Lümmel ins Original stecken zu dürfen.

Eine NFT-Gruppe ersteigerte im letzten Jahr für 2,66 Millionen Euro ein seltenes Buch von Alejandro Jodorowsky über seinen fehlgeschlagenen Versuch, Frank Herberts „Dune“ zu verfilmen. Offenbar dachten die Käufer, sie hätten damit auch das Copyright erworben, denn sie hatten vor, das Buch zu digitalisieren und zu verbrennen, um so die per NFT verkauften Scans des Buches zur einzigen legal verfügbaren Kopie auf der Welt zu machen. Das Video der Bücherverbrennung sollte dann ebenfalls als NFT verscherbelt werden. Nebenbei wollten sie – vom Buch inspiriert – eine animierte Serie produzieren. Die hämischen Kommentare im Internet scheinen die Gruppe gewarnt zu haben, dass sie dann von den Erben Frank Herberts trocken in den Po gevögelt werden, aber es ist schon ein Zeichen für die Ungerechtigkeit in der Welt, dass solche Vollpfosten über so viel Geld verfügten, um die Auktion überhaupt erst gewinnen zu können.

Der Grund, warum ich diesen Text aber überhaupt schreibe (und den leicht reißerischen Titel gewählt habe): Auch Lana Rhoades hat sich im NFT-Geschäft versucht.

Während jetzt sicher lauter Männer wissend nicken und sich denken: „Ah, Lana Rhoades, klar!“, und sich dann fragende bis empörte Blicke ihrer Partnerinnen gefallen lassen müssen, sind andere vermutlich nicht mit dieser Dame vertraut.

Lana Rhoades ist bzw. war eine Schauspielerin, die vollsten Körpereinsatz zeigte und dabei eine bemerkenswerte Aufnahmefähigkeit bewies, insbesondere für diverse Körperflüssigkeiten und Schwänze verschiedenster Schattierungen. Heute dreht sie keine Pornofilme mehr, betreibt aber einen OnlyFans-Account, einen Youtube-Kanal und einen Podcast, bei dem sie gelegentlich zur Erlangung von Mitleidspunkten rumheult, wie furchtbar sie bei einigen Pornodrehs gelitten hätte, selbst wenn die Behind-The-Scenes-Aufnahmen sie bumsfidel und quietschvergnügt zeigten. Aber vielleicht flunkert sie ja doch nicht und sie ist einfach die allerbeste Schauspielerin der Welt, wer weiß.

Besagte Lana Rhoades tat sich mit einer Start-Up-Bude namens CryptoSis zusammen und verkündete, NFTs von Comicversionen ihrer selbst zu verkaufen. Das sollte aber erst der Anfang sein, so sollte es zum Beispiel für einen Teil der Käufer persönliche Mitteilungen oder signierte Fanartikel geben, und in Zukunft sollten weitere Models mit CryptoSis NFTs verkaufen. Auf jeden Fall wäre das eine langfristige Sache, für die die Einnahmen aufgewendet würden. Man sammelte in kürzester Zeit von den Fans 1,8 Millionen US-Dollar ein. Das Geld wurde dann abgehoben, Lana löschte alle ihre Werbevideos für das Unternehmen und ist extrem schmallippig, wenn man sie danach fragt. Die Begründung: Die Kommentare wären zu negativ, das könne sie sich einfach nicht mehr antun. Nun sind die Kommentare erst so negativ geworden, nachdem sie mit der Kohle stiften ging, aber trotz dieser zeitlichen Ungereimtheit gibt es Fans, die doch noch Hoffnung haben, die Frau mit gehöriger Arschkriecherei zurückzulocken, auch wenn das Ganze offensichtlich eher das war, was man als "pump-and-dump scam" bezeichnet. Aber offenbar ist es doch noch nicht ganz vorbei mit CryptoSis: Pornokollegin Mia Malkova scheint ebenfalls bald anfangen zu wollen, über dieses Unternehmen NFTs verticken zu wollen. Und es würde mich zwar enttäuschen, aber nicht überraschen, wenn dieser Plan auch für sie aufginge.

Ich will nicht ausschließen, dass es in Zukunft eine vernünftige Verwendung für NFTs gibt, sobald der erste Goldrausch vorbei ist und sich gewisse Standards etabliert haben, um den Missbrauch einzudämmen. Aber aktuell wirkt alles noch wie eine neue Spielwiese für Halunken, die arglose Opfer mit Schneeballsystemen ausnehmen wollen und dann Gefahr laufen, selbst ausgenommen zu werden. Für mich heißt es daher: Finger weg!

Nachtrag vom 14. April 2022: Ein NFT des ersten Tweets des Twitter-Gründers Jack Dorsey wurde für 2,9 Millionen US-Dollar verkauft. Sina Estavi, der Käufer, versuchte nun, das NFT wieder zu verkaufen. Seine Preisvorstellung lag bei 48 Millionen US-Dollar. Das tatsächliche Höchstgebot lag bei 280 US-Dollar in ETH.

Nachtrag vom 29. April 2022: Der LegalEagle auf Youtube beleuchtet die rechtliche Seite von NFTs, natürlich aus einer US-amerikanischen Perspektive. Allerdings lassen sich die meisten rechtlichen Probleme wohl auch auf deutsches Recht übertragen.

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