Die EU-Copyright-Richtlinie
Nuff! Ich grüße das Volk.
Während man noch an der Eselei laboriert, die die EU mit der DSGVO angerichtet hat, versucht sich unsere allerliebste Staatengemeinschaft am nächsten Unsinn, der das Internet kaputtmachen will. Es geht um die neue EU-Copyright-Richtlinie, über die das EU-Parlament am 20./21. Juni abstimmen darf.
Die EU-Copyright-Richtlinie soll das Urheberrecht in Europa fit für das digitale Zeitalter machen, und bei der EU denkt man offenbar, dass der beste Weg ist, die Entwürfe dafür von Leuten schreiben zu lassen, die keinen blassen Dunst vom digitalen Zeitalter haben und Bückstücke von Presseverlagen und Plattenfirmen sind.
Der größte Teil des Ärgers beruht auf Artikel 13 des Vorschlags. Der schreibt im Wesentlichen größeren Plattformanbietern vor, den Upload von urheberrechtlich geschütztem Material durch automatisierte Upload-Filter zu verhindern. Jetzt gibt es im bestehenden Urheberrecht begründete Ausnahmen, in denen das Verbreiten von urheberrechtlich geschütztem Material erlaubt ist im Sinne des Zitatrechts oder als Einbindung in ein neues, selbstständiges Werk (wie im Kalkofe-Urteil des BGH dargelegt). Upload-Filter können den Kontext nicht einschätzen und somit nicht ermitteln, ob ein hochgeladenes Werk urheberrechtlich geschütztes Material rechtswidrig oder nicht verwendet. Das Resultat ist, dass Plattformbetreiber wie Youtube, aber auch Blogplattformen, Foren, Bilderseiten oder Imageboards über diese EU-Richtlinie gezwungen werden könnten, eigentlich erlaubtes Material nicht mehr zuzulassen. Im Prinzip kann man viele Parodien, Filmbesprechungen, sogar Mems mit diesem Artikel 13 vergessen. Livestreams von Spielen sind ebenso gefährdet wie Seiten, die Codeschnipsel teilen (etwa um Sicherheitsprobleme zu dokumentieren).
Ein weiteres Problem ist Artikel 11, der das (in Deutschland schon vorhandene und nicht funktionierende) Leistungsschutzrecht auf ganz Europa ausweiten will und dabei noch über das hinausgeht, was in Deutschland schon Gesetz ist. Hier geht es darum, dass diejenigen, die Presserzeugnisse nutzen, dafür an die Presseverlage zahlen sollen. Das ist sehr weitgehend, damit kann auch schon eine Überschrift oder eine eigene Zusammenfassung dessen gemeint sein, was in einem Artikel gesagt wird. Artikel 11 geht insofern weiter als in Deutschland, als dass in der Richtlinie keine automatischen Ausnahmen für kleinste Textausschnitte festgelegt werden (es wird lediglich den Mitgliedsländern freigestellt, solche Ausnahmen selbst zu erlauben) und dieses Leistungsschutzrecht sogar für Links gelten soll (außer, wenn sie "keine Kommunikation an die Öffentlichkeit darstellen", was immer das heißen soll).
EU-Kommissar Günther Oettinger setzte sich dann auch noch dafür ein, dass die Dauer dieses Leistungsschutzrechts auf 20 Jahre ausgedehnt wird, was gerade auch für Klopfers Web doof wäre (im Hinblick auf die Bravo-Fotolovestorys). Das scheint jetzt immerhin vom Tisch zu sein. Aber bescheuert ist das natürlich trotzdem noch.
Man kann sich auch fragen, inwieweit das mit dem Kreuzzug der EU gegen "Fake News" zusammenpassen soll. Diejenigen, die "Fake News" verbreiten, um die Volksmeinung in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen, die werden das Leistungsschutzrecht nicht ausnutzen. Die wollen ja, dass man ihre Aussagen verbreitet. Dagegen zu argumentieren, wird hingegen deutlich schwieriger, wenn man nicht mehr bedenkenlos aus Zeitungsartikeln zitieren, sie zusammenfassen oder in dem Zusammenhang auf sie verlinken darf.
Wie gesagt: Am 20. oder 21. Juni ist die Abstimmung im EU-Parlament. Gerade die Konservativen stehen hinter diesem Entwurf (CDU-Politiker sind bei der Formulierung in der vordersten Reihe dabei gewesen), insofern lohnt es sich vielleicht, gerade denen (aber auch den anderen Mitgliedern des EU-Parlaments) ins Gewissen zu reden, dass sie diesem Unsinn ihre Stimme verweigern. Um eure Abgeordneten zu finden und zu kontaktieren, gibt es Hilfe auf dieser Seite und auf dieser Seite.
Es ist ermüdend, dass wir in Deutschland selber beschissene Gesetze machen, die uns nur Beine stellen, und es ist noch ermüdender, dass Politiker über die Bande spielen, um per EU-Recht in Deutschland Gesetze einzuführen, für die sie national keine Mehrheiten kriegen würden. Es ist ermüdend, dass die Presse über solche Sachen nicht berichtet, weil sie selber nach diesem Leistungsschutzrecht giert. Und dann wundern sich die Politiker, dass man sie für krumme Hunde hält, und die Presse ist beleidigt, wenn man sie als Lügenpresse bezeichnet.
Okay, das war's, ihr könnt jetzt entscheiden, ob ihr eure EU-Parlamentsabgeordneten kontaktiert, um diese behämmerte Richtlinie abzuwenden. Bis dann.
Gast
Wir brauchen nicht Mehr Vorschriften, sondern weniger!