Foto-Lovestory: Der Gärtner und die Ziege
Ich will mir nicht vorwerfen lassen, ich würde meine Blitze wortgewaltiger Bosheit nur auf Mädchenzeitschriften niedergehen lassen. Deswegen habe ich diesmal etwas aus einer Ausgabe der BRAVO herausgesucht, was mir aus einem bestimmten Grund besonders ins Auge fiel, nämlich... Ach, ich sag es euch zum Schluss.
Es geht um den Fotoroman "Was wirklich zählt". Schon der Titel klingt so schwülstig.
Tara ist 16, steht auf "Fashion, Style" und ihren Köter, kann aber neben Langeweile und Neid auch Nerds und Schmutz nicht leiden.
Jan hingegen ist 17, Landschaftsgärtnerazubi, macht also gerne Gartenarbeit und steht auf Bio-Produkte. Umweltverschmutzung kann er gar nicht leiden, und weil ich so gemein bin, wünsche ich mir spontan, ich hätte ein Auto, um dessen Altöl in seine Primeln zu kippen.
Tara geht mit ihrer Fußhupe "Gucci" spazieren. Ihr fällt ein Fleck auf ihren kackhässlichen Schuhen auf, und als sie den wegwischen will, entwischt ihr der Hund und rennt in einen Garten, wo Jan gerade Laub harkt.
Lady-Alarm, genau. Jan fängt den Kläffer ein und nutzt die Gelegenheit, Tara plump anzubaggern, woraufhin sie sofort in den Bitch-Modus schaltet.
"Eigentlich meinte ich, dass du vermutlich auch ins Gebüsch kackst..."
Jan lässt sich davon aber nicht abschrecken und fordert eine Gegenleistung für seinen heldenhaften Einsatz bei der Großwildjagd.
Wäre die Geschichte einigermaßen realistisch, würde sie ihn auslachen und eventuell aus Rache für die Forderung wegen versuchter Vergewaltigung bei den Bullen anzeigen. Nicht so hier.
Sie zieht zwar eine Fresse, als hätte ihr jemand in die Hose geschissen, aber sagt ja. Und Jan freut sich tierisch, weil er sonst nie Dates hat. Dass er sich jetzt eine ganz schöne Zicke eingefangen hat, kümmert ihn nicht.
Er bringt ihr ein Blümchen mit, sie pampt ihn an. Er schwärmt von seiner Ausbildung, sie ist angewidert.
Bah, Kerl, das interessiert sie doch nicht! Frauen wollen hören, wie man einen OpenVPN-Server unter Linux einrichtet.
Ist das Masochismus oder Dummheit?
Als Dank für den schönen Abend stellt er ihr am Tag danach einen Kaktus nebst Briefchen vor die Tür. Nein, es ist nett gemeint!
Tara ist zuerst stinkig, aber dann findet sie es doch ganz dufte.
Kleiner sinnloser Fakt: "Tara" hieß die Plantage von Scarlett O'Hara in "Vom Winde verweht". Kein Wunder, dass Jan Tara mal ordentlich pflügen will.
Gesagt, getan: Ab jetzt telefonieren Tara und Jan regelmäßig miteinander. Taras beste Freundin Vera kann mit Jan aber gar nichts anfangen und redet Tara ins Gewissen.
Jan ist derweil noch ganz hingerissen von den Telefonkontakten mit Tara.
Gewöhnen sollte er sich nicht dran, denn Vera, die olle Giftspritze, war bei Tara erfolgreich. Die telefoniert einige Tage nicht mit Jan und reagiert auch nicht auf seine SMS.
Bei einem Gassigang mit Gucci passiert erneut ein Unglück: Ihre Töle haut schon wieder ab. Aber wozu hat man Freunde, die beim Suchen helfen können?
Sie hat mit ihren Hunden aber auch nur Pech. Ihr erster Chihuahua "Versace" wurde erschossen.
Ihre Freunde haben aber allesamt etwas besseres zu tun, als nach dem Köter zu suchen.
Eine ihrer Freundinnen reagiert auf ihre SMS mit "Tut mir leid, ich kann nicht, Fingernageltermin." Echt.
Tara ist stinksauer und sieht deswegen gruselig aus.
Ist ja auch ihre Schuld. Warum besorgt sie sich auch so einen Billighund ohne GPS, hä?
Da kann nur noch das Fußvolk helfen.
Oh no.
Den Hund finden sie nicht, aber Jans Verhalten öffnet Tara die Augen.
Ja genau, die anderen haben nicht mitgesucht, weil sie nicht "tough" genug waren.
Das heißt aber nicht, dass in Tara plötzlich heiße Liebe entbrannt wäre, nein. Sie steht jetzt einfach dazu, mit Jan befreundet zu sein, der sich insgeheim aber immer noch wünscht, Taras Herz zu erobern.
Tara macht sich auch Tage später immer noch Sorgen um ihre Fußhupe. Beim sehnsüchtigen Blick aus dem Fenster schaut sie zufällig auf den Kaktus von Jan. Und Überraschung: Er ist aufgeblüht! (Der Kaktus, nicht Jan.)
Prompt klingelt es an der Tür. Und wie kann es anders sein: Der Gärtner war's. Jan steht mit Gucci vor der Pforte.
Ja, das Vieh war im Tierheim. Konnte ja keiner ahnen. Tara nimmt das jedenfalls als Zeichen und öffnet endlich Herz und Schenkel für Jan.
Oh ja, Gärtner sind so geil.
So, warum hab ich eigentlich eure Zeit verschwendet, indem ich euch diese doofe Geschichte erzähle? Ist es die Moral der Geschichte, die einem sagt, dass man sich als verschmähter Junge einfach lange genug ganz devot von seinem Schwarm ausnutzen lassen muss, bis die zickige Herzensdame einen endlich als den Traumpartner erkennt? Nein, nicht doch. Ich fand einfach die Werbung unten auf der letzten Seite der Foto-Lovestory so bemerkenswert:
Genau! Nachdem du gelernt hast, dass Landschaftsgärtnerazubis am Ende immer gewinnen, willst du sicher auch einer werden! Ein Hoch auf die Trennung zwischen Redaktion und Anzeigenabteilung. Allerdings heißt das auch eines: Wenn McDonald's der Bravo ein bisschen mehr Geld geboten hätte als die Landschaftsgärtner, hätte Jan versuchen müssen, mit Big-Macs ins Herz von Tara vorzustoßen. Ehrlich gesagt: Das hätte ich lieber gelesen.
In den Kommentaren hat Tommy darauf hingewiesen, dass McDonald's auch schon seine eigene Fotolovestory bekommen hat. Allerdings ist dort das Mädel die Repräsentantin für die Systemgastronomie. Vermutlich ist das deswegen, weil man dem männlichen Backpfeifengesicht eher zutrauen würde, die Big-Mac-Soße mit dem Pimmel umzurühren, anstatt verantwortungsbewusst zu arbeiten.
Nachtrag von 2016: Inzwischen ist die besagte McDonald's-Fotolovestory nicht mehr auf Bravo.de zu finden. Das macht aber nichts, denn es gab noch eine McDonald's-Fotolovestory. Da ist dann allerdings doch der Typ der Pommesknecht.
Gast
Hat was von "Bauer sucht Frau".