Klopfer spielt: Game Dev Tycoon
Anfang Mai gab es auf den einschlägigen Spiele- und IT-Seiten amüsierte Meldungen über eine klitzekleine Spieleschmiede, die mit ihrem Spiel „Game Dev Tycoon“ denjenigen den Spiegel vorhielt, die das Spiel als Torrent heruntergeladen haben, anstatt es zu kaufen. In „Game Dev Tycoon“ geht es – wie der Name schon andeutet – darum, dass man als kleiner Videospieleentwickler anfängt und nach und nach innerhalb von 30 Jahren zum kommerziellen Schwergewicht des Spielebereichs wird. Die modifizierte Version aus der Tauschbörse stürzte irgendwann den Spieler in den virtuellen Ruin, weil deren virtuelle Spiele dank virtueller Softwarepiraten kein Geld mehr einbrachten. Nun hab ich ja ein Herz für kleine aufstrebende Künstler, also hab ich das Spiel für kleines Geld gekauft.
Man beginnt in den 80er Jahren in seiner Garage an einem kleinen Computer mit ein paar tausend Dollar Startkapital. Damit kann man anfangen, erste kleine Spiele zu entwickeln. Dafür sucht man Genre und Plattform aus, bestimmt die Technologie (soll es z. B. 2D-Grafik haben oder nur im Textmodus laufen?) und macht in drei aufeinander folgenden Phasen eine Feinabstimmung der Komponenten. So sind bei einem Adventure die Dialoge sicherlich wichtiger als die Intelligenz der Computergegner. Während der Entwicklung fließen Punkte in die Bereiche Design, Technologie und Forschung – und leider auch in den Bereich „Bugs“, bis das Spiel fertig ist. Die Veröffentlichung sollte man allerdings hinauszögern, bis alle Bugs beseitigt wurden. Dann kann man sich zurücklehnen, auf die Punktwertungen der Spielepresse warten und schauen, wie oft das Spiel verkauft wird und wie viel Geld dabei reinkommt. Jedes Spiel ist dabei nur für ein paar Monate erhältlich, auch ein Hit bringt nicht jahrelang Geld ein. Ein Wermutstropfen: Man kann keinen Preis für das Spiel festlegen.
Die vergangenen Erfolge und Misserfolge kann man sich noch einmal vor Augen führen.
Ein Spiel kann dabei aber auch ein kräftiger Flop sein. Wer ein Spiel für Erwachsene („Mature“) für den Game Boy macht, sollte sich nicht wundern, wenn der finanzielle Erfolg ausbleibt, denn die Zielgruppe dieser Plattform ist ja eher jung.
Am Anfang hat man wenig Fans und sollte vielleicht einen Vertrag mit einem Publisher abschließen, um sein Werk an die breite Öffentlichkeit zu bringen. Der Publisher steckt Geld in die Firma, gibt aber oft auch Genre und die Plattform vor. Und wehe, das Resultat hat nicht die geforderte Mindestwertung in den Spielezeitschriften, dann ist eine saftige Vertragsstrafe fällig. Natürlich bekommt man über einen Publisher auch nur einen Teil der Einnahmen.
Mit Forschungspunkten und kräftig Asche auf dem Konto kann man sich der Forschung widmen. So werden nicht nur neue Genres freigeschaltet, sondern auch neue Technologien (wie 3D-Grafik oder Stereo-Sound) und Konzepte (Open World) erschlossen. Wer ganz viel Zeit hat, kann diese Technologien in einer eigenen Game-Engine verwirklichen, dann dauert die eigentliche Spiele-Entwicklung nicht mehr ganz so lange. Neue Hardware muss man nicht erfinden: Die wird ganz automatisch neu eingeführt und orientiert sich zeitlich und optisch an den realen Vorbildern. Oft braucht man aber eine teure Lizenz, um für eine Konsole Spiele entwickeln zu können, insofern sollte man es sich lieber verkneifen, für das Master System ein erstes Spiel zu entwickeln, wenn dieses System in wenigen Monaten den Arsch zukneift. (Eine Anmerkung zu den Namen: Die sind natürlich im Spiel verfälscht, allerdings erkennt man ganz genau die Vorbilder auf den Bildern.)
Sollte es finanziell mal eng werden, kann man Aufträge für andere Firmen erledigen, bei denen man eine bestimmte Anzahl von Technologie- und Designpunkten innerhalb einer bestimmten Zeit generieren muss. Schafft man das nicht, könnte sich der finanzielle Engpass allerdings noch verschlimmern, denn auch da ist eine Vertragsstrafe fällig.
Idealerweise sollte der Rubel aber rollen, und irgendwann nach der ersten Million kann man endlich in ein richtiges Büro ziehen. Der Vorteil dabei: Man kann nun Mitarbeiter einstellen und größere Spiele machen. Die Mitarbeiter wollen aber auch weitergebildet und bei Laune gehalten werden. Man sollte beim Verteilen der Aufgaben darauf achten, dass die jeweiligen Aufgabenbereiche zu den Talenten passen. Jemand mit einem niedrigen Design-, aber großem Technologiewert sollte lieber an der Grafik arbeiten als am Leveldesign.
Für den Hype um die Spiele selbst können sich nun sogar Marketingmaßnahmen wie Anzeigen in Spielezeitschriften und das Verteilen von Demoversionen lohnen. Vielleicht hat man dann auch schon genug Fans gesammelt, um auf Publisher verzichten zu können. Wer gerade ein Spiel in Entwicklung hat, sollte auch die Chance nutzen, mit einem Stand bei einer Messe dafür zu trommeln.
Jetzt ist man also kräftig dabei, sein Spiele-Imperium aufzubauen. Wie fühlt man sich dabei? … Nun ja, ehrlich gesagt: Ich hab mich an der Stelle schon gelangweilt. So viel anders spielt es sich mit Mitarbeitern auch nicht, im Wesentlichen wiederholt man alles und wartet dann darauf, dass wieder genug Forschungspunkte und Dollars vorhanden sind, um die nächste Technologie zu erforschen. Erstaunlicherweise paart sich die Langeweile mit dem Gefühl, dass die Zeit im Spiel ein wenig zu schnell voran geht, man hat kaum die Gelegenheit, die Technologien zu entwickeln, die einem Playstation-2-Spiel angemessen wären.
Die Entwicklung von Spielen könnte durchaus intuitiver sein.
Das wäre an sich ja noch nicht so schlimm, wenn man sich nicht so distanziert vom Geschehen fühlen würde. Es gibt keine Konkurrenz, man sieht eigentlich nur sein Büro, die Spiele selbst werden bloß durch die selbst gewählten Titel und die kurzen Angaben zu Genre und Plattform repräsentiert, aber im Prinzip könnte man mit minimalsten Änderungen daraus auch Parfüm, Möbel oder Fertignahrung machen. Bei „Railroad Tycoon“ waren die Eisenbahnen unübersehbar, bei „Rüsselsheim“ konnte man nicht ignorieren, dass es um Autos geht. Insofern wirkt „Game Dev Tycoon“ trotz der liebevoll veränderten Bilder der Konsolen arg steril und austauschbar. Daran können auch die später freigeschalteten Möglichkeiten nichts ändern. Man merkt, dass ein spielerisch doch eher begrenztes iPhone-Spiel hier Pate stand, und das mag für fünf Minuten zwischendurch auf einem Handy ja ganz nett sein, aber auf einem PC (Win/Linux) oder Mac erwarte ich ein bisschen mehr Atmosphäre.
Ein weiteres Manko: Wenn man einmal angefangen hat, startet das Spiel automatisch mit dem letzten Spielstand. Es gibt kein Menü, mit dem man ältere Spielstände laden kann, es ist auch nicht möglich, zwischendurch mal ein neues Spiel zu starten, es sei denn, man stümpert selbst am Spielstand herum.
Was ich aber positiv vermerken möchte: Das Spiel will nicht, dass man jeden Spielzug auf Facebook veröffentlicht, und man wird auch nicht angebettelt, doch ein paar Euro echtes Geld locker zu machen, um ganz tolle In-Game-Sachen zu kriegen.
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Klingt nach einem ganz unterhaltsamen Spiel. Und das, obwohl ich mich gar nicht so für Spiele interessiere.