Dann kommt Licht und ein Känguru
Gestern ist Neil Armstrong gestorben. Vermutlich konnte er es nicht mehr ertragen, wie Lance Armstrong seinen Namen in den Schmutz gezogen hat: Neil ist ohne Doping auf dem Mond gelandet, jawoll!
Als diese Meldung bekannt wurde, war ich gerade in der Zitadelle Spandau und schaute vier Stunden lang der meisten Band der Welt nebst Freundinnen zu: Knorkator! Bevor das Konzert begann, wurde die Stimmung mit DDR-Liedern vonner Platte bereits auf hohes Niveau gehoben, und nicht wenige der älteren Zuschauer wippten nostalgisch mit den Füßen, als sie Gassenhauer wie "Pioniere voran" und "Sag mir wo du stehst" nach langer Zeit wieder einmal vernahmen. Während wir auf den Beginn des Konzerts warteten, quetschte sich übrigens ein Typ im Borat-Mankini an mir vorbei. Sehr erotisch.
Opener war übrigens Knorkator-Gitarrist Buzz Dee selbst mit seiner Band "Die Buzz Dees", die ziemlich amtlich rockte, wenn ich das mal so bewerten darf. Buzz Dee erfüllte sich damit einen Wunsch, als nächstes war Stumpen dran, der sich gewünscht hatte, dass eine Jazz-/Dixie-Kapelle aus lauter reizenden Damen Knorkator-Lieder zum Besten gibt. Und es war grandios.
Laut Stumpen hat das Wort "Damenkapelle" übrigens vier Silben.
Julia im roten Kleid sah nicht nur scharf aus, sondern war auch echt stimmgewaltig. Außerdem sang sie eines meiner Lieblingslieder von Knorkator. Ein Duett mit Stumpen durfte natürlich auch nicht fehlen, wobei er allerdings einen Fehler machte und das Publikum ihn pflichtgemäß mit dem Ruf "Fehlerfotze!" maßregelte. (Wir durften das Wort noch einige Male wiederholen, damit Stumpens Mutti im Publikum das Wort auch richtig versteht. )
Bevor Alf-Ator seinen Wunsch erfüllen durfte, ließ sich Stumpen noch ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk von seiner etwa zehnjährigen Tochter Agnetha machen, die ihm sein momentanes Lieblingslied vorsang: "Rolling in the Deep" von Adele. Und die Kleine hat echt eine hammermäßige Stimme.
Der Herr Ivers lauscht andächtig der Darbietung.
Alfie hatte den Wunsch, die Knorkator-Lieder als klassische Interpretationen zu genießen, gespielt von einem siebenköpfigen Damenorchester. Der Teil war übrigens rein instrumental und wurde ein bisschen dadurch getrübt, dass viele im Publikum zu geräuschvoll waren.
Danach begann das "reguläre" Knorkator-Konzert, für das sich Stumpen extra in einen Anzug geworfen hatte, der nach eigener Aussage von dem Ausstatter von Rosenstolz-Sänger Peter Plate stammte und ihm außerordentlich gut stand, wie ihr sicher bestätigen werdet:
Der Fummel blieb aber nicht lange an seinem Leib und landete schließlich im Publikum. Das wurde ordentlich gerockt, und das nicht nur von Knorkator allein: Alf Ators Sohn Tim Tom durfte "Arschgesicht" singen und dabei zeigen, dass er in bester Stumpen-Manier wie ein Derwisch auf der Bühne herumtanzen kann, ein Mädchenchor unterstützte die Band bei vielen Liedern oral und irgendwann wurde Gast-Gitarristin Jen Majura in Lack und an einer Kette auf die Bühne geführt. "Bonsai Kitten"-Sängerin Tiger Lilly Marleen übernahm bei einigen Liedern nicht nur den Gesangsteil, sondern durfte sich auch - eingesperrt in eine Luftblase - ein Rennen mit der angeheuerten Feuerspuckerin (ebenfalls eingeblasen) liefern: Die Bälle mit den Damen wurden vom Publikum nach hinten durchgereicht und wieder nach vorne zur Bühne befördert, wobei die Mädels ordentlich durchgerührt wurden. Und Marleen war vermutlich froh darüber, ein Höschen getragen zu haben.
Es hat glatt etwas Spirituelles, wie Alf da steht.
Stumpen in Berufskleidung.
Wenn man weiß, was auf dem Bild zu sehen ist, erkennt man auch die Mädels in ihren Blasen.
Die meiste Zeit waren übrigens die Knorkator-Kinder hinten auf dem Sofa und rockten so richtig ab.
Bei Knorkator-Konzerten darf die mutwillige Zerstörung von Musikinstrumenten natürlich nicht fehlen. Zur Einstimmung setzte sich Stumpen einen Fernseher auf die Birne, der dann von Alf Ator mit einem Vorschlaghammer mit ein paar kräftigen Hieben in die Bildröhre zerstört wurde. Und weil Stumpen natürlich immer barfuß auf der Bühne herumspringt, hatten seine Stelzen noch ein bisschen zu bluten im Laufe des Abends. Beim folgenden Lied "Kurz und klein" sang die Tiger Lilly, während Stumpen zusammen mit den anderen Mädels drei Orgeln zu Klump haute und Jen ihre Gitarre nach bester The-Who-Manier zerlegte.
Gegen Ende sangen Agnetha und Tim Tom noch das "Kinderlied"; Stumpen forderte dann das Publikum auf, Geld für die Kinder auf die Bühne zu werfen: "Von uns kriegen die nüscht!" Dass Stumpen dann zur Zielscheibe des Geldhagels wurde, hatte er wohl nicht bedacht, aber für die Jung-Knorkatoren hat sich das finanziell wohl sehr gelohnt. Tim Tom wuselte bis kurz vor Schluss über die Bühne und sammelte die Münzen ein. Mit "Sterben" und "Warum" wurden wir dann nach Hause geschickt.
Die armen ausgebeuteten Kinder. Die Band musste sich übrigens beeilen, bis 22 Uhr
fertig zu werden, weil die Kinder danach nicht mehr hätten auftreten dürfen.
Bei "Wir werden alle sterben" wurde es feurig.
Fazit: War echt toll. Aber mein rechter kleiner Zeh ist jetzt taub.