Nach der Wahl: Eine Wortmeldung des Hasen
Nuff, ich grüße das Volk!
Gestern hat sich die deutsche Bevölkerung in freier, geheimer und gleicher Wahl zusammengefunden, um wieder einmal zu beweisen, dass die Demokratie ein Irrweg ist und nur die wohlwollende Diktatur unter dem Zeichen langer Ohren eine glorreiche Zukunft für alle garantieren kann. Gewonnen hat die Partei der Netzsperren und gelebter Muffigkeit, die das Fehlen einer Vision für die Zukunft als Konzept verkauft und sich fast nur von Krisen und der eigenen Provinzialität treiben lässt. Deutschland hat den Stillstand gewählt. Und, meine lieben Leser, ich möchte nicht verschweigen, dass ich mir Sorgen um die Zukunft von Klopfers Web mache in einem Land, das augenscheinlich immer verklemmter wird.
Ich möchte nun ein paar warme Worte an die Parteien richten.
CDU/CSU: Wie wunderbar muss das Gefühl sein, im Wahlkampf absolut nichts Greifbares sagen zu müssen und trotzdem zu gewinnen, weil Mutti so gütig guckt und eine Deutschlandkette trägt? Klar, dass man vorher ohne laut loszuprusten gesagt hat, ein neuer Schuldenschnitt für Griechenland wäre unnötig, das war schon anstrengend, sicher. Aber hey, jetzt ist die Wahl ja eh vorbei und wenn sich das blöde Volk beschwert, verweist Mutti mit unschuldigem Blick auf ein paar schwammige Aussagen ganz knapp vor der Wahl und tut so, als hätte sie niemals Stuss erzählt. Nur eine Sache muss euch wahnsinnige Angst machen: Wenn Angela Merkel mal nicht mehr will, will euch auch keiner mehr.
FDP: Hach ja, die arme FDP. Ihr müsst jetzt feststellen, dass es offenbar nicht mehr genug Besserverdienende in Deutschland gibt. In Wirklichkeit habt ihr gerade nur wieder den Todeshauch der CDU kennengelernt: Wer sich auf die Schwarzen einlässt, verliert in der Wahrnehmung der Bevölkerung jegliche Relevanz und wird nur noch als Steigbügelhalter und Mehrheitsbeschaffer angesehen. Die SPD hat sich von der Großen Koalition bis heute nicht erholt, und ihr selbst seid jetzt noch mehr am Arsch. Ihr habt euch aber auch zu dämlich angestellt. Die paar Dinge, die ihr tatsächlich erfolgreich gewuppt habt, stammten aus eurem linksliberalen Flügel, für den ihr euch (trotz der Berufung von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als Justizministerin) seit längerer Zeit schämt. Und alles, was ihr stolz verkündet und dann verkackt habt, kam aus der wirtschaftsliberalen Ecke, die euch bei der Bevölkerung ungefähr so beliebt wie Fußpilz gemacht hat. Echt prima. Vielleicht solltet ihr euch einfach aufspalten, dann kann der Markt entscheiden, wen von euch er eigentlich will, wenn überhaupt.
SPD: Ein bisschen tut ihr mir ja schon leid. Ihr versucht euer sozialdemokratisches Profil wiederzufinden, aber habt in eurer Führungsriege keinen, dem man den Einsatz für die Klasse der Werktätigen tatsächlich abkaufen würde. Der Mief vom inzwischen nicht mehr ganz so geliebten Gerhard Schröder wabert immer noch durch die Parteizentrale, und gerade dann, wenn man Hoffnung hat, ihr würdet euch vom Makel befreien, eine CDU light zu sein, stellt sich das Ohrfeigengesicht Gabriel am Wahlabend vor eine Kamera und verkündet, dass die SPD ja in der letzten Großen Koalition ganz gut ausgesehen hätte. Falls ihr in einer neuen Koalition genauso handeln wollt, überlegt euch am besten jetzt schon mal Erklärungen, warum man dann in vier Jahren die Kopie wählen sollte und nicht das Original.
Grüne: Die Grünen. Die Partei der anderen Besserverdienenden. Derjenigen, die im Bio-Markt einkaufen gehen. Sicherlich habt ihr gehofft, dass kurz vorher wieder ein Atomkraftwerk in die Luft fliegt, damit die verängstigte Bevölkerung wieder zu euch strömt wie bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg 2011, aber die Dinger sind dann wohl doch nicht so klapprig wie ihr immer warnt. War jetzt natürlich auch irgendwie doof, dass ihr mit eurem Veggie-Day-Vorschlag wie fanatische Öko-Nazis rüberkamt, die ihre Ideologie mit Verboten durchdrücken wollen. Dass man euch jetzt irgendwelche alten Kinderficker-Aufsätze aus vorhistorischer Zeit vorhält, als wenn sie irgendeine Relevanz für eure Ansichten heute hätten, ist sicher unfair, aber wenn ihr euch jetzt ordentlich damit beschäftigt, kann die Sau nicht noch mal mit dieser Wirkung durchs Dorf getrieben werden. Es gibt eine andere Sache, für die ihr eigentlich noch mehr Stimmenverluste verdient hättet:
"Meine Mudda wird Chef! Und du?" - Es ist nicht sonderlich klug, mit einem Plakat zu werben, welches im Betrachter spontan den Wunsch weckt, das vorlaute Gör ins Koma zu prügeln.
Die Linke: Ihr habt es auch schwer. Für die meisten in der Bundesrepublik seid ihr immer noch die Kommunisten, vor denen sie im Kalten Krieg gewarnt wurden. Einiges, was ein paar eurer Mitglieder sagen, klingt leider auch so, als wärt ihr die Kommunisten, vor denen sie im Kalten Krieg gewarnt wurden. Und ihr seid oft zu leise, diesen Mitgliedern zu sagen, dass sie Idioten sind. Dazu kommt, dass ihr es tatsächlich schafft, Plakate zu plakativ zu machen. "Teilen macht Spaß! Millionär-Steuer!", verkündet ein Plakat, als wenn es keine besseren Begründungen gäbe. "Statt Flaschen sammeln: 1050 Euro Mindestrente!", sagt ein anderes, obwohl im Hinterkopf der Gedanke nagt, dass einerseits die Rentenkassen sowieso schon ziemlich ausgelutscht sind und andererseits diese Forderung von einer Partei stammt, die offenbar kein Geld für einen besseren Grafiker ausgeben will. "Der Osten wählt rot. Klar!" Ganz ehrlich, das ist ein beschissener, nahezu schwachsinniger Slogan. Würde mich nicht wundern, wenn euch diese Selbstgefälligkeit Stimmen gekostet hat. Ebenso bescheuert war, dass mehr als 50 Prozent aller Themenplakate der Linken, die ich gesehen habe (auch in Kassel und auf dem Weg dahin), folgendes Motiv hatten:
Trotz Syrien: Die Leute machen sich momentan Sorgen um ihr wirtschaftliches Auskommen, um ihr Eigentum, um ihre Arbeitsplätze. Keine Sau interessiert sich in Deutschland gerade ernsthaft für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr oder ob sich angebräunte Menschen am Mittelmeer mit deutscher Qualitätsware umnieten. Und damit wolltet ihr eine Wahl gewinnen? Wir brauchen eine Partei, die soziale Gerechtigkeit anmahnt. Aber bitte: Redet mit den Menschen, die da sind, nicht mit denen, die ihr euch als sozialistische Wähler vorstellt.
Alternative für Deutschland: Irgendwie hab ich den Drang, dauernd "Alte Naive für Deutschland" zu lesen. Ihr habt keinen blassen Dunst, aber dafür seid ihr voller Wut. Das ist für euch ziemlich blöd, denn Wut verraucht halt auch mal, und da ihr jetzt den Einzug ins Parlament verpasst habt, haben die Wähler vier Jahre Zeit, euch zu vergessen oder irgendeine andere neue Gurkentruppe zu finden, für die man dann wütend stimmen kann. Andererseits habt ihr so keine Chance, irgendwelchen Schaden anzurichten. Eure Vorstellungen von der Leichtigkeit der Politik ist so putzig naiv, dass vermutlich niemand in eurer Partei auch nur mal ein Strategiespiel für den PC angefasst hat. Lenin meinte einmal: "Der erste beste Koch kann ein Land regieren", und ihr wolltet das anscheinend auch beweisen. Dass ihr nur relativ knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert seid, zeigt aber wieder einmal den kleinen Irrsinn, dass man zwar seine Fähigkeiten in einer Prüfung beweisen muss, um sich Koch nennen zu dürfen, aber ein reiner Beliebtheitswettbewerb ausreichen soll, um unsere Regierenden zu bestimmen.
Die Piraten: Ihr wart mal Hoffnungsträger, die Leute strömten zu euch. Und dabei seid ihr kaputtgegangen. Euch auf eine Linie festzulegen, fällt euch schwer, Meinungsverschiedenheiten privat zu regeln, noch viel mehr. Viel lieber streitet man sich unter Zuhilfenahme aller modernen Kommunikationsmittel, damit es alle mitkriegen. Klar, es ist transparent, aber wer will so eine Transparenz? Dazu der ewige Kampf zwischen Themen und Köpfen. Leute sollen sich engagieren, aber wenn sie dabei zu sichtbar werden, ist es auch gleich wieder scheiße. Und wenn man mal Strukturen schaffen will, um endlich mal vernünftig arbeiten zu können und Entscheidungen zu treffen, gibt es den empörten Aufschrei der Basis, dass so etwas gegen die Ideale der Partei verstoßen würde, weil daraus Hierarchien entstehen, die man doch - in Abgrenzung zu den anderen Parteien - durch Basisdemokratie vermeiden wollte. Das Resultat: Von außen wirkt ihr wie ein Sauhaufen ohne Richtung, ohne Vision und ohne echten Willen, mal mit dem Kindergartengezänk aufzuhören. Würde mich nicht wundern, wenn sich die anderen Parteien ins Fäustchen lachen, weil sich herausgestellt hat, dass euer größter Feind ihr selbst seid.
Ich rufe das Volk dazu auf, Ruhe zu bewahren. Wir werden die nächsten vier Jahre überleben. Irgendwann wird eine Regierung kommen, die unser Land in die Zukunft führt. Und vielleicht ist sie flauschig und hat sehr lange Ohren. Nuff!
Ich glaub, ich hab jetzt auf alle relevanten Parteien eingeprügelt, oder?
Gast
So denn freuen wir uns auf die Grosse Koalition 2.0...
Ein Ergebniss dass doch schon von vornherein festand
Dazu passt der alte Spruch: "Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!"