Warum ich kein Alphablogger werde
Blogs sind ja seit Jahren irgendwie das große Ding im Internet, einer der Stützpfeiler des angeblichen Web 2.0. Und trotz der Bemühungen der Politik und der Juristen, so banale Dinge wie Meinungs- und Pressefreiheit nicht zu sehr in das weltweite Netz eindringen zu lassen, hat sich auch in Deutschland eine Bloggemeinschaft entwickelt (die manche mit dem furchtbaren Begriff Blogosphäre umschreiben). Darunter gibt es eine Handvoll Blogs, die relativ einflussreich sind, und rundherum viele Blogs mehr, die nicht ganz so einflussreich, aber allgemein bekannt sind. Mein Blog hat täglich um die 750 bis 850 Besucher und gehört trotzdem nicht dazu. (Anmerkung vom Dezember 2008: Das waren die Besucherzahlen im Myblog-Blog damals.)
Gerade als Außenstehender finde ich es dann doch sehr interessant, wenn die bekannteren Namen der Bloggerszene sich bemüßigt fühlen, die relative Unbekanntheit der meisten Blogs zu erklären. Irgendwie schlägt dabei oft hintergründig die Überzeugung durch, dass gut geschriebene Blogs erfolgreich werden, also demnach im Umkehrschluss nicht erfolgreiche Blogs einfach mies geschrieben wären. Dabei ist die Wahrheit (zumindest im deutschen Internet) eine ganz andere: Du musst den Alphabloggern gefallen, erst dann gehörst du zu den vielen relativ bekannten Blogs drumherum. Denn wenn du den Alphabloggern gefällst, tauchst du in ihren Bloglinks auf oder wirst gelegentlich sogar mal in Einträgen erwähnt, was Scharen an Besuchern auf dich führt. (Ab und zu klappt es auch mit negativen Erwähnungen, das Hetzblog Politically Incorrect ist vermutlich einigen erst durch die Blogeinträge von Stefan Niggemeier aufgefallen und wurde mit einer Aufmerksamkeit geadelt, die es eigentlich nicht verdient hat.) Wenn ein Blog hingegen zwar gut geschrieben ist, aber eine komplett andere Zielgruppe hat, würde es selbst bei 5000 Besuchern pro Tag nicht im Bewusstsein der "Blogosphäre" auftauchen.
Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, wie die absolute Geilheit eines Blogs in Zahlen ermittelt wird. Dabei spielt nicht etwa die Zahl der Besucher eine Rolle, auch nicht die Zahl der Kommentare. Nein, die Zahl der Verlinkungen aus anderen Blogs entscheidet darüber, ob ein Blog erfolgreich ist. Damit fallen die Besucher, die kein Blog haben, schon mal aus der Ermittlung heraus (auch die, die eine normale Webseite haben oder in Foren angemeldet sind und dort auf das Blog verlinken). Wenn die eigene Zielgruppe auch noch recht jung und sprunghaft ist und nicht lange durchhält, in einem eigenen Blog zu schreiben (ich kenn das, war bei meinem ersten Blog auch so), wird sie natürlich auch nicht extra zur Tastatur greifen, um in ihren Blogs auf die tollen Inhalte der Blogs hinzuweisen, die sie selbst liest. Das ist irgendwie wie bei der Einschaltquote, wo ganz wenige benutzt werden, um herauszufinden, was die Mehrheit angeblich im Fernsehen guckt.
Damit will ich jetzt nicht behaupten, dass die vielen unbekannten Blogs alle ungehobene Schätze sind, keineswegs. Da ist viel uninteressanter Blödsinn bei, den man nicht weiter beachten muss und sollte. Aber man sollte sich von der Vorstellung verabschieden, dass Qualität der entscheidende Faktor für den Erfolg wäre - so ist es nicht im realen Leben, und so ist es nicht bei Blogs. Wichtig dabei ist, von wem man gesehen und gemocht wird. Deswegen sind so viele erfolgreiche Blogs bei näherer Betrachtung erstaunlich... ähm... wie drücke ich das jetzt sanft aus... kacke? In erster Linie denke ich da an gewisse Funblogs, die alle voneinander abschreiben und keinen Funken eigenes Material veröffentlichen. Wenn man nichts selbst macht (nicht einmal das Schreiben), wie kann man dann gut sein? Aber auch bei anderen Blogs... Warum soll ich einen Blogeintrag lesen, in dem nur steht, dass eine neue Version der Blogsoftware Wordpress erschienen ist? Wenn ich die Software einsetze, hab ich selbst einen Link zur Wordpress-Seite, und ansonsten interessiert das keinen. (Da geht ein kleiner Blick zum angeblich erfolgreichsten Blogger Deutschlands, der unter anderem diese Belanglosigkeit bloggte.)
Ich lese gerne einige Blogs der "Alphablogger". Der Shopblogger, das Lawblog, das BILDblog und das eigene von Stefan Niggemeier... da schau ich täglich rein. Bei anderen wiederum verstehe ich nicht, warum sich jemand das langweilige Geschwurbel durchliest *hust*Spreeblick*hust* und auch noch darauf verlinkt. Ich weiß, dass ich nie dazugehören werde. Es stört mich auch nicht. Ich wünschte mir bloß, dass sich viele "große" Blogger weniger wichtig nehmen würden und meinen, sie würden die Befindlichkeiten der Bloggenden kennen. Wir Blogger sind nicht alle gleich, also tut nicht so, als wärt ihr unser Sprachrohr.
PS: Ich amüsiere mich auch sehr oft über die Tipps, die an Blogwillige gegeben werden. Ich sag's mal deutlich: Nein, ihr braucht keinen eigenen oder virtuellen Server, für ein kleines Blog reicht auch billiger gemieteter Webspace, für den ersten Versuch auch durchaus ein ganz normaler, kostenloser Bloganbieter. Nein, ihr müsst nicht unbedingt Serendipity oder Wordpress als Software einsetzen. Und nein, ihr müsst moralisch nicht unfehlbar sein und dürft auch für Geld bloggen. Es ist eure Sache.
Kleiner sinnloser Fakt: Online-Tagebücher gibt's schon seit 1994.
Gast
Wie, echt jetzt? Null Kommentare? Das geht ja nicht, dabei ist das hier einer meiner Lieblingsbeiträge auf Klopfers-web.
Recht hast du!