Klopfers Technikstunde
Ein beträchtlicher Teil meines Umzugs wird darin bestehen, jede Menge Bücher in Kisten zu verpacken, quer durch Berlin zu kutschieren und dann wieder auszupacken. Japanologe Florian Coulmas schrieb in "Die Deutschen schreien" nicht ganz zu Unrecht: "Bücher sind verheerend für den Rücken." Auch wenn ich also ein großer Fan gedruckter Bücher bin, sehe ich durchaus ein, das E-Books unbestreitbare Vorteile haben.
Als ich den ersten Band von "Braindead Love" schrieb, war mir schon klar, dass ich das Buch auch als E-Book verkaufen sollte. Um sich aber nicht nur auf die E-Reader-Programme auf dem PC zu verlassen, habe ich mir (mit tatkräftiger Unterstützung durch meinen Papa) auch ein bisschen Hardware besorgt, um das Resultat meiner E-Book-Bemühungen möglichst authentisch überprüfen zu können. Da der Kindle-Shop (abgesehen von meinem kleinen hier auf der Website) der einzige ist, der "Braindead Love 1" als E-Book anbietet, brauchte ich auch nicht lange zu überlegen, um mich für den Kindle und den Kindle Fire zu entscheiden. Und vielleicht sind meine Eindrücke von den beiden Geräten ja für einige Leser ganz aufschlussreich.
Alte Bilder recyceln, yeah!
Zuerst will ich aber noch generell etwas über Kindle sagen. Im Prinzip ist es sehr praktisch: Man "kauft" ein E-Book, kann es dann gleichzeitig auf seinen PC, seinen Kindle, sein Tablet und seinen iPod laden. Wenn man es von einem Gerät löscht, kann man es problemlos wieder aus dem Archiv (oder der Cloud, der Name dafür wechselt je nach Kindle) herunterladen. Wenn man die Reader automatisch miteinander synchronisiert, kann man z.B. auf dem PC ein Buch zum Teil lesen, dann seinen Kindle schnappen und ohne zu blättern auf der zuletzt gelesenen Seite fortfahren. Allerdings gibt es auch Nachteile: Man kauft die Kindle-Bücher nicht wirklich, man erwirbt nur ein Recht darauf, sie zu lesen. 2009 löschte Amazon in den USA Bücher von George Orwell von den Kindles seiner Kunden, weil sich herausstellte, dass der Verlag, der die Bücher in den Kindle-Shop stellte, die Rechte daran gar nicht besaß. Amazon hatte zwar versprochen, dass das nicht mehr vorkommen soll, aber es hat diese Löschmöglichkeit.
Kindle-Bücher sind nicht unbedingt DRM-geschützt ("Braindead Love 1" ist es z.B. nicht), aber die meisten dürften es sein, und wenn man diesen Schutz entfernt, kann man dafür von Amazon auch ausgeschlossen werden. Wenn man etwas in Büchern markiert, merkt sich Amazon das und erstellt z.B. eine Rangliste von den beliebtesten Stellen im jeweiligen Buch. Insofern sollte man sich immer bewusst sein, dass man für die Bequemlichkeit auch mit seinen Daten bezahlt und ein bisschen Sicherheit einbüßt, dass man das, wofür man bezahlt hat, auch unbegrenzt lesen darf. (Wer "Braindead Love" auf Klopfers Web als E-Book kauft und sich dann auf seinen Kindle zieht, kann da nicht nur eine Sicherheitskopie anfertigen, sondern sich auch ziemlich sicher sein, dass Amazon es nicht einfach löschen kann. Auch was man dort markiert, dürfte Amazon nicht interessieren.)
Kindle - Sixteen Shades of Grey
Nimmt nicht viel Platz weg, hat eine hervorragende Qualität und ist daher nur zu empfehlen!
Und über den Kindle sag ich auch noch was.
Der Kindle erfüllt schon mal zwei Grundkriterien: Er ist klein und auch noch leicht. Er ist kleiner als die meisten Bücher in meinem Besitz und wiegt deutlich weniger als zwei Tafeln Schokolade. Daher ermüden die Hände nicht schneller als beim Lesen eines normalen Buchs. Das Schriftbild ist auf dem E-Ink-Display schön klar und strengt die Augen nicht an. (Als ich zum ersten Mal ein E-Ink-Display gesehen habe, war ich sehr verblüfft, weil es tatsächlich aussieht, als wäre da einfach noch eine gedruckte Folie auf dem leeren Display, so wie es früher bei neu verkauften Taschenrechnern und Telefonen üblich war.) Mit etwa 1,2 GByte verfügbarem Speicherplatz kriegt man auch jede Menge Bücher unter. Da das Display keine Farben anzeigen kann (und nur 16 Graustufen), wird man sich sowieso keine Bildbände anschauen wollen, obwohl ein kleiner Test mit ein paar Nackedeibildern durchaus beeindruckend gut aussah. Neue Seiten werden im Vergleich zu früheren E-Readern mit so einem Display recht schnell angezeigt, auch weil der Kindle erst nach sechs Seiten den Bildschirminhalt komplett neu auffrischt. (Man kann in den Einstellungen wählen, ob man so einen Refresh nach jeder Seite haben möchte, aber ich sehe den Sinn darin nicht, da die angeblichen Geisterbilder kaum auffallen, aber durch den häufigen Refresh die Akkulaufzeit verringert wird.)
Da das Display nicht leuchtet, braucht man eine relativ hohe Umgebungshelligkeit oder Leselampen, die man an den Kindle ranpappen kann, um tatsächlich gut lesen zu können. Der Kindle Paperwhite sorgt da mit einigen LEDs am unteren Displayrand für Abhilfe, aber da kann ich wohl erst im nächsten Jahr beurteilen, ob das gelungen ist, wenn ein Exemplar davon in meiner Familie gelandet sein wird. (Offenbar wurde Amazon da von der Nachfrage ein bisschen überrascht.)
Spartanische Bedienelemente, aber ausreichend, solange man nur konsumieren will.
Die Bedienung des Kindle läuft mit ein paar Knöpfchen unten und an den Seiten ab. An der Unterseite des Kindles ist (neben dem Micro-USB-Anschluss) eine Taste, die das Gerät in den Stand-by-Modus versetzt oder wieder betriebsbereit macht. Vier Tasten für "Zurück", "Tastatur", "Menü" und "Home" sind um ein kleines Steuerkreuz angeordnet. Mit dem Steuerkreuz bewegt man sich auch auf der Bildschirmtastatur. Das ist allerdings kein Vergnügen. Man wird wohl ganz selten auf die Idee kommen, mit diesem Kindle Notizen zum gerade gelesenen Buch zu machen, weil das Gefummel zu umständlich ist. Nachdem ich mein (laaaanges) WLAN-Passwort eingegeben hatte, hatte ich überhaupt keine Lust mehr, überhaupt etwas mit dieser Tastatur zu machen. Wenn man den Kindle bei Amazon nicht als Geschenk bestellt, ist er immerhin schon mit dem eigenen Account verknüpft, weswegen man wenigstens seine Amazon-Anmeldedaten nicht mehr eingeben muss.
Auf der anderen Seite sind diese Tasten auch, aber ich vertraue mal auf eure Auffassungsgabe und erspar mir das Foto dafür.
An beiden Seiten des Kindles befinden sich jeweils zwei Knöpfe für die Navigation innerhalb von Büchern: Der obere blättert in Büchern eine Seite zurück, der untere (große) blättert eine Seite vor. Das ist manchmal etwas irritierend; rein intuitiv würde man ja vermuten, dass man links zurückblättert und rechts vor, also ertappt man sich zumindest am Anfang oft dabei, ein wenig ziellos im Buch hin und her zu wandern. Diese Blättertasten sind auch technisch ein bisschen komisch realisiert; man drückt sie nicht in Richtung des Geräts, sondern nach hinten. Sie wirken so auch nicht extrem stabil, obwohl der Rest des Kindles einen sehr robusten Eindruck macht.
Wenn man seine Kindle-Bücher am PC kauft, kann man sie nicht nur bequem aufs Gerät schicken lassen, sondern mir noch ein bisschen was Gutes tun, wenn man vorher auf die Amazon-Partnerlinks auf KW klickt.
Der Webbrowser ist eher ein nettes Gimmick und nicht wirklich im Alltag benutzbar.
Der Kindle ist eindeutig darauf ausgelegt, E-Books zu lesen. Das Kaufen von E-Books sollte man allerdings am PC erledigen (man hat dort dann die Möglichkeit, sich das gekaufte E-Book direkt auf den Kindle schicken zu lassen), das Gefummel mit dem Steuerkreuz ist einfach zu nervig. Man ist aber nicht auf die Inhalte bei Amazon beschränkt, man kann Dokumente auch per USB auf das Gerät schieben oder an die individuelle E-Mail-Adresse schicken, die jeder Kindle bekommt.
Bei den Formaten ist der Kindle wählerisch: Er kann das Amazon-eigene AZW-Format, Mobi, PRC, PDF und Textdateien ab Werk; HTML-, Word- und einige Bilddateien nach einer Umwandlung. Die PDF-Darstellung ist ganz okay, allerdings ist die Navigation auf gezoomten Seiten ein bisschen umständlich.
EPub kann der Kindle so nicht verdauen, allerdings kann man das Format relativ problemlos mit kostenlosen Programmen (wie Calibre oder dem Kindle Previewer von Amazon selbst) umwandeln. Verbindung ins Internet gibt es nur über WLAN, eine Unterstützung für 3G hat der kleine Kindle nicht. Als Beta-Funktion wird auch ein rudimentärer Webbrowser angeboten, aber den kann man total vergessen. Im Notfall kann man eventuell etwas bei Wikipedia nachschlagen, aber normales Surfen wäre nicht nur wegen der umständlichen Eingabe einer Internet-Adresse eine Qual.
Die Akkulaufzeit ist phänomenal, da der Kindle nur beim Ändern des Bildschirminhaltes und durch die WLAN-Verbindung Strom verbraucht. (Aus diesem Grund zeigt er auch im Stand-by ein (nicht immer gleiches) Bild an - es kostet ja keinen Strom.) Es hängt also vom Leseverhalten ab, wie lang der Akku hält, aber selbst Vielleser sollten ihn nicht öfter als zwei, höchstens drei Mal pro Monat aufladen müssen. Man sollte sich dafür aber ein Netzteil zulegen, das Teil ist dann deutlich schneller wieder voll, als wenn man es den Strom aus dem USB-Port eines PCs nuckeln lässt. In dem Zusammenhang zeigt sich aber auch ein Nachteil des ansonsten großartigen Kindles: Er selbst ist mit 79 Euro recht billig, aber das empfohlene Zubehör ist schon obszön teuer.
Kindle Fire - Farbenfeuerwerk
Etwa gleich groß, aber gut doppelt so schwer wie mein Buch. Ich kann übrigens nicht garantieren, dass der Kindle Fire ohne ein Exemplar von "Mein Weg zur Weltherrschaft - Phase 2" in der Umgebung genauso gut funktioniert, also am besten beide zusammen bestellen!
Der Kindle Fire ist ein 7-Zoll-Tablet im Breitbildformat, deswegen sieht er so gestreckt aus. Das ist ein erstes Anzeichen dafür, dass das Lesen nicht unbedingt im Vordergrund stand, als man das Tablet designt hat. Klar, man kann die Kindle-Bücher darauf lesen und mit schnittigen Wischbewegungen die Seiten umblättern. Wer allerdings mal Bücher auf einem E-Ink-Display gelesen hat, will sich das Lesen langer Werke auf LCDs nicht mehr unbedingt antun; außerdem wirkt das Wischen zum Umblättern im Vergleich zum leichten Druck auf eine Taste in Fingerreichweite regelrecht umständlich. Das Tablet wiegt mit 400 Gramm auch für meinen Geschmack ein bisschen zu viel, um wirklich lange in der Hand gehalten zu werden, es empfiehlt sich also, eine Hülle dazu zu kaufen, die gleichzeitig als Ständer dienen kann. Der kapazitative Touchscreen hat eine Auflösung von 1024x600 Pixeln und kommt mit zwei Fingern klar (der vom Fire HD kann zehn Finger ab).
Ignoriert den attraktiven jungen Mann mit der Kamera, der sich da im Display spiegelt. Den gibt es nicht zu jedem Tablet dazu.
Das Betriebssystem für den Kindle Fire ist ein von Amazon modifiziertes Android. Auch die Apps besorgt man sich in erster Linie wohl aus dem Amazon-eigenen App-Store, allerdings muss man (anders als manchmal im Netz behauptet wird) das Tablet nicht unbedingt rooten, um auch andere Android-Apps installieren zu können; dafür muss man lediglich eine Option in den Systemeinstellungen ändern und die entsprechende App als apk-Datei da haben. Imsofern ist man weniger eingeschränkt, als man es zunächst befürchten muss, wenn man ein bisschen mit dem Teil herumgespielt hat.
Man kann durchaus ganz gut Bücher darauf lesen, versteht mich nicht falsch. Auf dem anderen Kindle ist es aber bequemer.
Videos abspielen kann er, wenn man die richtigen Apps benutzt.
Treibende Kraft beim Fire war vermutlich Amazons Gedanke, den Leuten ein mobiles Abspielgerät für die Video-On-Demand-Angebote z.B. von Lovefilm zu geben. Das habe ich nicht ausprobiert, aber immerhin konnte ich (mit anderen Apps) Videos von meinem kleinen Heimserver auf dem Tablet anschauen. Das funktioniert bis auf zwei Ausnahmen ganz gut. Der ansonsten hoch gelobte (und kostenlose) Mobo-Player kann (ebenso wie der bereits vorinstallierte Videoplayer) offenbar nichts mit Audiospuren im AC3-Format und mit Videos im MKV-Format anfangen. Das Problem dürfte sich allerdings erledigen, sobald der VLC für Android aus der Betaphase kommt und relativ bedenkenlos eingesetzt werden kann. Auch Musik kann man sich mit dem Fire anhören (anders als mit dem kleinen Kindle), wobei die MP3s, die man sich auf Amazon gekauft hat, automatisch über die Cloud verfügbar sind - natürlich nur, wenn man per WLAN mit dem Internet verbunden ist. Wie beim kleinen Kindle hat man die Möglichkeit, eigene Dateien per USB oder Kindle-Mailadresse auf das Gerät zu kriegen.
Wie alle guten Tablets ist der Kindle Fire für Gelegenheitsspiele prima geeignet.
Wie erwartet gut fürs Surfen im Internet vom Sofa aus.
Die Bedienung über den Touchscreen ist selbstverständlich viel einfacher als beim Kindle, so machen dann auch die üblichen kleinen Spiele wie "Bridge Constructor" oder "Angry Birds" Spaß, die man im App-Shop findet. Wer allerdings mit dem Fire arbeiten will, der sollte Leidensfähigkeit mitbringen: Längere Texte (z.B. E-Mails) zu schreiben, ist (wie auf so ziemlich jeder Bildschirmtastatur) recht anstrengend und benötigt viel Einarbeitungszeit. Komischerweise ist es oft abhängig von der App, wie zielgenau die Touchbedienung ist. Bei "Bridge Constructor" scheint die App den Cursor immer einen halben Zentimeter von der Fingerkuppe entfernt zu sehen. Das Surfen im Internet mit dem vorinstallierten Silk-Browser funktioniert aber ausgezeichnet, mit den Fingern kann man die dargestellten Websites auch angenehm vergrößern oder verkleinern, um sie vernünftig lesen zu können.
Außer dem Knopf für den Stand-by-Betrieb gibt es keine Tasten am Tablet, eine Kopfhörerbuchse ist ebenfalls vorhanden. Der Kindle Fire hat 8 Gigabyte internen Speicher, der nicht aufgerüstet werden kann. Es ist also klar, dass man beim Entwerfen des Tablets darauf geachtet hat, dass es für das Streaming geeignet ist, nicht als tragbares Medienarchiv mit Abspielfunktion. Für ein oder zwei Filme sollte die Akkuladung locker reichen, wer den Fire oft und lange benutzt, wird ihn vermutlich jeden oder jeden zweiten Tag an die Steckdose hängen müssen. Alle anderen dürfen das sicherlich ein- oder zweimal in der Woche machen.
Mit 159 bzw. 179 Euro (falls man auf die Werbung verzichtet, die auf dem Bildschirm zu sehen wäre, wenn man die "Tastensperre" drin hat) bietet Amazon mit dem Kindle Fire gerade im Vergleich zum iPad Mini und Galaxy Pad 2 ein echt gutes Preis-Leistungsverhältnis. Das gilt allerdings natürlich nur für die, die mit einem Tablet auch etwas anfangen können. Wer sich bisher nicht vorstellen kann, ein Tablet oft einzusetzen, für den wird auch der Kindle Fire zu teuer sein; DIE Killer-App, die ein Tablet wahnsinnig attraktiv machen würde, gibt es anscheinend noch nicht. Wer allerdings schon immer ein Tablet haben wollte und auf Schnickschnack wie Kameras, Internet über UMTS/3G und extra Speicherkartenslot verzichten kann, für den ist der Kindle Fire sicherlich eine gute Wahl.
Wer jetzt die Kurzform wissen will, wie ich zu den Geräten stehe: Mit dem Fire bin ich echt zufrieden, vom normalen Kindle sogar begeistert. Kleine Warnung aber für Eltern: Es gibt zwar in beiden Geräten die Möglichkeit, eine Kindersicherung zu aktivieren, aber nicht für einzelne Bücher. Wer also gerne mal seinen Kleinen einen Kindle zum Lesen in die Hand drücken will, der sollte seine Pornobücher vom Gerät löschen und per Kindersicherung den Zugriff auf das Archiv/die Cloud einschränken.
Und wer sich jetzt noch ganz schnell vor dem Fest einen Kindle bestellen will, hier noch einmal die Links:
Kindle - Kindle Paperwhite - Kindle Fire - Kindle Fire HD
Gast
Wäre sicher auch für den Urlaub praktisch. Dann ginge nicht die Hälfte des Freigepäcks für Lektüre drauf (:
Ich sehe durchaus die Vorteile der Reader. Jedoch: Nennt mich altmodisch und sentimental, aber ich bevorzuge richtige Bücher. Das Gefühl und der Geruch sind Dinge, die keine Maschine bieten kann. Vom Amazon-üblichen Datenklau mal ganz zu schweigen.