Klopfer redet über Star Trek: Picard
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Die erste Staffel von „Star Trek: Picard“ ist vorbei. Ich traue mich jetzt also, die Serie rundherum zu beurteilen, weil ich keine Plot-Details kritisieren wollte, die später zufriedenstellend aufgelöst wurden. Der folgende Text enthält Spoiler, aber (fast) keine, die das Finale betreffen.
Als „Star Trek: The Next Generation“ startete, wurde der Serie viel Skepsis entgegengebracht (was sich zum Teil in den ersten Staffeln bestätigte, bei denen Star-Trek-Schöpfer Gene Roddenberry noch stark die Finger drin hatte und die zwar einige gute Folgen enthielten, aber auch viel Schrott), und das betraf auch den neuen Captain. Jean-Luc Picard war anders als der spontane, fast draufgängerische James T. Kirk. Picard war Denker und Diplomat, und das wurde zu solchen Extremen getrieben, dass sich die neue Enterprise in den ersten Folgen der ersten Staffel TNG öfter ergab, als sie ihre Waffen abfeuerte.
Im Laufe der Serie wurde der Charakter runder und risikobereiter und so schließlich zu einem sehr beliebten Captain. Als dann die Kinofilme gedreht wurden, lernten wir einen anderen Picard kennen, weil Patrick Stewart Actionheld sein wollte. Auch deswegen war man gespannt, was für einen Picard wir in der neuen Serie erleben würden, die schon mit der Ankündigung präsentiert wurde, dass die eher harmonische und idyllische Darstellung der Föderation Vergangenheit wäre.
Ich habe mich sehr auf die Serie gefreut und wurde im Großen und Ganzen nicht enttäuscht. „Star Trek: Picard“ ist anders als „Star Trek: The Next Generation“, aber es ist „Star Trek“. Und auch wenn der Plot nicht wahnsinnig kreativ ist, so habe ich doch mit den Charakteren gebangt, wie sie die ganze Sache bewältigen und wer die ganze Sache überlebt (dass Picard überleben würde, war wohl klar, nachdem eine zweite Staffel schon vor Start der Serie angekündigt wurde). Ich habe mich auch wie ein kleiner Junge gefreut, dass wir nicht nur Picard, sondern auch einige andere alte Bekannte wiedersehen, wenn zum Teil auch nur kurz. Und wie es sich gehört, habe ich nach dem Finale gewünscht, dass es noch nicht vorbei wäre. Aber die Serie ist natürlich nicht perfekt. Ich werde jetzt viel Zeit aufwenden, meine Kritik darzulegen und zu erläutern, man sollte sich aber nicht davon abschrecken lassen. Und ab dem folgenden Absatz kommen auch die Spoiler.
In der neuen Serie lernen wir einen Picard kennen, der gerne der Picard aus der Serie wäre, aber es nicht ist. Der neue Picard ist weniger flexibel, er ist arrogant (wenngleich auch mit besten Absichten) und deutlich egozentrischer als früher. Das ist sicher Absicht, es wird ihm sogar ins Gesicht gesagt, dass er arrogant ist, und er macht sich (und anderen) damit das Leben oft schwerer, als es sein müsste. Gelegentlich steuert er damit in „Zu doof zum Leben“-Territorium, wenn er etwa wie Graf Koks übellaunige Romulaner provoziert, die ihn nicht leiden können. Das diplomatische Talent ist weg, als wäre es nie dagewesen. Kein Wunder, dass andere ihrerseits Gefallen einfordern müssen, damit die ganze Truppe vorankommt, weil Picard keine goldene Zunge mehr hat. Seine neue Egozentrik wird aber zum Teil ins Absurde getrieben. Ein Beispiel ist die Stelle, als die Gruppe inkognito ein Bumslokal auf Freecloud infiltrieren will und Picard eine vollkommen übertriebene „Französischer Pirat“-Identität annimmt, die niemanden überzeugen würde. In TNG hat er sich glaubhaft als Schmuggler in eine Gruppe Söldner eingeschlichen, und jetzt stellt er sich wie ein blutiger Anfänger an. Hm. Ein weiteres Beispiel: Als er mit Soji an Bord der „La Sirena“ kommt, starren sie und Captain Rios sich baff an und der Captain registriert kaum, was um ihn herum passiert. Jean-Luc quasselt aber trotzdem weiter auf ihn ein, als wenn er gar nicht merken würde, dass der Captain so aussieht, als hätte er einen Geist gesehen (was gar nicht so falsch ist). Er kommt nicht mal auf die Idee, Rios zu fragen, was mit ihm los ist. Dass Picard so blind gegenüber dem Verhalten anderer ist, mit denen er redet, ist nicht nur untypisch für ihn, sondern für fast alle Menschen. Wir kriegen doch mit, ob jemand, mit dem wir reden, stark abgelenkt ist. Der neue Picard nicht, und das kann man wohl kaum auf seinen Hirnschaden schieben.
Ganz nebenbei scheint Picards Borg-Trauma entgegen jeder Logik mit der Zeit schlimmer zu werden. Nachdem er in TNG für kurze Zeit assimiliert wurde, musste er sich zwar erst wieder mit seinem Bruder raufen und ein bisschen heulen, um wieder dienstfähig zu sein, aber er ließ sich dann nichts anmerken, als er im weiteren Verlauf der Serie wieder auf Borg traf. Dann kam der Film „First Contact“, und Picard bekam Alpträume und wurde wütend beim Anblick der Borg. Und jetzt in der Serie bricht er zunächst panisch zusammen, als er nur das Innere eines Borg-Kubus sieht.
Unplausibler Verfall ist sowieso ein wiederkehrendes Thema. „Starfleet Security“ war ja schon immer ein Oxymoron, aber nun hat man sogar einen (halb-)romulanischen Spion als Chef der Sternenflotten-Sicherheit. (Ganz nebenbei: Man hat offenbar wieder den Rang des Commodore eingeführt … und das bei einem Job, dem ein Admiral durchaus angemessen wäre?) Ich finde, die Idee mit dem „Feind in den eigenen Reihen“ ist in früheren Serien und Filmen schon zu sehr ausgelutscht worden.
Raffi Musiker wird gefeuert, nachdem Picard den Dienst bei der Sternenflotte quittiert, und fängt dann an zu kiffen. Schon der erste Teil ist Quatsch. Die Sternenflotte ist Militär, kein privatwirtschaftlicher Konzern. Keiner wird rausgeworfen, weil er seinem vorgesetzten Offizier beim Entwurf eines Plans geholfen hat, der nicht gegen Gesetze und Werte der Streitkräfte verstößt. Da wird man auf eine andere Position versetzt und fertig. Keine militärische Organisation kann es sich leisten, loyale, regeltreue Befehlserfüllung so zu bestrafen. Und dann fängt Raffi an zu kiffen und zu saufen. Genauso wie Christóbal Rios und seine Zigarren ergibt es im von TNG etablierten Rahmen keinen Sinn. Es wurde lang und breit erklärt, dass man mit solchen Drogen nichts mehr anfangen kann, außerdem kann Alkoholismus in dieser Zeit geheilt werden. Dass jemand in so einer Gesellschaft anfängt zu rauchen (und noch dazu irgendwelche halluzinogenen Blätter), ist ungefähr so, als würde man in unserer Zeit zu Schnupf- oder Kautabak greifen. Es sind für Erdbewohner des 24. Jahrhunderts keine offensichtlichen „Lösungen“ zur Stressbewältigung, anders als zum Beispiel Holodecks, die im 24. Jahrhundert eher Suchtmittel der Wahl zu sein scheinen. Jetzt bin ich zwar offen dafür, sich nicht sklavisch an den Kanon zu halten, wenn es der Story dient, aber in diesem Fall lohnt es sich nicht einmal: Raffi und Rios gewinnen dadurch charakterlich gar keine Tiefe; dass sie mit ihrer Vergangenheit hadern und psychische Probleme haben, hätte man auch sehr gut anders darstellen können.
Rios‘ Hintergrund ist noch absurder als der von Raffi: Der Mann war bei der Sternenflotte und sein Captain bekam von oben den Befehl, zwei Diplomaten umzubringen, von denen wir jetzt wissen, dass sie Androiden waren. Die Drohung: Wenn die beiden nicht umgelegt werden, wird das Sternenflottenschiff zerstört. Der Captain befolgte den Befehl, war aber so entsetzt von dem, was er tat, dass er sich selbst umbrachte, und Rios half dann dabei, alles zu vertuschen. Zweifellos kam der Befehl zum Mord an den beiden Gästen ebenso wie die Drohung bei Nichtbefolgung von Commodore Oh, die die Sternenflottensicherheit unterwandert hatte. Aber auch der Chef der Sternenflottensicherheit kann sicherlich der Flotte nicht einfach befehlen, ihre Kameraden aus dem All zu pusten. Nicht nur würden sich die Crews wundern (und vermutlich weigern), auch die Sternenflottenführung würde fragen, was zur Hölle die Frau für Befehle durch den Weltraum schickt. Dass „Bring diese arglosen Leute um oder wir lassen euer Schiff zerstören“ kein üblicher Befehl der Sternenflotte ist, musste auch Rios' Captain gemerkt haben (sonst wäre er wirklich sehr inkompetent gewesen) und er hätte eigentlich bei seinen Vorgesetzten nachbohren müssen, was der Scheiß soll, anstatt die Anweisung stumpf zu befolgen und sich dann das Hirn wegzublasen.
Nächstes Rätsel: Die Serie scheint sich nicht einig zu sein, was nun mit den Romulanern los ist. J.J. Abrams hat den Leuten die Zerstörung von Romulus eingebrockt. Aber das romulanische Reich war riesig, umfasste Hunderte oder Tausende Planeten. Der Verlust der Zentralwelt ist ein schwerer Schock, aber davon bricht nicht alles zusammen. Das Römische Reich existierte auch noch lange, nachdem Rom selbst als Machtzentrum ausfiel. „Star Trek: Picard“ biegt sich den Zustand der Romulaner je nach Situation so hin, wie die Serie es braucht. Einerseits sind die Romulaner abgerissene Flüchtlinge, die die Hilfe der Föderation nicht nur für die Evakuierung brauchten, sondern ohne sie auch keine Bleibe hätten. Andererseits bilden die Romulaner doch noch eine Macht, die Hunderte Kriegsschiffe in kurzer Zeit mobilisieren kann, einen ausgefeilten Geheimdienst innerhalb eines ausgefeilten Geheimdienstes unterhält und sich in Kooperation mit der Föderation den Unterhalt eines alten Borgkubus leistet, wobei nicht klar ist, was die Romulaner davon eigentlich haben. Die Romulaner haben wenig Interesse daran, Borg wieder zurückzuverwandeln, und die technologische Erforschung der Borg-Technologie scheint auch nicht so wesentlich vorangekommen zu sein, immerhin hatte man noch nicht mal die Königinnenkammer im Kubus gefunden. Ich bin froh, dass wir mehr über die romulanische Kultur an sich erfahren (die ich immer interessanter fand als die klingonische), der aktuelle Zustand des romulanischen Reiches bleibt in der Serie aber rätselhaft und widersprüchlich.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch die bemerkenswerte Waschlappigkeit der Zhat Vash erwähnen. Das soll quasi die Elite des Tal Shiar sein, und wir sehen, dass sich die Leute (alles Frauen) feierlich um einen Spezialeffekt versammeln, um dann diese Vision von der Zerstörung der Welten durch eine fremde Macht zu kriegen. Die meisten halten es nicht aus, werden verrückt oder erschießen sich. Ernsthaft? Die Besten der Besten des romulanischen Geheimdienstes, der sich nicht zu fein ist, seine Opfer zu foltern und zu töten, und die brechen beim Anblick eines Gruselvideos zusammen? Die Sternenflotte hätte die Romulaner also einfach besiegen können, indem man Bücher von H. P. Lovecraft zu ihnen beamt. Hätte man das mal vorher gewusst. Nebenbei ist auch vollkommen schleierhaft, warum die Zhat Vash unbedingt die Vorbereitung der Evakuierung ihrer eigenen Heimatwelt mit einem fingierten Angriff der Androiden sabotieren, anstatt eine weniger selbstverletzende Gelegenheit zu nutzen, die Stimmung gegen Androiden in der Föderation zu beeinflussen.
Es ist ein bisschen unfair, wenn man die neuen Charaktere in „Star Trek: Picard“ mit denen aus den alten Serien vergleicht, die man über viele (und längere) Staffeln kennenlernen konnte. Es ist nicht leicht, in zehn Folgen Charakteren so viel Leben einzuhauchen, dass sie neben Charakteren bestehen können, die (wie Picard oder Seven of Nine) in über 100 Folgen entwickelt wurden. Und noch schwieriger ist es, Beziehungen zwischen den Charakteren glaubhaft zu machen, wenn doch kaum Zeit da ist, um sie außerhalb von Extremsituationen zu zeigen.
Ich mag Soji Asha (und ihre Schwester Dahj, die wir ja nur eine Folge lang kennenlernen durften). Ich mag auch Elnor, den herrlich naiv-ehrlichen romulanischen Samurai-Elfen. Ich mag zudem Kestra, die Tochter von Will Riker und Deanna (und hätte nichts gegen eine Familienserie „Die Trois“, in denen ihr Leben auf Nepenthe beleuchtet wird). Und ich finde Picards romulanische Haushälter Laris und Zhaban absolut großartig und hoffe, in der nächsten Staffel mehr von ihnen zu sehen.
Mit den anderen neuen Charakteren bin ich bisher nicht richtig warm geworden. Das liegt auch daran, dass man mehr von ihren Vorzügen erzählt hat, als sie zu zeigen. Dass Rios und Raffi total kompetente Offiziere waren, hört man nur, aber man merkt nicht viel davon. (Rios gesteht man immerhin zu, ein halbwegs kompetenter Pilot zu sein, aber wie Picard zu der raschen Einschätzung kommt, dass Rios ein Sternenflottenoffizier durch und durch wäre, ist schleierhaft.)
Bei Dr. Agnes Jurati sieht man im Lauf der Serie nicht viel, was sie tatsächlich interessant macht. Sie ist unsicher, weil sie in eine Welt geworfen wird, die nichts mit dem geruhsamen Schreibtischjob zu tun hat, den sie bisher hatte, und sie wird von Commodore Oh so leicht manipuliert, dass sie den Mann umbringt, den sie liebte. (Komischerweise verschwindet ihr extrem verunsichertes Auftreten schlagartig in der Mitte der letzten Folge. Und irgendwie vergisst man am Ende offenbar auch, dass sie sich eigentlich noch für den Mord vor einem Gericht verantworten müsste.) Ihre Biografie ist allerdings ein Rätsel. Sie war bei der Sternenflotte, wurde dann aber von Bruce Maddox für seine Kybernetikforschung abgeworben. Sie forschen ein bisschen, werden ein Liebespaar, aber dann gibt’s den Angriff auf den Mars und künstliche Lebensformen werden verboten. Maddox verkrümelt sich und Jurati ist dazu verdammt, ihre Forschung nur noch auf dem Papier durchzuführen. Mein Problem dabei: Der Angriff auf den Mars ist, als sie Picard zum ersten Mal begegnet, 14 Jahre her. Ich nehme an, dass Agnes Jurati ungefähr so alt ist wie ihre Schauspielerin, also 34. Bruce Maddox ist demnach abgehauen, als sie etwa 20 war. In welchem Alter hat der Mann sie von der Sternenflotte weggeholt? Die kann ja bis dahin kaum eine Offiziersausbildung hinter sich gebracht haben, geschweige denn ein ordentliches Studium der Kybernetik.
Was ich der Serie überhaupt nicht abnehme, sind die Liebesbeziehungen. Die meiste Zeit wird noch auf die Beziehung von Soji und Narek verwendet, und auch wenn klar ist, dass er ein falsches Spiel spielt, nehme ich es auch von ihrer Seite nicht ab. Das liegt auch daran, dass die beiden fast ausschließlich mit Bumsen beschäftigt sind. Ansonsten gibt’s am Anfang ein bisschen Flirten und einmal Sockenrutschen auf dem Borgkubus, was zwei Minuten dauert, dann zanken sie sich und landen schließlich wieder im Bett. Das wirkt eher wie eine Fickbeziehung als eine ernsthafte Zuneigung.
Rios und Jurati? Da ist nicht ein Fitzelchen Chemie zwischen den beiden, es gibt vorher nicht mal so viele Szenen, in denen beide miteinander reden. Wenn es so was wie leichte Andeutungen eines Schäkerns gibt, wirken sie aufgesetzt und unaufrichtig. Und plötzlich fangen die an zu knutschen. Nein, kauf ich nicht ab. Und auch die Beziehung, die ganz am Ende bei Seven angedeutet wird, nehme ich nicht ab, weil sie auch komplett aus dem Nichts kommt und vorher überhaupt nichts darauf hinwies. (Wie bei Sevens Beziehung mit Chakotay am Ende von Voyager.) Es ist, als hätten die Drehbuchautoren eine spontane Idee und würden sie einfach an die Stelle ins Skript schreiben, an der sie sowieso gerade sitzen. Wisst ihr, was ich in der Serie glaubhafter fände als all die eben genannten Beziehungen? Dass Narek was mit seiner Schwester Narissa hatte.
Eher unfreiwillig komisch ist es, wenn die Serie sich selbst ein Bein stellt. Es ist ziemlich offensichtlich, dass die Situation der romulanischen Flüchtlinge eine Anspielung auf aktuelle Flüchtlingsbewegungen und die Reaktion anderer darauf ist. Die Hilfe für die Romulaner ist, so die Serie, in der Föderation umstritten (was nicht verwunderlich ist, da die Föderation im Nachgang eines Krieges gegen die Romulaner gegründet wurde) und Picard weist (durchaus richtig) darauf hin, dass es nicht darum ging, Feinde zu retten, sondern Leben. Nur: Die Skepsis hat durchaus ihre Berechtigung. Es gibt viele feindselige Romulaner, selbst die, die man umgesiedelt hat, sind nicht dankbar, und das Reich selbst scheint genügend Ressourcen zu haben, um die Überlebenden der Supernova-Katastrophe aus eigener Kraft versorgen zu können.
Man hat sich bei der Besetzung auch sichtlich Mühe gegeben, viele Rollen mit starken Frauen zu besetzen. Wenn man aber Frauen viel Verantwortung gibt, tragen sie auch die Verantwortung, wenn dann was in die Hose geht. Die Chefin des Sternenflotten-Geheimdienstes ist eine Spionin. Der Admiral, der Picard am Anfang schroff abbügelt und dann ahnungslos bei Commodore Oh verpetzt, ist eine Frau. Raffi bedroht Picard erst einmal mit einer dicken Wumme und gibt ihm die Schuld an all ihrem Elend. Raffis Kontaktperson, die widerwillig dafür sorgt, dass Picard einen diplomatischen Status erhält und den Borgkubus besuchen darf, aber dann zickig drauf besteht, nie wieder um Hilfe gerufen zu werden, ist eine Frau. (Abgesehen von Picard gibt’s glaube ich keinen männlichen Admiral in der Serie.) Jurati bringt ihren Mann um, bevor er der Crew helfen kann, Sojis Heimat zu finden, und ermöglicht mit einem Tracker die Verfolgung der „La Sirena“ durch Narek. Narissa legt Hugh und jede Menge anderer xBs um. Bjayzl lässt ehemalige Borg bei lebendigem Leibe ausschlachten, um ihre Implantate auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen. Sutra versucht, ein Portal zu öffnen und Wesen zu rufen, die alles biologische Leben vernichten. Irgendwie war das Leben in der Zukunft harmonischer, als mehr Männer das Sagen hatten. Aber ich bezweifle, dass das die beabsichtigte Botschaft war.
Es gibt noch allerlei kleinere Kritikpunkte: Was sollen diese unergonomischen Minority-Report-Benutzeroberflächen, warum sehen die neuen Starfleet-Uniformen so schlecht geschnitten aus, welchen Sinn hat es, den Zwillingen Träume von sich als Holzpuppen einzuprogrammieren, wieso heißt „knapp außerhalb der Sensorreichweite“ manchmal „Nur hundert Meter näher und der Kerl zerkratzt dir den Lack“, warum hat man im Finale nur eine Klasse von Sternenflottenschiffen gesehen …
Trotz all dieser Kritik: „Star Trek: Picard“ ist bei Weitem keine schlechte Serie. Ich habe mich insgesamt sehr gut unterhalten gefühlt und freue mich darauf, irgendwann eine zweite Staffel zu sehen. Aber mich ärgert (wie bei Discovery) diese Schludrigkeit in den Drehbüchern. Man hat sich bei den neuen ST-Serien für ein gnadenloses Format entschieden, bei dem eine durchgehende Story in relativ wenigen Folgen abgehandelt wird. Es gibt keinen Reset-Knopf am Ende einer Episode und man hat in zehn bis zwölf Folgen auch nicht viel Zeit, Eseleien wieder auszubügeln. Das heißt aber auch, dass man sorgfältiger arbeiten muss. Ein Großteil der Kritikpunkte, die ich oben erwähnt habe, hätte man in ein oder zwei Überarbeitungen der Skripte ausmerzen können. Und gerade weil mir die Serie nicht schnuppe ist, ärgert es mich, zum wiederholten Mal das gleiche „Hast du endlich die Information oder vögelst du nur“-Gespräch zwischen Narissa und Narek zu sehen, wenn ich weiß, dass man die paar Minuten besser hätte nutzen können, um den anderen Personen mehr Charakter zu verleihen.
Ich hoffe, ich habe mit meiner Nörgelei niemandem den Spaß an der Serie verdorben. Das wäre wirklich nicht meine Absicht. Ich erwarte aber, dass die Macher gefälligst Deutsch lernen, meinen ganzen Sermon lesen und es bei der nächsten Staffel besser machen.
Danke, dass ihr meinen Fan-Wank ausgehalten habt. Bis dann!
Nachtrag: Über die zweite Staffel habe ich mich ausgiebig in einer eigenen Lästerei ausgelassen.
Mitglied
Ich muss gestehen, dass ich es nicht bis zum Ende durchgehalten habe. Nach der dritten Folge war klar, dass die Schöpfer der Serie einerseits TNG nicht geschaut und auch kein Interesse an der Vorlage haben. Nach der fünften Folge war dann für mich Feierabend. Daneben wurde ich mit vielen der Schauspieler nicht warm - von Picards eigener Idiotie mal abgesehen passte einfach nichts zusammen (allein die Darstellung nicht nur der Föderation, sondern auch der Menschheit als zerstrittene, fluchende Replikation der Gegenwart hat in Star Trek nichts verloren).
Kann es außerdem sein, dass 95% des Budgets auf diesen beschissenen Borg Cube verschwendet wurden, sodass für den Rest kein Geld mehr blieb? Allein in der ersten Folge waren die immer gleichen Statisten im Hintergrund derartig auffallend, dass selbst mir das zu viel wurde - und ich kann so etwas normalerweise sehr gut ignorieren. Das gleiche blaue Alien läuft bei Picards Trip ins Starfleet HQ in jeder verfickten Szene an unterschiedlichen Stellen durchs Bild. Klar, TNG sah insbesondere am Anfang auch erkennbar "billig" aus, aber auf genau solche Dinge achtete man immerhin.